Verkehr

Sperrung der Riedbahn von Mannheim nach Frankfurt: Was auf Bahnreisende zukommt

Gut drei Wochen im Januar und rund fünf Monate im Sommer 2024 ist die Riedbahnstrecke zwischen Mannheim und Frankfurt gesperrt. Was das für Reisende und Pendler bedeutet - die wichtigsten Fragen und Antworten

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Christian Schall
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Die Riedbahn – hier bei Lampertheim – wird ab Sommer 2024 zwischen Frankfurt und Mannheim wegen Bauarbeiten mehrere Monate gesperrt. © Berno Nix

Mannheim. Gut drei Wochen im Januar und rund fünf Monate im Sommer nächsten Jahres ist die Bahnstrecke zwischen Mannheim und Frankfurt gesperrt. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist der Grund für die Sperrung der Riedbahn?

Die rund 70 Kilometer lange Zugstrecke ist extrem störanfällig. Von mindestens einer Störung täglich berichtete der für Infrastruktur zuständige Bahn-Vorstand Berthold Huber im Frühjahr. Bisher führte die Deutsche Bahn (DB) Bauarbeiten immer im laufenden Betrieb durch und sperrte die Strecke nur in Einzelfällen nachts oder an Wochenenden. Würde man das so fortsetzen, wäre man erst in etwa zehn Jahren fertig - und könnte mit einzelnen Gewerken wahrscheinlich wieder von vorne anfangen. Deshalb kommt im nächsten Jahr die Vollsperrung und alles wird gleichzeitig erneuert: Gleise, Weichen, Signale, Oberleitungen, Bahnhöfe und Bahnübergänge. Das soll die Strecke über viele Jahre frei von größeren Baustellen halten.

Wenn es sich nur um eine Strecke handelt, sind die Auswirkungen dann nicht überschaubar?

Leider nein. Etwa 300 Personen- und Güterzüge nutzen täglich die Gleise der Riedbahn. Weil Güter- und Fernverkehrszüge weiterhin fahren sollen, müssen sie umgeleitet werden. Deshalb reichen die Auswirkungen der Sperrung weit über die Riedbahn hinaus - und treffen vor allem den Nahverkehr. Für die Umleitungen kommen zwei andere Routen in der Region ins Spiel. Weil dort die Kapazitäten für mehr Züge nicht vorhanden sind, wird auf den parallel verlaufenden Strecken linksrheinisch (Ludwigshafen-Worms-Mainz) und auf der Main-Neckar-Bahn (über Weinheim-Darmstadt) das Zugangebot radikal zusammengestrichen.

Wie viele Menschen sind von der Sperrung betroffen?

Exakt beziffern lässt sich das nicht. Die Züge werden von Pendlern, Schülerinnen, Studenten und Ausflüglern genutzt. Zumindest von den Pendlerströmen liegen Daten vor, die man zur Einordnung heranziehen kann. Nach Zahlen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg von 2021 kommen die mit Abstand meisten Einpendler aus Ludwigshafen (16 300, Werte gerundet). Wegen der rheinquerenden Straßenbahnlinien halten sich für sie die Einschränkungen in Grenzen.

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Aber auf den Plätzen vier bis sieben liegen Lampertheim (4000), Weinheim (3800), Worms (2840) und Frankenthal (2440). Aus Bürstadt und Biblis, wie Lampertheim ebenfalls mit Riedbahn-Anschluss, pendeln etwa 1590 bzw. 690 Personen nach Mannheim. Bei den Auspendlern liegt Frankfurt mit fast 3000 auf Platz drei, Weinheim (2160) auf Platz fünf und Frankenthal (1200) auf Platz zehn. Davon nutzen natürlich nicht alle die Bahn. Weitere Optionen für den Weg von und zur Arbeitsstelle sind der private Pkw, für kürzere Strecken das Fahrrad oder Fahrgemeinschaften. Die Bahn rechnet mit 15 000 Reisenden pro Tag, die mit dem Schienenersatzverkehr (SEV) befördert werden müssen.

Wie wird der Schienenersatzverkehr organisiert und gibt es dafür überhaupt genug Fahrer?

Ob es für Fahrgäste Einschränkungen bei der Mitnahme von Fahrrädern, Kinderwagen, Rollstühlen oder Hunden gibt, ist noch genauso unklar wie die Routen der Ersatzbusse. Die DB hat bisher wenig mitgeteilt. Bekannt ist nur, dass sie 150 neue Überland- und Gelenkbusse einsetzen will. Früheren Angaben zufolge sollen dafür etwa 400 Fahrer notwendig sein.

Ein Bahn-Sprecher bittet um Verständnis, dass das Linien- und Fahrplankonzept derzeit erprobt werde und deshalb aktuell noch keine weiteren Details veröffentlicht werden könnten. „Klar ist: Während der Generalsanierung der Riedbahn wird es einen leistungsfähigeren Ersatzverkehr geben als bei bisherigen Bauarbeiten“, verspricht er. Man arbeite mit den Partnern daran, rechtzeitig die notwendige Anzahl an Fahrzeugen und Fahrern verfügbar zu haben.

Die Sperrung fällt mitten in die Hauptreisezeit. Warum wurde der Termin so gewählt?

Bis Mitte Dezember 2024 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Das hat seinen Grund: Am 15. Dezember tritt der Winterfahrplan in Kraft. Die Wechsel - einen zweiten, kleineren gibt es im Juni - sind europaweit einheitlich festgelegt. Außerdem hat die Fußball-Europameisterschaft, für die Deutschland 2024 Gastgeber ist, den Termin beeinflusst. Weil möglichst viele Fans (und auch die Nationalmannschaften) die Bahn nutzen sollen, müssen die Strecken in dieser Zeit frei sein. Deshalb beginnt die Sanierung der Riedbahn erst am Tag nach dem EM-Finale in Berlin, am Montag, 15. Juli.

Was müssen Reisende auf dem Weg in den Urlaub beachten?

Sobald Umleitungen ins Spiel kommen, so die Erfahrungen, verlängert sich meist zwangsläufig die Fahrzeit. Das war etwa im Winter der Fall, als schon einmal Bauarbeiten an der Riedbahn notwendig waren. Wie die Großbaustelle in den nationalen Fahrplänen berücksichtigt wird, und ob sich Abfahrtszeiten der Fernzüge verändern, muss man abwarten.

Ist der Frankfurter Flughafen noch mit dem Zug erreichbar?

Laut des Bahn-Sprechers ja. Jedoch könne es erforderlich sein, von Mannheim kommend am Hauptbahnhof in Frankfurt umzusteigen. Auch das bedeutet: längere Fahrzeit.

Warum wird die Riedbahn bereits im Januar gesperrt?

Der Bahn-Sprecher nennt das Baupensum von Juli bis Dezember „anspruchsvoll“. Deshalb habe die DB entschieden, einzelne Arbeiten schon vorab durchzuführen und die Strecke vom 1. bis 24. Januar 2024 komplett zu sperren. „Selbstverständlich wird es für Reisende auch in dieser Zeit einen leistungsfähigen Ersatzverkehr mit Bussen geben.“

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Was sagen die regionalen Verkehrsunternehmen?

Weil die Bahn die Abstimmung mit weiteren Akteuren noch nicht abgeschlossen hat, will ein Sprecher des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar der Bahn „nicht vorgreifen“. Für den Zweckverband ÖPNV Rheinland-Pfalz Süd, Aufgabenträger für den linksrheinischen Schienennahverkehr, sind viele Punkte nicht abschließend geklärt. Dazu gehören Verhandlungen mit der Bahn über die Mehrkosten für die Ersatzbusse und deren finanzielle Absicherung.

Welche Züge fahren dann überhaupt noch?

Nimmt man das Konzept für die linksrheinische Strecke als Maßstab, muss man sagen: nicht mehr viele. „Grob umrissen wird es nördlich und südlich von Worms pro Stunde und Richtung zwei Züge des Regionalverkehrs geben: eine S-Bahn und einen Stadt-Express“, heißt es in einem Papier des Zweckverbands. Der Stadt-Express soll die durchgängigen Züge der Linien RE 4 und RE 14 von Frankfurt über Mainz nach Ludwigshafen und Karlsruhe bzw. Mannheim ersetzen. Weiter ist geplant, das Zugangebot im Nahverkehr zwischen etwa 22.30 Uhr und 5 Uhr einzustellen, um Platz für Güterzüge zu machen. Für Berufspendler und zur Basisanbindung am späten Abend sollen aber Busse fahren. „Zusatzangebote im Zusammenhang mit Weinfesten und ähnlichen Anlässen sind jedoch nicht möglich“, heißt es.

Wie stellen sich andere Verkehrsunternehmen darauf ein?

Weil in Mannheim und in Frankfurt die Omnibusbahnhöfe sehr zentral liegen, nämlich unmittelbar an den Hauptbahnhöfen, böten sich als Direktverbindung auch Fernbusse an. Zusätzliche Fahrten zwischen beiden Städten sind deshalb aber eher nicht zu erwarten. Ein Sprecher von Marktführer Flixbus sagte auf Anfrage: „Wir bieten zwischen Mannheim und Frankfurt bereits heute bis zu 15 Abfahrten täglich an. Damit sind wir auf eine mögliche steigende Nachfrage auch ohne Zusatzbusse bestens vorbereitet.“

Werden Baustellen auf Autobahnen und Bundesstraßen auf die Bahn-Sperrung abgestimmt?

Der Straßenverkehr zwischen beiden Städten verläuft hauptsächlich über die Autobahnen 5 und 67 sowie die Bundesstraßen 3 und 44. Eine Sprecherin der Autobahn GmbH Südwest erklärt auf Anfrage, dass die Sperrung der Riedbahn im Rahmen der Baustellenkoordination Metropolregion Rhein-Neckar angekündigt und bekannt sei. Sie erwartet wegen des eventuell vermehrten Pkw-Individualverkehrs nur begrenzte Auswirkungen auf die Autobahn.

„Darauf sind wir als Autobahn GmbH gut vorbereitet.“ Hessenmobil, für die Planung bei Bundes- und Landesstraßen zuständig, hat nach eigenen Angaben das Bauprogramm so angepasst, dass die vom SEV genutzten Strecken „nicht mehr als unvermeidbar belastet werden“. In Abstimmung mit der Bahn prüfe man derzeit, ob der Zeitraum der Sperrung genutzt werden könne, um auf dieser Strecke kleinere Instandsetzungsmaßnahmen an Brücken über die Bahn durchzuführen. „Nichtsdestotrotz können wir aber Überschneidungen mit unseren Maßnahmen nicht immer vermeiden“, heißt es aus der Behörde.

Gilt bei der Sperrung im Januar das gleiche Konzept wie ab Juli?

Ja. „Die Erfahrungen aus der dreiwöchigen Sperrung im Januar wird die Bahn nutzen, um das Ersatzkonzept für die Generalsanierung von Juli bis Dezember bei Bedarf weiter zu optimieren“, sagt der Bahn-Sprecher.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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