Mannheim. Es ist der erste große Auftritt für Jürgen Otto. Erst gut drei Wochen im Amt, spricht der neue Vorstandschef von Heidelberger Druckmaschinen in dieser Position am Donnerstag erstmals vor den Aktionären im Rosengarten in Mannheim. Und die sind - mit Blick auf die Strategie, das Ergebnis und natürlich den Aktienkurs - gespannt, welchen Kurs und welche Ziele der Manager verfolgt.
Wohin der Weg gehen könnte, hat Otto kürzlich bereits klargemacht: Er will die Kosten senken. Bei der Hauptversammlung wird er schon etwas konkreter.
„Mir eilt der Ruf eines Sanierers voraus“, sagt der Vorstandschef, der zum 1. Juli den glücklosen Ludwin Monz nach zwei Jahren abgelöst hatte. „Doch das beschreibt mich aus meiner Sicht nur unzureichend.“ Mit „einer starken Kultur, hoher Kompetenz, großer Loyalität und Stolz in der Belegschaft“ ähnele Heidelberger Druck in vielen Punkten dem Autozulieferer Brose, für den Otto mehr als 25 Jahre lang tätig war, darunter zwölf Jahre als Vorsitzender der Geschäftsführung. Entscheidend in seiner bisherigen Karriere sei immer gewesen, „den Weg gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu gehen, sie mitzunehmen, aber auch zu fordern“.
Firmenkultur: „Heidelberg Geist“ soll den gewünschten Erfolg bringen
Als Erfolgsfaktor sieht der Vorstandschef die „einzigartige“ Firmenkultur. Er spricht vom „Heidelberg Geist“ mit einem sehr starken Zusammenhalt unter den rund 9600 Beschäftigten weltweit, deren Kompetenz er als „sehr hoch“ bezeichnet. „Wir werden mit dieser tollen Truppe Großartiges erreichen“, ist er überzeugt.
Der Haken an der Sache aus der Perspektive Ottos: Die Personalkosten sind mit mehr als 30 Prozent Umsatzanteil im Branchenvergleich sehr hoch. Er fordert deshalb eine „hohe Kostendisziplin“. Als erste Maßnahmen werden frühere Beratungsleistungen nun mit internen Ressourcen und Kompetenzen bearbeitet. Die Teams sollen noch effizienter zusammenarbeiten. Otto will eine „Höchstleistungskultur“.
Den hohen Investitionsbedarf, etwa für moderne Software, soll ein Zukunftsfonds decken, über den gerade mit den Betriebsräten und der IG Metall verhandelt wird. Die Wachstumsstrategie des Vorstands sieht den Ausbau des Vertriebs- und Servicenetzes in Wachstumsmärkten wie Asien und den USA, der eigenen Wertschöpfungskette und des Industriegeschäfts vor.
Hoffnung auf bessere Zeiten - das Unternehmen hat erst kürzlich die Kurzarbeit beendet - macht Otto der Verlauf der Branchenmesse drupa. Dort habe er „erste wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse“ für seine Aufgabe sammeln können. Positiv ausgezahlt habe sich, dass mit David Schmedding ein erfahrener Verkäufer und Mitarbeiter in den Vorstand aufgerückt sei. Ergebnis der drupa ist der höchste Auftragseingang in einem Quartal seit 2016.
Im Bereich der Elektromobilität - Heidelberg stellt mit der Marke Amperfied Wallboxen her - will Otto die „Aktivitäten vorantreiben“. Das Unternehmen positioniert sich nun als Komplettlösungsanbieter für Firmenkunden und für öffentliche Ladeinfrastruktur und kooperiert mit der Bahnbau Gruppe der Deutschen Bahn. Einen Schub erhofft sich Heidelberger Druck durch einen Auftrag der Autobahn GmbH, die bundesweit ihre Flotte elektrifizieren will.
Beim Aktionärstreffen in Mannheim sind etwa 700 Aktionäre dabei
So ganz überzeugt hat Otto die Aktionärsvertreter nicht. „Auftrag ist das eine, Ergebnis das andere“, sagt Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Er fordert von Vorstand und Aufsichtsrat „Mut und die richtigen Entscheidungen“.
Andreas Schmidt, Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, sorgt sich um die Marge: Sieben Prozent wie aktuell seien für Krisenzeiten zu wenig, sein Ziel liegt bei zehn Prozent. Lob hat er für das Aktionärstreffen in Präsenz: „Das ist leider nicht mehr selbstverständlich.“ Die rund 700 anwesenden Aktionäre quittieren das mit Applaus.
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