Rhein-Neckar. Freitag, 7 Uhr morgens. Frau Müller aus Mannheim muss zur Arbeit. Und dann das: Die Toilette ist verstopft und läuft über. Na, toll. Jetzt muss es schnell gehen: „Rohrreiniger“ googlen und bei dem ersten Eintrag anrufen. Perfekt, der Handwerker kommt gleich vorbei. Wenn er da ist, schnell noch den Vertrag unterschreiben – dann kann er loslegen. Nach zwei Stunden kommt das böse Erwachen: 2000 Euro sollen die Reparaturarbeiten kosten. Der Handwerker will das Geld sofort – und nur bar. Und die Toilette? Die läuft noch am selben Abend wieder über.
Wie in diesem Beispielfall beschrieben, passiert es recht schnell, dass man an unseriöse Handwerker gerät. Die nutzen es beispielsweise aus, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher „in einer akuten Notlage befinden und schnell Unterstützung benötigen“, so Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Außerdem leisten sie oft keine gute Arbeit und verlangen überteuerte Preise. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps, wie man unseriöse Handwerker erkennen und meiden kann.
Worauf sollten Verbraucher achten, wenn sie Handwerker suchen?
Das allerwichtigste: Einen kühlen Kopf bewahren. Verbraucher sollten nicht den erstbesten Anbieter wählen. Denn unseriöse Handwerker schalten gerne Werbung auf Google, sodass sie bei einer Suche oben erscheinen. Deswegen sollte man sich die Webseite des Unternehmens genau anschauen. Aber Achtung: Auch dubiose Dienstleister können eine professionelle Webseite haben. Verbraucher sollten aber misstrauisch werden, wenn sie sehr günstige Angebote sehen oder das Impressum fehlt.
Gibt es ein Impressum, kann auf eine lokale Anschrift geachtet werden: So bleiben die Fahrtkosten gering. Betrügerische Dienste versuchen oft den Eindruck zu erwecken, dass sie aus der Nähe kommen. Sie erstellen zum Beispiel auch mehrere identische Webseiten mit unterschiedlichen Ortsangaben. In der Regel kommen die unseriösen Anbieter jedoch von weit her. Viele Kundinnen und Kunden „wissen und merken nicht, dass sie an ein überregionales Callcenter eines überregionalen Notdienstes geraten sind“, berichtet Bauer. Deswegen sollten Verbraucher bei einem unguten Gefühl nachschauen, ob die Firma wirklich unter der angegebenen Adresse sitzt.
Auch bei Einträgen in Telefonbüchern kann man sich nicht sicher sein: Mit Ortsvorwahlen gaukeln die Betrüger Nähe vor. Am besten ist es, wenn Verbraucher die Handwerksbetriebe von der Straße kennen oder Bekannte haben, die schon gute Erfahrungen mit dem Unternehmen gemacht haben.
Wenn man unsicher ist, ob man es mit „echten“ Handwerkern zu tun hat, kann man sich auch an die Handwerkskammer wenden. Die Interessenvertretung führt laut Marina Litterscheidt, Sprecherin der Handwerkskammer Mannheim, ein Register: „Handwerksbetriebe müssen über einen Eintrag in die Handwerksrolle verfügen.“ Um im Notfall den Stress zu reduzieren, kann man auch im Vorhinein einen Dienstleister suchen und die Nummer auf einen Zettel schreiben.
Ich habe einen Handwerker gefunden und rufe ihn an. Was ist wichtig, wenn ich ihn beauftragen will?
Verbraucher sollten am Telefon nach dem Namen der Firma und der Anschrift fragen. Wenn die Angaben verweigert werden, deutet das auf ein unseriöses Unternehmen hin. Die Verbraucherzentrale rät außerdem, das Problem detailliert zu beschreiben: Was funktioniert nicht? Was soll gemacht werden und was nicht? Darüber hinaus sollte man fragen, wie hoch die Kosten maximal werden. Denn zuverlässige Handwerker können vorab einen Höchstpreis nennen und Auskunft über Anfahrtskosten und Stundensätze geben. Zudem ist man im Extremfall rechtlich auf der sicheren Seite, wenn die Vereinbarung schriftlich festgehalten wurde und ein Zeuge beim Beauftragen anwesend war. Wenn es möglich ist, sollten Verbraucher mehrere Angebote oder Kostenvoranschläge verschiedener Firmen einholen und sie vergleichen.
Der Handwerker steht vor der Tür. Wie sollte man sich verhalten?
Auch dem Handwerker vor Ort sollte man den Sachverhalt genau schildern und mit ihm die Kosten abklären. Typisch für dubiose Dienstleister ist laut Bauer: „Oft händigen unseriöse Unternehmen Vertragsblätter aus, auf denen keine richtige Geschäftsadresse oder keine Angaben zur Steuernummer des Unternehmens vermerkt sind. Auch eine laufende Rechnungsnummer ist Pflicht.“ Fehlen diese Angaben, sollte man den angeblichen Handwerker sofort wegschicken. Verbraucher sollten diese Formulare genau durchlesen und nichts unterschreiben, was sie nicht verstehen. Unerwünschte Passagen können auch gestrichen oder Sätze handschriftlich ergänzt werden. Auch hier gilt: Ruhe bewahren und sich zu nichts drängen lassen.
Oft wird von dubiosen Handwerksbetrieben ein zweiter Mitarbeiter geschickt, um diesen dann zusätzlich abzurechnen. In den meisten Fällen reicht jedoch ein Handwerker aus. Deswegen sollten Verbraucher klarmachen, dass kein zweiter Fachmann benötigt wird. Das empfiehlt die Verbraucherzentrale. Auch das ist typisch für unseriöse Dienstleister: Sie verdecken das Arbeitsfeld, reden viel und behaupten, ein Folgeauftrag sei nötig.
Nun geht es an die Bezahlung. Was können Verbraucher beachten?
Nach der Arbeit des Handwerkers sollte man direkt prüfen, ob alle Leistungen ausgeführt wurden und der besprochene Preis eingehalten wurde. „Regelmäßig verlangen unseriöse Firmen Barzahlung“, berichtet Bauer. Verbraucher sollten jedoch auf eine Rechnung bestehen. Aber auch diese muss nicht sofort beglichen werden, wenn man sich unsicher ist: Es gibt die Möglichkeit, die Rechnung nur anteilig unter Vorbehalt zu bezahlen. Es kann vorkommen, dass unseriöse Dienstleister dann an die Moral der Verbraucher appellieren oder ein einstudiertes Schauspiel mit einem „guten“ und einem „bösen“ Monteur vortragen. Wenn man sich in der Situation unwohl fühlt oder bedroht wird, sollte man die Handwerker aus der Wohnung verweisen, einen Nachbarn dazuholen oder die Polizei rufen. Allein die Anwesenheit der Polizei kann dafür sorgen, dass die dubiosen Dienstleister den Preis reduzieren.
Was macht man, wenn man nach der Bezahlung die Vermutung hat, dass etwas nicht stimmt?
Gibt es im Nachhinein Mängel, sollten Verbraucher diese fotografieren und sie dem verantwortlichen Betrieb schicken. Es kann auch sinnvoll sein, Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Dazu sind Fotos, eine Rechnung und möglichst genaue Angaben zu den angeblichen Handwerkern wichtig: Ein Kfz-Kennzeichen, die Adresse der Firma und die Namen der Handwerker können beispielsweise hilfreich sein.
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