Veranstaltungsreihe

Vortrag am ZEW Mannheim: Darum steckt die Wirtschaft in der Rezession fest

Monika Schnitzer ist in Mannheim geboren, steht als Chefin der "Fünf Wirtschaftsweisen" aber bundesweit im Rampenlicht. Beim Vortrag im ZEW Mannheim erklärt die Ökonomin, wie sehr die Überalterung Deutschland schadet

Von 
Walter Serif
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Monika Schnitzer, der Stargast beim ZEW-Mannheim. © Thomas Tröster

Zu den Highlights am ZEW Mannheim gehört die Vortragsreihe „Wirtschaftspolitik aus erster Hand“, in der prominente Redner ihre Sicht der Dinge dem Publikum verraten. Sogar Altkanzlerin Angela Merkel hat in grauen Urzeiten eine Einladung angenommen. ZEW-Präsident Achim Wambach war am Montag besonders glücklich, dass er als Hausherr seinen Stargast empfangen konnte. Nicht nur, weil Monika Schnitzer als Vorsitzende des Sachverständigenrats zu den besten ihrer Zunft gehört. Nein, Wambach konnte von Glück reden, dass die in Mannheim geborene Ökonomin überhaupt ihren Vortrag halten konnte. Denn die Wissenschaftlerin lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Und in Bayern ging ja nach den heftigen Schneefällen bis zum Wochenanfang gar nichts mehr. „Alle Züge sind heute ausgefallen, außer meinem, und der war auch noch pünktlich“, erklärte Schnitzer mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

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Die Vorsitzende der „Fünf Wirtschaftsweisen“ beschreibt mit klaren Worten, dass Deutschland derzeit unter strukturellen Problemen leidet, deren Lösung viel schwieriger ist als zum Beispiel die gegenwärtige Haushaltskrise, mit der sich die Ampel herumschlagen muss, weil sie mit ihrer Trickserei vor dem Bundesverfassungsgericht Schiffbruch erlitten hat. Dass Deutschland nicht mehr die Lokomotive für die Konjunktur in Europa ist, belegen alle Statistiken. Die Wirtschaft steckt in der Rezession fest und belegt beim Wachstum einen der letzten Plätze in der EU.

Die britischen Kollegen vom „Economist“ fragen deshalb: „Ist Deutschland wieder der kranke Mann Europas?“. Dazu muss man wissen, dass das Magazin 1999 das Bild vom kranken Mann als Karikatur veröffentlicht hatte. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beantwortete die Frage mit einem klaren „Nein“ und meinte, dass die deutsche Wirtschaft „nur leicht aus der Form geraten sei“.

Schnitzers Diagnose in abgewandelter Form lautet: „Ich würde nicht sagen, dass Deutschland wieder der kranke, sondern der alternde Mann Europas ist, und an dieser Stelle würde ich ausnahmsweise aufs Gendern verzichten“, sagt sie. Flapsig ausgedrückt, sieht demnach nicht nur die Demografie, sondern auch die Industrie alt aus, weil diese nach Schnitzers Darstellung den Modernisierungsschub verpasst hat.

Beides hängt zusammen. Weil immer mehr Babyboomer in Rente gehen und nicht genügend neue Beschäftigte nachrücken, sinkt auch das Arbeitsvolumen. Es wird also, wie es in einem Song von Geier Sturzflug heißt, weniger in die Hände gespuckt. Die Arbeitsproduktivität geht zurück, der Kapitalstock ist weniger jung, die Unternehmen finanzieren sich in der Regel über Bankkredite, Anleihen oder Aktien spielen nur eine geringe Rolle. Der Maschinenpark ist teilweise überaltert. Und während die FDP-Politiker ans Bürgergeld ranwollen, steigt nach den Zahlen, die Schnitzer präsentiert, für die niedrigen Einkommen das Armutsrisiko. Puh - es sieht wirklich nicht gut aus.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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