Rüstungsindustrie

Rheinmetall-Finanzchefin Dagmar Steinert verteidigt BVB-Sponsoring

Dagmar Steinert, frühere Finanzchefin des Mannheimer Fuchs-Konzerns, sitzt mittlerweile im Vorstand von Rheinmetall. In einem Rüstungsunternehmen, das wegen des Ukraine-Kriegs so gute Geschäfte macht wie noch nie, aber von Dortmunder Fußballfans heftige Kritik abbekommt. Das sagt sie zu Protesten, persönlichen Risiken und Mannheim-Besuchen

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Alexander Jungert
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Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 stehen in einer Halle von Rheinmetall. © picture alliance/dpa

Sie habe das Glück gehabt, „in einem spannenden Familienunternehmen“ zu arbeiten, hatte Dagmar Steinert kurz vor ihrem Abschied beim Mannheimer Schmierstoffkonzern gesagt. Das war im November 2022.

Rheinmetall-Finanzchefin Dagmar Steinert auf einer Konferenz im März. © picture alliance/dpa

Heute zählt sie zwar immer noch das Geld in der Kasse. Aber in einem völlig anderen Geschäft, unter einer völlig anderen öffentlichen Wahrnehmung. Steinert führt das Finanzressort bei Rheinmetall in Düsseldorf. Deutschlands größter Rüstungskonzern mit 34 000 Beschäftigten weltweit stellt neben Artillerie und Munition auch Panzer, Flugabwehr und Militärlastwagen her. Die Auftragsbücher von Rheinmetall sind voll wie noch nie, denn viele Staaten investieren mehr in ihre Streitkräfte. Der Ukraine hat Rheinmetall nach dem Überfall durch Russland auch alte Kampfpanzer und Schützenpanzer bereitgestellt, die modernisiert worden waren. Bezahlt wurde die Firma von der Bundesregierung. Wie ist es also, Finanzchefin eines Konzerns zu sein, für den Krieg gut fürs Geschäft ist?

Es geht doch um die Frage, wie sehr unsere Sicherheit und Freiheit zu einer Zeit bedroht ist und was wir der Bedrohung entgegensetzen können. Und dem folgt auch das Verteidigungsbudget

Steinert, Jahrgang 1964, muss bei dieser aus ihrer Sicht „zugespitzten Frage“ etwas weiter ausholen. „So Schwarz-Weiß ist die Welt nicht, dass man einfach sagen kann: Bei Krieg verdienen wir gut, bei Frieden verdienen wir schlecht“, teilt die Managerin dieser Redaktion schriftlich mit. „Es geht doch um die Frage, wie sehr unsere Sicherheit und Freiheit zu einer Zeit bedroht ist und was wir der Bedrohung entgegensetzen können. Und dem folgt auch das Verteidigungsbudget.“

Steinert blickt zurück in die 1970er- und 1980er-Jahre, als sie zur Schule gegangen ist. Die Bedrohung durch den Warschauer Pakt (Militärbündnis kommunistischer Staaten Europas zwischen 1955 und 1991) ist greifbar gewesen, damit ist sie aufgewachsen. Nach Glasnost und Perestroika folgten 25 Jahre Frieden und Entspannung in Europa. Dann schränkt Steinert ein: „Die Sicherheit, die wir empfunden haben, gibt es heute nicht mehr. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen (. . .). Wir müssen mehr tun für unsere Sicherheit und Freiheit.“

Fans von Borussia Dortmund ärgern sich über Partnerschaft

So pragmatisch wie die Finanzchefin sehen das jedoch nicht alle. Bestes Beispiel ist die im Frühjahr vereinbarte Partnerschaft zwischen Rheinmetall und dem Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund. Für Pazifisten und Menschenrechtsorganisationen ein Unding. Auch die Fans sind von der Partnerschaft alles andere als begeistert, wie sich zum Start der neuen Saison zeigt. Vor den Karren gespannt zu werden, um „das öffentliche Ansehen eines Rüstungskonzerns zu verbessern und dabei die eigenen Werte über Bord zu werfen“, lehne man entschieden ab, heißt es in einer Erklärung. Jeder einzelne Borusse oder Fanclub solle bei Spielen mit Transparenten seinen Unmut zeigen.

Die BVB-Fans protestieren gegen den Rheinmetall-Deal. © Bernd Thissen

Die Partnerschaft umfasst etwa die Nutzung reichweitenstarker Werbeflächen, Vermarktungsrechte sowie Event-Angebote im Stadion und auf dem Vereinsgelände. Steinert verteidigt den Deal. Die Wahrnehmung von Rheinmetall sei bei ihrem Start als Finanzchefin 2022 „allgemein eher negativ“ gewesen, erklärt sie. „Nun ist die Zeit, das nachhaltig zu ändern, was auch für unsere Mitarbeiter wichtig ist.“

Für die Geschäftsführung des BVB, für Rheinmetall und für sie selbst sei „vor allem die gesellschaftliche Debatte über Resilienz, Verteidigung und Wehrhaftigkeit wichtig“. Der Fußballclub und Rheinmetall passten durch Ambition, Einstellung und Herkunft gut zueinander, ist die Managerin überzeugt.

Rheinmetall hat Rekordzahlen zum Ende des ersten Halbjahrs 2024 vorgelegt, der Konzernumsatz stieg um ein Drittel auf rund 3,8 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis konnte auf 404 Millionen Euro fast verdoppelt werden. So stark ist Rheinmetall noch nie gewachsen. Und das Wachstum soll weitergehen. „Der Ukraine-Krieg hat uns vor Augen geführt, dass Freiheit nicht kostenlos ist. Es ist auch das Bewusstsein dafür geschärft worden, dass Zeiten sich ändern können. Viele Nationen modernisieren daher ihre Streitkräfte. Es geht darum, Versäumtes nachzuholen.“ Man stehe erst am Anfang der Entwicklung.

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„Wir bei Rheinmetall haben die Absicht, ein echter Global Player zu werden“, erklärt Steinert weiter. „Diese positive Entwicklung zeigt sich auch mit Blick auf den Aktienkurs. Dieser ist im Verlauf des Jahres von knapp 300 Euro auf über 500 Euro gestiegen.“ In den kommenden drei Jahren sollen mehr als 6000 neue Beschäftigte gewonnen werden. Davon 2000 als Ersatz für die, die in Rente gehen, und etwa neue 4000 Mitarbeiter.

Man kann das als Erfolgsgeschichte sehen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Das Geschäft mit Artillerie und Panzern hat seinen Preis. Rheinmetall-Chef Armin Papperger soll laut CNN im Visier des Kremls gestanden haben und braucht seither massiven Personenschutz. Steinert selbst fühlt sich zwar nicht bedroht. „Notwendige Sicherheitsvorkehrungen“ gibt es allerdings auch für sie.

Die Managerin besucht weiterhin regelmäßig Mannheim

Schon vor ihrer Zeit bei Fuchs hatte Steinert bei Rheinmetall gearbeitet - als Leiterin der Buchhaltung. 2022 dann die Rückkehr nach Düsseldorf mit wesentlich mehr Verantwortung. Sie ist die erste - und einzige Frau im Vorstand, zumindest noch. Denn ab Herbst wird Ursula Biernert das Personalressort leiten.

Steinert hatte beim Schmierstoffhersteller Fuchs eine grundsolide Bilanz hinterlassen, mit steigenden Umsätzen und Gewinnen, oft entgegen dem allgemeinen konjunkturellen Trend. Jahr für Jahr war die Dividende erhöht worden.

Bei ihrem Abschied aus Mannheim hatte Steinert versichert, sie und ihr Mann würden „mit einem Fuß“ in der Stadt bleiben. „Wir stehen zu unserem Wort. Mannheim hat seinen besonderen Charme und wird ihn auch behalten.“ Regelmäßig sei sie noch zu Besuch.

Übrigens: Früher war der Mannheimer Mischkonzern Röchling, heute spezialisiert auf Kunststoffverarbeitung, an Rheinmetall beteiligt. Die Anteile wurden 2005 verkauft.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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