Energie

MVV und Olam Food Ingredients: Neue Anlage erzeugt Dampf aus Kakaoschalen

MVV und Olam Food Ingredients nehmen in Mannheim eine neuartige Anlage in Betrieb, die pro Jahr 8000 Tonnen klimaschädliches CO2 einsparen soll. Wie sie funktioniert

Von 
Alexander Jungert
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Blick ins Innere der Dampferzeugungsanlage. Sie läuft rund um die Uhr, sieben Tage die Woche – Menschen sieht man hier eher selten. © Thomas Tröster

Mannheim. Durch ein sanftes Rösten der Kakaobohnen lösen sich die Schalen. Im Grunde sind sie ein Abfallprodukt, das bei der Herstellung von Kakaopulver und Schokolade entsteht. Dafür sind sie eigentlich zu schade. Denn Kakaoschalen können Zutat für Tees sein oder Dünger im Garten. Oder der Stoff, um Prozessdampf zu erzeugen.

Genau das nutzt Olam Food Ingredients (ofi), ein Hersteller von Lebensmittelinhaltsstoffen und eine ehemalige Sparte der Schokinag, am Mannheimer Standort. Durch die „thermische Reststoffverwertung“, dem Verbrennen von Kakaoschalen, gewinnt ofi rund 90 Prozent des benötigten Prozessdampfes. Als sogenannter Redundanzkessel dient ein Gaskessel, der die verbleibenden zehn Prozent liefert. Mit dem Projekt soll ofi seine CO2-Emissionen um 8000 Tonnen jährlich reduzieren können.

Unmittelbare Nachbarschaft

Partner ist der Mannheimer Energieversorger MVV. Eine Tochtergesellschaft hat die Planung, die Finanzierung und Betriebsführung für die neue Anlage übernommen. Also zahlt ofi für den gelieferten Prozessdampf - das ist der Dampf, der für die Produktion verwendet wird.

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Kakaoschalen werden bislang weltweit nur in wenigen Anlagen für die Dampferzeugung genutzt. In Deutschland ist es nach Angaben der MVV die erste Biomasse-Kesselanlage dieser Art. Die Anlage wurde eigens für ofi konzipiert - und von einer Firma aus Belgien gebaut. Um den Hochwasserschutz zu gewährleisten, befindet sie sich auf zwei Meter hohen Stützen. „Modernste Filtertechnologie“ soll dafür sorgen, dass die Luft rein bleibt.

Weil das Vorhaben der beiden Unternehmen dazu beiträgt, die nationalen Klimaziele zu erreichen, wird es mit Mitteln des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gefördert. Insgesamt handelt es sich um eine Investition in zweistelliger Millionenhöhe.

Nachbarschaft am Neckar 

MVV und Olam Food Ingredients befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft am Neckar. Bereits seit 2003 betreibt die MVV die Dampfversorgung der Produktionsanlagen. Bislang erzeugen gasbefeuerte Dampfkessel den Prozessdampf, den ofi benötigt. Die neue Anlage auf Grundlage von Biomasse soll nun wesentlich nachhaltiger sein - sowie den Kakaoverarbeiter unabhängiger von den schwankenden und zuletzt hohen Gaspreisen machen.

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In Betrieb ist die Anlage rund um die Uhr, sieben die Tage die Woche, hochautomatisiert. Menschen braucht es dafür kaum. Die Kakaoschalen kommen aus dem Silo bei ofi in einen Vorlagebehälter. Mit Hilfe von Schnecken werden sie über einen Rost geführt - und in einem Feuerraum verbrannt. Dabei entsteht 800 Grad heißes Rauchgas. Dieses wird durch einen Wasserkessel geleitet. Der gewonnene Dampf kommt zurück zu ofi. Die Abgase werden aufbereitet und gereinigt, die Asche landet auf einer Deponie. Die MVV prüft derzeit, wie die Asche gegebenenfalls weitergenutzt werden könnte.

„Mit dieser Dampferzeugungsanlage haben wir gemeinsam mit ofi ein starkes Zeichen für die Dekarbonisierung von Unternehmen gesetzt. Das Projekt zeigt, dass es sich trotz Herausforderungen lohnt, Visionen für eine klimaneutrale Zukunft umzusetzen und dabei auch neue Wege zu gehen”, meint Ralf Klöpfer, MVV-Vorstandsmitglied. Er geht davon aus, dass die nächste Zeit weitere Unternehmen anklopfen werden, die Interesse an dieser neuen Technologie zeigen.

Per Schiff aus Westafrika

Der Standort am Neckarufer unweit der Mannheimer Innenstadt ist jedenfalls ein traditionsreicher - dort wurde vor 100 Jahren die Schokinag gegründet. In der Geschichte gab es mehrere Eigentümerwechsel. So war das Unternehmen bis 2009 in der Hand der Familie Hermann, die dann an den US-Konzern ADM verkaufte. 2015 gab ADM das Mannheimer Werk an den Rivalen Cargill weiter. Wenig später wurde Schokinag aufgespalten: Die Kakao-Verarbeitung „auf der anderen Straßenseite“ im Hafen ging an ofi mit Hauptsitz in Singapur. Das Schokoladengeschäft übernahmen die niederländischen Finanzinvestoren Nimbus und Varova, mittlerweile gehört es zum Konzern Guan Chong Berhad aus Malaysia.

Bei ofi in Mannheim sind nach Angaben des Standort-Geschäftsführers Andreas Rudolph etwa 155 Mitarbeiter beschäftigt. Die Auslastung sei hoch. Per Schiff kommen die Kakaobohnen direkt ins Mannheimer Werk. Sie haben von Westafrika einen weiten Weg hinter sich.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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