Heidelberg. Es war morgens um acht Uhr, als John Iwueke die Welt ein bisschen besser machen wollte. Der Student klopfte an die Tür von Nachbarin und Mitstudentin Shraddha Pawar. „Ich habe eine Idee“, sagte Iwueke aufgeregt, „hilfst du mir?“ Als Pawar von dem Plan hörte, war sie auf einmal hellwach.
Die jungen Akademiker stehen hinter SpheriEarth, einem Start-up am Gründer-Institut der SRH Hochschule Heidelberg. Es will Menschen dazu bewegen, die Umwelt zu schützen. Auf der Online-Plattform gibt es dazu Videos und einen Blog. Auch Move&Müll, ein Spiel über Mülltrennung, haben die beiden entwickelt. Pawar ist Informatikerin, Iwueke hat Water Technology (also Gewinnung, Aufbereitung und Management von Wasser) studiert.
Spiele sind eine großartige Möglichkeit sind, Menschen zu einer nachhaltigeren Lebensweise zu motivieren.
„Wir glauben, dass Spiele eine großartige Möglichkeit sind, Menschen zu einer nachhaltigeren Lebensweise zu motivieren, und wir spüren die Veränderung bereits selbst“, erklärt Iwueke. Man kann im realen Leben quasi gar nicht mehr anders, als den Müll zu trennen. Und Spaß macht es auch noch.
Hauptcharakter der Spiele-App ist Hausmeister Bob. Ein sehr ehrenwerter Mann, wie es heißt. Er räumt in einer Stadt auf. Sortiert den Müll ordentlich. Der App-Nutzer hilft Bob und darf sich keinen Fehler erlauben: Papier muss wie Glas in einen extra Eimer, Obst- und Gemüsereste landen auf dem Kompost. Wer falsch sortiert, verliert ein Leben. Wer zu viele Leben verliert, ist aus dem Spiel. Wer aber alles richtig macht, kommt ein Level weiter und tritt am Ende mit etwas Glück der Liga ehrenwerter Hausmeister bei.
Die Spiele-App soll weltweit erhältlich sein, in etwa zwei Monaten in Deutschland. Zuerst wird sie auf den philippinischen Markt gebracht. „Hier gibt es sehr viele junge Menschen, die häufig ihr Smartphone nutzen“, erklärt Pawar. Nach einem Report von Hootsuite und We are Social sind die Menschen auf den Philippinen weltweit am längsten online – nämlich durchschnittlich neun Stunden und 45 Minuten pro Tag. Selbst so mancher Technologiekonzern bringt neue Produkte zuerst in dem asiatischen Land heraus.
Ein guter Ort also, um zu testen, wie Move&Müll ankommt – und an welchen Stellen womöglich nachgebessert werden muss. Die beiden jungen Gründer träumen von millionenfachen Downloads. Das Spiel sei wirklich einfach, es erkläre sich von selbst.
Pawar, 27, stammt aus Indien. Dort wird Abfall kaum getrennt und oft schlecht oder gar nicht entsorgt. Wie in vielen anderen Ländern auch. Von dem deutschen Mülltrennungssystem ist Pawar begeistert. Einen Pfandautomaten für Plastik- und Mehrwegflaschen etwa kennt sie aus Indien nicht.
Der Stifterverband, der sich für die Hochschulbildung in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik einsetzt, hat SpheriEarth kürzlich ausgezeichnet. „Das ermutigt uns, sich noch mehr für nachhaltige Veränderungen in der Welt einzusetzen“, sagt Pawar.
Zu den finanziellen Unterstützern des Start-ups zählen die SRH, die Stadt Heidelberg und die University of the Incarnate Word im US-Bundesstaat Texas. Ziel ist es, noch weitere Geldgeber zu finden. Schließlich soll Move&Müll erst der Anfang sein. Ein weiteres Spiel könnte sich mit der Aufbereitung von Wasser befassen. Oder damit, möglichst viele Solarpanels an Gebäuden anzubringen.
Zum Team von SpheriEarth gehören zehn Personen aus der ganzen Welt: Nigeria, Spanien, Brasilien, Indien. Sie alle eint der Gedanke, sich spielerisch für die Umwelt einzusetzen. „Jeder Mensch hat es selbst in der Hand“, findet Pawar. Wie sorgfältig er den Müll trennt oder wie oft er auf Plastik verzichtet. „Es gibt keine zweite Erde.“
Schon kleine Schritte könnten Großes bewirken, ist die Studentin überzeugt. Am liebsten würde sie gleich wieder Move&Müll spielen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-wie-ein-heidelberger-start-up-spielend-die-welt-retten-will-_arid,1796350.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.spheriearth.com/
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Warum es Sinn macht, dass Mannheim Social Start-ups fördert