Software

SAP macht ernst: Beschäftigte sollen an drei Tagen die Woche ins Büro

Der Walldorfer Softwarekonzern SAP legt neue Vorgaben für das mobile Arbeiten fest - allerdings ohne grundlegende Einigung mit der Arbeitnehmervertretung

Von 
Alexander Jungert
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SAP will die Belegschaft nach Corona wieder häufiger ins Büro holen. © dpa

Walldorf. Beschäftige von SAP müssen künftig mindestens an drei Tagen die Woche ins Büro kommen. Das hat der Walldorfer Softwarekonzern nun festgesetzt. Brisant dabei: Es gibt nach wie vor keine Einigung mit den Betriebsräten über eine neue Vereinbarung zum mobilen Arbeiten - trotz „guter, konstruktiver Gespräche“, wie es in einer E-Mail an die Belegschaft heißt, die dieser Redaktion vorliegt.

SAP ist demnach der Ansicht, dass „die grundsätzliche Bemessung des Kontingents an mobiler Arbeit nicht der Mitbestimmung unterliegt“, sondern lediglich deren Ausgestaltung. Wie zu hören ist, sieht die Arbeitnehmervertretung das anders. Schon in der Vergangenheit hatte Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE, erklärt: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Anwesenheit im Büro nicht angewiesen werden sollte. Heutzutage passt zur Vertrauensarbeitszeit nur noch der Vertrauensarbeitsort.“

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Die Verhandlungen über eine neue Betriebsvereinbarung - die eigentlich schon ab 1. Mai gelten sollte - gehen also weiter. Wie lange sie dauern werden, steht in den Sternen. Bis dahin heißt es: „Die Ausgestaltung der Mobilarbeit erfolgt wie bisher zwischen Euch und Eurer Führungskraft, wie in der jeweiligen Betriebsvereinbarung Mobilarbeit beschrieben“, schreibt SAP in der Mail. „Diese mitbestimmungspflichtigen Teile der gekündigten Betriebsvereinbarung gelten nach wie vor.“

Protestschreiben aus den Reihen des Europäischen Betriebsrats

Tatsächlich hat sich SAP bisher damit gerühmt, Beschäftigten bei der Wahl ihres Arbeitsorts weitgehend freie Hand zu lassen. Doch das Management hegt schon länger Pläne, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder häufiger ins Büro zu holen. Beträchtliche Teile der Belegschaft sind davon wenig begeistert. So kursierte in Walldorf ein Protestschreiben aus den Reihen des Europäischen Betriebsrats, das offenbar mehrere tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschrieben hatten. In teils drastischen Worten hieß es darin: „SAP, wie wir es kannten, ist vorbei.“ Viele Beschäftigte schauten sich sogar nach einem neuen Job um. Weiter heißt es: „Wir fühlen uns von einem Unternehmen verraten, das uns bis vor Kurzem dazu ermutigt hat, von zu Hause zu arbeiten.“

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Christian Klein hat die Pläne immer wieder verteidigt. „Wir werden niemanden kontrollieren“, sagte der Vorstandsvorsitzende Anfang dieses Jahres im Gespräch mit dieser Redaktion. „Aber es ist für die Kultur bei SAP sehr wichtig, dass wir uns von Zeit zu Zeit als Team persönlich treffen und Dinge besprechen - und nicht mit 20 Kollegen im Videocall sitzen und keiner so recht weiß, wann er oder sie zu Wort kommt.“ Mehr Präsenz sei auch wichtig, um neue Kollegen einzuarbeiten. Flexibel sei man weiterhin, betonte er. Etwa, wenn Beschäftigte wegen kranker Kinder zuhause bleiben müssten. „Dann funktioniert es mal eine Woche nicht mit drei Tagen Büro. Aber Standorte ohne Belegung - das können wir uns nicht erlauben.“

SAP will den Beschäftigten bei der Umsetzung der neuen Vorgaben so weit wie möglich entgegenkommen. In der jüngsten E-Mail heißt es: „Auch wenn die Übergangsphase bereits dazu genutzt werden konnte, sich auf die absehbaren neuen Regelungen einzustellen, wissen wir, dass es eine gewisse Zeit erfordert, diese Veränderungen in Euren Teams gemeinsam auszugestalten und zu leben.“

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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