Porträt

Was der Digitalisierer Ismet Koyun aus Worms erreichen will

Als Student hat Ismet Koyun 1982 seine Firma Kobil in Worms gegründet. Mittlerweile zählt das Technologieunternehmen zu den Großen in der Branche, beschäftigt 500 Mitarbeiter und erzielt einen achtstelligen Jahresumsatz

Von 
Ilgin Seren Evisen
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Ismet Koyun, Gründer und Chef von Kobil Worms. © Firmenbild

Worms. „Ich möchte Deutschland digitalisieren.“ Der Mann, der das sagt, heißt Ismet Koyun. Zur Welt gekommen 1960 in der türkischen Provinz Corum, hat er mit 26 Jahren Kobil in Worms gegründet. Das international agierende Technologieunternehmen generiert mittlerweile einen achtstelligen Jahresumsatz. Doch zum Geschäft später mehr.

Koyuns Migration nach Deutschland fiel in die 1970er Jahre. Straßenkämpfe zwischen rechten und linken Gruppierungen prägten damals den Alltag türkischer Jugendlicher. Vor allem Angehörige von Minderheiten und sozialdemokratisch orientierte Familien in der Türkei wünschten sich für ihre Kinder eine Zukunft ohne Gewalt und schickten ihren Nachwuchs - sofern sie es sich leisten konnten - ins Ausland. So auch Koyuns Eltern: Mit 18, kurz nach seinem Abitur, migrierte der junge Mann nach Deutschland. Mit 20 Mark in der Tasche.

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Tagsüber studiert, mittags gejobbt und abends PCs verkauft

Koyuns Leben in Deutschland begann im Schwarzwald. Durch die Arbeit im Exportladen seines Onkels finanzierte er sich sein späteres IT-Studium in Worms. Während Koyun studierte, baute er PCs und verkaufte diese. 1982 gründete er noch im Studentenwohnheim seine Firma Kobil. Tagsüber habe er damals studiert, mittags gejobbt und abends PCs verkauft, erzählt er.

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Von
Ira Schaible
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Die harte Arbeit sollte sich auszahlen: 1996 erhielt Kobil das weltweit erste Patent für digitale Signaturen. In den Folgejahren verzeichnete der Unternehmer weitere Erfolge. Mit Kobil signPod entwickelte Koyun 2019 das nach eigenen Angaben weltweit erste Verifizierungsgerät für Online-Transaktionen.

Namhafte Unternehmen zählen zum Kundenkreis von Kobil

Aktuell werden laut Koyun 85 Prozent aller TAN-Generatoren für das Online-Banking in Deutschland von Kobil geliefert. Zu den Kunden gehören Konzerne wie SAP, Lufthansa, Siemens oder IBM. Kobil beschäftigt mehr als 500 Menschen weltweit und unterhält Filialen unter anderem in England, in der Türkei und in der Ukraine.

Was unterscheidet ihn von anderen Entwicklern? Für Koyun ist klar: „Wir liefern nicht nur erstklassige Produkte, wir gewährleisten auch eine sichere Datenvermittlung.“ Die Anwendungssicherheit steht für ihn im Vordergrund. So zum Beispiel auch bei der „Istanbul Senin“-App für die Metropole Istanbul: Auf dieser Plattform soll jeder authentifizierte Nutzer eine sichere digitale Identität haben und nahtlos zwischen den städtischen Diensten navigieren können.

„Die digitale Transformation ist eine Revolution“

Das nächste Digitalisierungsprojekt steht schon an: Ab Sommer können die Wormserinnen und Wormser die von Kobil entwickelte „City-App“ nutzen. Sie soll Zugriff auf alle digitalen Angebote der Nibelungenstadt ermöglichen. Das betrifft Verkehr, Kultur, Bildung oder Einkaufsmöglichkeiten.

Für Koyun sind die bisherigen Erfolge erst der Anfang. „Die digitale Transformation ist eine Revolution, du musst sie akzeptieren und mitgehen“, erklärt der 64-Jährige, „oder du verschwindest von der Bildfläche.“

Ismet Koyun vergleicht sich mit Elon Musk

Koyun unterstützt auch soziale Projekte, nur wenige wissen das. Der Unternehmer findet, über gute Taten spricht man nicht. Koyun ist den sozialdemokratischen Werten seiner anatolischen Kindheit treu geblieben. Gleichzeitig fährt er Porsche.

Stolz vergleicht er sich mit Tesla-Chef Elon Musk und sieht sich in einer Liga mit den Großen der Hightech-Branche. Dabei zeugen manche seiner Beiträge auf sozialen Medien von einer ausgeprägten Emotionalität und Sensibilität. Vor Kurzem starb sein Onkel Riza Koyun. Ihm dankt Koyun auf dem sozialen Netzwerk Linkedin für seine Hilfe beim Ankommen in Deutschland und erklärt, dass er viel mehr als ein Onkel gewesen sei: ein Vater, ein Mentor, ein ewiger Freund.

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