Wirtschaftsforschung

Studie des ZEW Mannheim: Digitalisierung macht Arbeiter kränker als Angestellte

Bei Arbeitern, die vor allem manuelle Tätigkeiten ausüben, verschlechtert sich der Gesundheitszustand durch den Einsatz neuer digitaler Technologien. Warum das so ist, erklärt eine Studie des ZEW Mannheim

Von 
Walter Serif
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Mitarbeiter von BMW arbeiten im Stammwerk München in der Produktion an der Karosserie von Autos. © Sven Hoppe/dpa

Der Dachdecker hat es eher am Kreuz, der Bürohengst bekommt dagegen schneller einen Burn-out. Klischee, Klischee, es kann natürlich alles auch andersherum laufen. Klar ist allerdings: Die Digitalisierung der Arbeitswelt wirkt sich unterschiedlich auf die Belegschaft aus, wenn es um den Gesundheitszustand geht. Diesen Schluss lässt jedenfalls das Ergebnis einer Studie des ZEW Mannheim sowie den Universitäten Konstanz und Edinburgh zu.

Unterschiede vergrößern sich durch die Digitalisierung

Bei Arbeitern, die überwiegend manuellen Tätigkeiten nachgehen, verschlechtert sich der Untersuchung zufolge der Gesundheitszustand. Dann nehmen auch die Krankentage zu. Bei Angestellten, die überwiegend wissensintensive (Büro-)Tätigkeiten ausüben, lassen sich dagegen beim Einsatz neuer digitaler Technologien keine Nachteile feststellen, so die Forschenden. Gezielte Schulungsmaßnahmen und eine unterstützende Unternehmenskultur sind allerdings Mittel, um die negativen Auswirkungen zu mildern.

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Internet, Künstliche Intelligenz (KI) oder Big Data - die Arbeit wird immer komplexer, deshalb wächst auch der Zeit- und Leistungsdruck. Nur: „Arbeiterinnen und Arbeiter wiesen aber schon vor der Einführung neuer Technologien einen schlechteren Gesundheitszustand als Angestellte auf. Diese Unterschiede vergrößerten sich durch die Digitalisierung“, sagt ZEW-Wissenschaftler Oliver Schlenker.

Aber warum ist das so? „Diese Ergebnisse bestätigen eine etablierte Theorie aus der Organisationspsychologie“, sagt Schlenker. Demnach würden vor allem Arbeitnehmer Stress durch technologischen Wandel und eine gesteigerte Komplexität der Tätigkeiten erfahren, die bisher wenig Berührungspunkte damit hatten. Und das seien vor allem jene Beschäftigten, die überwiegend mit ihren Händen arbeiten.

Abhilfe verschafft dagegen richtiges Training und die Gewöhnung an schwierige Aufgaben. So lässt sich nach Schlenkers Angaben der „Technostress“ abbauen: „Wir haben erste Hinweise darauf, dass gezielte Schulungen sowie die Unterstützung durch Vorgesetzte helfen, diesen ,Technostress‘ zu verringern.“ Führungskräfte hätt

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en demnach die direkte Möglichkeit, durch gezielte Hilfe den Krankenstand zu verringern und die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu verbessern.

Und wenn die Chefetage gar nichts unternimmt? Dann fördert die Digitalisierung bestehende Ungleichheiten, wie Schlenkers ZEW-Kollegin Melanie Arntz, erläutert. „Arbeiterinnen und Arbeiter weisen im Schnitt ein niedrigeres Bildungsniveau als Büroangestellte auf und verdienen weniger. Mit der Digitalisierung verstärkt sich zusätzlich die gesundheitliche Ungleichheit“, sagt die Wissenschaftlerin.

Nachteile wirken sich auf Produktivität und Einkommen aus

Dieser Trend wird sich ohne Gegenmaßnahmen verstärken. Denn die Digitalisierung macht ja keine Pause. Die KI der neuen Generation wie ChatGPT wird sich im Arbeitsprozess durchsetzen. Da müssen die Unternehmen reagieren. Sonst wachsen die Ungleichheiten zwischen beiden Beschäftigtengruppen. Wenn die Krankentage steigen, hat dies ja auch materielle Folgen. Langfristig sinkt die Produktivität, das wirkt sich auch auf das Einkommen der Beschäftigten aus.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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