Mannheim. Sparkasse? Das klingt für junge Leute genauso uncool wie die Kehrwoche in einem schwäbischen Mietshaus. Thomas Kowalski, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Rhein Neckar Nord, würde natürlich seinen Arbeitgeber und dessen Produkte - zu denen ja auch der hippe Bausparvertrag gehört - niemals als altbacken bezeichnen. Allerdings ist es nach seinen Worten eben auch so, dass die Sparkasse relativ viele junge Kundinnen und Kunden verliert, wenn diese ihre Ausbildung beendet haben und dann für ihr bis dahin kostenloses Konto Geld bezahlen müssten. Rund sieben Prozent springen pro Jahr ab. „Sie wachsen dann mit Mitte 20 aus der Sparkasse heraus und kehren wenn überhaupt erst mit Ende 30 bis 40 wieder zurück“, sagt Kowalski. Das Geld mit ihnen verdient in der Zwischenzeit die Konkurrenz.
Filiale sieht eher wie eine Lounge mit knalligen Sitzgarnituren aus
Das würde die Sparkasse gerne ändern, sie will deshalb die Lücke schließen und hat ein neues Konzept das man ihr - siehe oben - nicht unbedingt zugetraut hätte. Die Sparkasse will nämlich die Generation Z und die Millenials zwischen 18 und 28 Jahren gezielt ansprechen und für die Sparkasse und deren Produkte begeistern. Dass dies dann nicht unbedingt die klassischen Bankangestellten machen sollten, versteht sich von selbst - dazu gleich mehr.
50 regionale Sparkassen im Südwesten
- Die Sparkasse Rhein Neckar Nord gehört zu den 50 regionalen und wirtschaftlich selbstständigen Sparkassen in Baden-Württemberg. Mit einer Bilanzsumme von 5,8 Milliarden Euro steht das Geldinstitut in der Metropolregion auf einer Stufe mit der Sparkasse Vorderpfalz. Platzhirsch ist die Sparkasse Heidelberg mit einer Bilanzsumme von rund acht Milliarden Euro.
- Die 50 Sparkassen im Südwesten bilden den Kern der Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg. Der Sparkassenverband ist der zentrale Dienstleister der Mitgliedssparkassen und der Verbundunternehmen.
- Zu diesen gehören die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), die Landesbausparkasse Süd (LBS) sowie die SV Sparkassenversicherung.
Auf diese Marketingidee sind interessanterweise aber nicht die alten Profis gekommen, sondern Auszubildende, die sich bei einem speziellen Projekt die Köpfe darüber zerbrechen sollten, wie die Sparkasse die Jugend für sich gewinnen kann. Das Ergebnis heißt „smore“. Diesen Namen trägt jetzt die neue Filiale in der Mannheimer Kunststraße. Der alte Standort in O4 wurde völlig umgebaut, bei der Besichtigung lagen noch einige Kabel herum.
Die Zeit drängt: Bis Montag neun Uhr muss alles fertig sein. Das Raumkonzept ist modern. Statt der sonst üblichen Serviceschalter bietet die Filiale einen offenen Loungebereich, multifunktionale Meeting-Räume und eine Eventfläche mit Gaming-Elementen. Die Sitzgarnituren in knalligen Farben laden zum gemütlichen Verweilen ein, es gibt eine Küchenzeile, der Kühlschrank soll Montag garantiert gefüllt sein. In der Eröffnungswoche soll das pralle Programm vom Gründerkredit bis zur Kryptowährung die Jugend anlocken. Und wer nur etwas trinken und Musik hören will, geht abends zum Get together zu Drinks & Beats. Aber keine Angst: Es gibt auch noch zwei stinknormale Geldautomaten im Außenbereich der Filiale.
Bleibt noch die Sache mit dem Namen. „Es ist gar nicht so einfach, einen zu finden“, sagt Kowalski. „smore“ klingt irgendwie nach Smörrebröd. Mal schaun, wie die junge Kundschaft den Namen aufnimmt. Das kleine s steht für die Sparkasse, das englische „more“ für das „Mehr“, das die Bank der neuen Zielgruppe liefern will. Die Sonne als Ergänzung des Namenszugs könnte natürlich auch zu gewissen Irritationen führen, womöglich will sich der ein oder andere Besucher ein wenig bräunen lassen. Gleichwohl bleibt eine Sparkasse auch mit einem neuen Markennamen eine Sparkasse. Deshalb gibt es bei „smore“ die klassischen Produkte. Bausparvertrag, Sparbrief, Aktiendepot - also alles wie gehabt. Und doch alles ein bisschen anders. Die Beratung soll auf „Augenhöhe“ ablaufen, sagt Laura Kuster-Matucec (29), die als Chefin dafür sorgt, dass bei „smore“ alles glattgeht. „Die Bedürfnisse der Jugend haben sich geändert, deshalb sieht ,smore’ nicht wie eine klassische Bankfiliale aus. Unsere Berater heißen deshalb auch „Buddys’“, erklärt Kuster-Matucek. Die coolen Kumpel sollen die jungen Kunden beraten, niedrigschwellig, in einfacher Sprache.
„Buddys“ beraten die junge Kundschaft auf Augenhöhe
Dass die vier „Buddys“, die in der neuen Filiale arbeiten, den typischen Jugendjargon draufhaben - davon kann sich jeder überzeugen, der sich auf Instagram oder TikTok bei der Sparkasse Rhein Neckar Nord verirrt. Dort treten die „Buddys“schon seit Mitte August als kompetente Influencer auf und preisen die coolen Produkte der Sparkasse an. Der traditionelle und damit eher langweile Social-Media-Auftritt wurde ersatzlos gestrichen.
Natürlich geschieht das alles nicht nur aus Spaß, die Mannheimer Sparkasse ist keine altruistische Organisation, sie will mit ihrem neuen Konzept Geld verdienen und macht daraus auch kein Geheimnis. Immerhin hat sie einen „niedrigen siebenstelligen Betrag mit einer eins an der ersten Stelle“ (Kowalski) investiert. Dass Kowalski & Co. vom Konzept überzeugt sind, versteht sich von selbst. Dass sie keine schlaflosen Nächte haben, liegt allerdings auch daran, dass es nicht auf ihren eigenen Mist gewachsen ist. Abgeschaut haben sie sich das Projekt von den Kolleginnen und Kollegen in Düsseldorf. Bei der Stadtsparkasse hat sich demnach das Konzept in den vergangenen zwei Jahren als Treffpunkt und Beratungszentrum für junge Menschen bewährt.
„Wir schaffen einen Ort des Austauschs, der Vernetzung und der Unterstützung bei Finanz-, Karriere- und Lebensfragen. Hier sprechen wir die Sprache der jungen Generation - mit Mitarbeitenden in genau dem Alter“, sagt Kowalski. Im Vordergrund stehen nach seiner Darstellung nicht die Produkte, sondern Themen wie altersgerechte Finanzplanung zum frühzeitigen Vermögensaufbau, berufliche Orientierung und Netzwerkbildung. „Unsere Buddys sind mehr als nur Finanzberater, sie sind Lebensphasen-Begleiter“, sagt Kowalski. Früher hieß das noch kurz und knapp: „Wenn’s ums Geld geht, Sparkasse.“
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