Mannheim. Die Schließung der Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof in Mannheim ist in letzter Minute abgewendet worden. Das hat das Unternehmen am Freitagnachmittag bekanntgegeben. Damit wird das Kaufhaus am Paradeplatz mit seinen rund 100 Angestellten über den 31. August hinaus weitergeführt. Mannheim war einer von 16 Standorten, die im Zuge des Insolvenzverfahrens aufgegeben werden sollten. Auch die Kaufhäuser in Berlin-Spandau, Köln Breite Straße, Mainz, Oldenburg und Würzburg werden von der Schließungsliste gestrichen.
„Wir sind sehr sehr glücklich darüber“, erklärte Filialgeschäftsführer Niko Rauch. „Es ist eine irre Erleichterung zu spüren.“ Über Lautsprecherdurchsagen und mit dem Lied „Ein Hoch Auf Uns“ wurden Mitarbeiter und Kunden am Mittag über die frohe Botschaft informiert. Wie vor sechs Wochen, als das Aus verkündet wurde, sind bei den Mitarbeitern viele Tränen geflossen. Dieses Mal aus Freude und Erleichterung darüber, dass es weitergeht.
Auch die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Alexandra Gödicke ist im Gespräch mit dieser Redaktion immer noch von ihren Gefühlen überwältigt. „Heute ist so viel Anspannung und Angst von den Kollegen abgefallen“, sagte sie unter Tränen. Das 100-köpfige Team, von dem bis auf zwei alle an Bord geblieben seien, habe nie aufgegeben. „Eine große Hilfe war auch die Geschäftsleitung, die uns immer unterstützt hat.“ Rauch spielte den Ball zurück: „Das komplette Team hat wunderbar mitgezogen. Vielen Dank an alle Kunden, die uns in den letzten sechs bis sieben Wochen unterstützt haben.“
Mannheimer Egon Scheuermann ist nicht alleiniger Besitzer
Die Rettung hatte sich zuletzt abgezeichnet. Vor gut zwei Wochen hatte diese Redaktion über einen Sprecher der Beteiligungsfirma BB Kapital SA von SV-Waldhof-Mannheim-Präsident Bernd Beetz exklusiv erfahren, dass es einen Käufer für die Immobilie gebe. Beetz habe dank seiner lokalen Kontakte seinen Beitrag zu den Verhandlungen leisten können.
BB Kapital SA wird zusammen mit der US-Investmentgesellschaft NRDC um Richard Baker nach Abschluss des Insolvenzverfahrens neuer Eigentümer von Galeria – das auf die Zusätze Karstadt und Kaufhof im Namen fortan verzichten will.
Wenige Tage nach der Nachricht wurde der Name des Investors bekannt: Es ist der Mannheimer Projektentwickler Egon Scheuermann. Doch wie dieser am Freitag relativierte, ist er nicht der alleinige Käufer. Er hält 50 Prozent an der „Mannheim P1 GmbH & Co. KG“. Weitere Eigentümer mit jeweils 12,5 Prozent sind sein Sohn Boris als Geschäftsführer von SI Energy sowie Ali Ibrahimaj, Amdom Gehbru und Jonas Seidel, alle Gesellschafter der SI Trading-Gruppe. Der Anbieter von Beschaffungs- und Logistikdienstleistungen war vor zwei Jahren kurzzeitig Hauptsponsor des SV Waldhof.
Pikant: Egon Scheuermann ist eng mit dem VfR Mannheim verbunden, und kündigte nebenbei an, dass die Rasenspieler in den nächsten beiden Spielzeiten mit „Galeria Mannheim“ auf der Trikotbrust auflaufen werden. Bernd Beetz kenne er noch nicht persönlich, aber man habe in den Verhandlungen „angenehme Telefonate geführt“.
Zum Kaufpreis wollte Scheuermann keine Angaben machen. Und auch die Unterschriften sind noch nicht unter den Kaufvertrag gesetzt, denn bis Donnerstagabend sei über den Deal verhandelt worden. „Die Vertragsgespräche waren nicht einfach“, so Scheuermann und nannte das Ergebnis eine „Zangengeburt“. Galeria-Vertriebsleiter Tilo Hellenbock bestätigte: „Mannheim war die letzte Filiale, bei der die Ampel auf Grün stand, es war eine komplexe Gemengelage.“
Die Entscheidung zu den Schließungen sei aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen gefallen, meist wegen „erdrückenden“ Mietbelastungen bis zu 30 Prozent des Umsatzes. Mannheim lag bei etwa 20, jetzt ist es deutlich weniger. Sechs bis acht Millionen Euro will Scheuermann investieren. Galeria werde die Fläche vom Erd- bis zum vierten Obergeschoss nutzen. Für das fünfte und sechste Obergeschoss gebe es bereits Interessenten, im Untergeschoss soll wieder ein Supermarkt einziehen.
Mannheim sei zwar am weitesten vom Zielbild von Galeria weg, „aber wir wachsen hier stärker als an anderen Standorten“, sagte Hellenbock. Deshalb werde man die Mitarbeiterzahl „tendenziell eher auf- statt abbauen“. Er dankte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU), der für die Rettung „sehr viel getan“ habe. Es seien immer konstruktive und angenehme Gespräche gewesen.
„Hinter uns liegen intensive Wochen“, sagte Specht. Er habe sich zuletzt mit Aussagen bewusst zurückgehalten, weil er gewusst habe, dass es viel bedürfe, um den Standort zu retten. „Wir haben einen großen Schritt gemacht“, sagte Specht. Der zweite sei das Galeria-Parkhaus in C2, das nicht Bestandteil des Kaufvertrags mit Scheuermann ist. Es sei beliebt bei Kunden aus der Pfalz und soll nun unter das Dach der Mannheimer Parkhausbetriebe kommen. „Vielleicht können wir damit einen Beitrag leisten, den Standort langfristig zu sichern.“ Er ist überzeugt, dass Galeria wieder erfolgreich wird: „Ich glaube an das Kaufhauskonzept.“
Freude auch beim Chef der City-Werbegemeinschaft: „Das ist eine überaus positive Nachricht, nicht nur für Kaufhof, sondern für die Mitarbeiter und die ganze Stadt“, sagte Lutz Pauels. „Ich glaube, es wird funktionieren, wenn man sich auf die Ware konzentriert, die gut läuft.“
Auch Bernd Beetz äußerte sich: „Eine gute Nachricht für Galeria, eine gute Nachricht für Mannheim. Der Dank geht an den Oberbürgermeister, den Verkäufer der Immobilie, Herrn Scheuermann als Käufer und das Galeria-Team, das diese Einigung möglich gemacht hat. Wir haben unseren Teil beigetragen.“ Er hoffe jetzt, dass „diejenigen in der Politik, die laut den Erhalt der Standorte gefordert haben, auch mitziehen, zum Beispiel bei flexiblen Öffnungszeiten und wettbewerbsfähigen Tarifabschlüssen“, damit das Warenhaus nachhaltig betrieben werden könne.
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