Elektrotechnik

Pepperl+Fuchs: Wie geht es weiter mit der Mannheimer Produktion?

IG Metall und Betriebsrat laufen Sturm gegen die geplante Schließung und den Stellenabbau in der Mannheimer Fertigung. Was die Unternehmensführung dazu sagt.

Von 
Tatjana Junker
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Blick in die Produktion von Pepperl+Fuchs in Mannheim. © Oliver Farys/Pepperl+Fuchs

Mannheim. Carina A. (Name von der Redaktion geändert) ist wütend, immer noch. Vor einigen Wochen schon hat die Mitarbeiterin erfahren, dass ihr Arbeitgeber, der Sensorenhersteller Pepperl+Fuchs, seine Produktion in Mannheim aufgeben will. Rund 80 Arbeitsplätze sollen dabei wegfallen. Carina A.s ist einer davon.

Bei der Protestaktion „Aktive Mittagspause“, zu der die Gewerkschaft IG Metall am Dienstag aufgerufen hat, steht die Mannheimer Mitarbeiterin deshalb in einer der vordersten Reihen. „Wir haben in der Vergangenheit so viele Zugeständnisse gemacht, um die Produktion hier halten zu können. Und jetzt verpufft das alles“, sagt sie.

Zur Erinnerung: Ende August hatte Pepperl+Fuchs angekündigt, dass es seine Mannheimer Produktion bis Mitte 2027 schließen und an Standorte in Osteuropa und Asien verlagern will. Die Beschäftigungssicherung für den Bereich will das Unternehmen zum Jahresende 2026 auslaufen lassen. Gewerkschaft und Betriebsrat wollen das nicht hinnehmen.

IG Metall und Betriebsrat kritisieren die Verlagerungspläne scharf

Daniel Warkocz, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Mannheim, appelliert bei der „Aktiven Mittagspause“ per Mikrofon an den Vorstand, von den Plänen Abstand zu nehmen und die Produktion in Mannheim zu erhalten. „Lassen Sie die Erfolgsgeschichte in Mannheim nicht enden. Und geben Sie den Menschen, die hier 35 bis 40 Jahre gearbeitet haben, die Möglichkeit, aufrecht in Rente zu gehen.“

Alfred Storch, der Betriebsratsvorsitzende von Pepperl+Fuchs, kritisiert, das Unternehmen habe jahrzehntelang gute Gewinne gemacht, in schwierigen Zeiten lasse es die „Kolleginnen und Kollegen“ nun im Stich. Und Reinhold Götz, SPD-Stadtrat in Mannheim und früher viele Jahre Chef der Mannheimer IG Metall, appelliert an die gesamte Belegschaft von Pepperl+Fuchs: „Wenn das hier ohne Widerstand über die Bühne geht, hat das auch Folgen für den Rest des Unternehmens.“

Pepperl+Fuchs-Vorstand: „Entscheidung trifft ausschließlich die Produktion“

Ist das geplante Aus der Produktion am Mannheimer Standort von Pepperl+Fuchs erst der Anfang von einer Reihe weiterer Einschnitte am Stammsitz?

Tobias Bloecher, Vorstandsmitglied bei Pepperl+Fuchs, weist solche Befürchtungen deutlich zurück. „Die aktuelle Entscheidung betrifft ausschließlich die Produktion. Für andere Unternehmensbereiche hat sie keine Folgen“, sagt er am Dienstag im Gespräch mit dieser Redaktion. Das Unternehmen bekenne sich weiter klar zum Standort Deutschland und zum Stammsitz in Mannheim. „Deshalb wollen wir den Bereich Forschung und Entwicklung hier auch weiter stärken.“

Dass die Produktion in Mannheim keine Zukunft habe, sei Teil einer langfristigen Unternehmensstrategie, die Pepperl+Fuchs bereits vor Jahren angestoßen habe, so der COO: „Das ist keine kurzfristig getroffene Entscheidung und wir reagieren damit auch nicht auf das aktuell schwierige Umfeld. Das hat höchstens die Dringlichkeit etwas erhöht.“

Von der kleinen Mannheimer Radiowerkstatt zum Global Player

Die Wurzeln von Pepperl+Fuchs reichen zurück ins Jahr 1945 : Damals gründeten Walter Pepperl und Ludwig Fuchs in Mannheim-Sandhofen eine Reparaturwerkstatt für Radio-Geräte .

Bald darauf erweiterten die beiden Gründer ihr Tätigkeitsfeld und begannen mit der Herstellung von Transformatoren. 1955 zählte Pepperl+Fuchs nach eigenen Angaben bereits 40 Beschäftigte .

1971 zieht das Unternehmen auf die Schönau um. Die neue Fabrik hat eine Fläche von 10.000 Quadratmetern. Zwei Jahre später öffnet die erste Verkaufsniederlassung im Ausland: in England.

1979 gründet Pepperl+Fuchs in Singapur die erste Tochtergesellschaft außerhalb von Europa mit eigener Produktion.

In den darauffolgenden Jahrzehnten wächst das Unternehmen auch durch internationale Zukäufe immer weiter, auch das Produktportfolio wird schrittweise ausgebaut. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „einer der Marktführer“ für industrielle Sensoren.

Heute ist Pepperl+Fuchs nach eigenen Worten ein führender Hersteller von industriellen Sensoren. Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 6450 Menschen , davon etwa 1200 am Stammsitz in Mannheim. Der Umsatz lag 2024 bei rund 840 Millionen Euro .

Bloecher bezeichnet das geplante Aus für die Fertigung in Mannheim vielmehr als „letzte Etappe“ einer Entwicklung, die das Unternehmen schon vor langer Zeit eingeleitet habe. „Seit mehr als 20 Jahren überprüfen wir immer wieder unser Portfolio und schauen, welche Tätigkeiten an welchen Standorten am besten angesiedelt sind.“ Dabei schaue man selbstverständlich, wo man zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren könne. „In der Konsequenz verlagert sich die Fertigung bei Pepperl+Fuchs schon lange schrittweise in andere Länder.“

Dafür habe man auch bewusst an anderen Standorten in Osteuropa oder in Südostasien investiert, vor allem in die Qualifizierung der dortigen Belegschaft. „Hier haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Deshalb ist es inzwischen so, dass die allermeisten neuen Produkte, die wir auf den Markt bringen, direkt außerhalb Deutschlands in die Fertigung gehen können.“ Der mittlerweile größte Produktionsstandort von Pepperl+Fuchs ist in Vietnam.

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„Für die Betroffenen wünschenswert, wenn wir bis Weihnachten Klarheit schaffen könnten“

In Mannheim werden laut Bloecher bislang vor allem Sonderprodukte gefertigt, die nur noch vereinzelt nachgefragt würden, weil sie tendenziell Auslaufmodelle seien. Einen Teil davon werde man auf absehbare Zeit ohnehin aus dem Sortiment nehmen. Für den Rest eine eigene Produktion in Mannheim aufrechtzuerhalten, sei schlicht nicht wirtschaftlich. „Wir brauchen eine bestimmte kritische Masse, damit wir rentabel produzieren können. Die haben wir in Mannheim eigentlich schon lange nicht mehr.“

Wenn es nach Bloecher geht, sollen nun schnellstmöglich die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern über das Produktions-Aus starten. „Ich fände es für die betroffenen Mitarbeitenden wünschenswert, wenn wir bis Weihnachten Klarheit schaffen könnten.“ So soll zeitnah geklärt werden, für wie viele Beschäftigte beispielsweise Altersteilzeitlösungen gefunden werden könnten. Sollten sich in anderen Unternehmensbereichen freie Stellen ergeben, werde man außerdem „immer als Erstes schauen, ob jemand aus der Produktion dafür infrage kommt, eventuell auch durch eine Weiterqualifizierung.“ Trotzdem ist für den COO klar: „Wir werden sehr sicher nicht um betriebsbedingte Kündigungen herumkommen. Aber wir versuchen alles, damit es so wenige wie möglich werden.“

Tobias Bloecher ist COO bei Pepperl+Fuchs. © privat

Für Gewerkschaftsvertreter Warkocz ist die Schließung der Produktion unterdessen noch längst keine beschlossene Sache: „Für uns gibt es da erst einmal noch sehr viele offene Fragen, auf die wir Antworten wollen“, sagt er. IG Metall und Betriebsrat pochen unter anderem darauf, dass sich das Management mit einem „Alternativkonzept“ auseinandersetzt, das Arbeitnehmervertreter und Unternehmen in den vergangenen Monaten erarbeitet hätten. Laut Warkocz hätte dieses Konzept vorgesehen, die Produktion am Standort weiterzuentwickeln und dadurch zumindest einen Teil der Beschäftigung zu erhalten. Kritisch sehe man außerdem, dass durch die geplante Verlagerung die Nähe zwischen Produktentwicklung und Fertigung verloren gehe.

Pepperl+Fuchs-COO Bloecher sagt, es sei richtig, dass man seit Anfang des Jahres gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern ein Zielbild für den Standort entwickelt habe. „Dabei war aber von Anfang an klar: Es wird keine Kleinserienfertigung mehr in Mannheim geben.“ Vielmehr habe man erarbeitet, wie man Know-how aus der Produktion erhalten könne, das für die Entwicklungsabteilung am Standort weiter wichtig sei, zum Beispiel beim Bau von Prototypen. Dafür habe man eine Lösung gefunden. „Bei der Frage, wie viele Arbeitsplätze auf dieser Basis erhalten werden können, gingen die Vorstellungen aber weit auseinander“, sagt Bloecher. Das Unternehmen gehe dabei von etwa „einer Handvoll“ Beschäftigter aus, der Betriebsrat habe dagegen deutlich mehr Produktionsstellen erhalten wollen.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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