Metropolregion. Die Suche nach geeigneten Nachfolgern wird für mittelständische Unternehmen zunehmend schwieriger. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) geht davon aus, dass bundesweit in den Jahren 2022 bis 2026 190 000 Unternehmen zur Übergabe stehen werden. „In der Vergangenheit erfolgte oft eine familieninterne Übergabe des Unternehmens auf die Kinder, dieser Trend geht aber seit Jahren stetig zurück“, erklärt Christian Schwöbel von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar.
Alle Branchen betroffen
Die Suche nach Käufern erfolge inzwischen extern, nicht wenige nutzten die Suche, um sich Märkte und Fachkräfte zu sichern, führt der IHK-Bereichsleiter für die Ressorts Existenzgründung und Unternehmensförderung aus. Für Schwöbel und andere Ökonomen steht fest: Wenn der Wirtschaftsstandort Rhein-Neckar nicht leiden soll, muss die Vielfalt unternehmerischer Tätigkeit durch die Aufrechterhaltung der Betriebe gewährleistet werden.
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Die Suche nach geeigneten Nachfolgern betrifft in der Region inzwischen Unternehmen aus allen Branchen. Handel, Gastronomie, Hotels, der Dienstleistungssektor sowie die Industrie - aktuell suchen der IHK Rhein-Neckar zufolge mehr als 1000 regionale Unternehmen eine geeignete Nachfolge.
Kinder übernehmen Familien-Unternehmen oft nicht mehr
Anders als in der Vergangenheit möchten die Kinder der oft familiengeführten Betriebe die Leitung nicht übernehmen. Mangelndes Interesse, fehlende unternehmerische Kenntnisse sowie Scheu vor der immensen Bürokratie gehören zu den Gründen, wieso die Unternehmensnachfolge - anders als früher - nicht mehr familienintern geregelt werden kann.
Hinzu kommt eine noch junge Entwicklung: In immer mehr familiengeführten Unternehmen gibt es keine Kinder mehr, die die Betriebe übernehmen könnten. Aktuelle Entwicklungen wie der demografische Wandel, der sich auch in der Region immer stärker abzeichnende Fachkräftemangel und damit verbundene Herausforderungen verschärfen Schwöbel zufolge die Herausforderungen für Unternehmen. Zudem fehlt es vielen Unternehmen an notwendigen Finanzierungsmöglichkeiten, um die Übergabe reibungslos zu gestalten.
Frühzeitig mit Unternehmensübergabe beschäftigen
Schwöbel und sein Team von der IHK raten Unternehmen, sich frühzeitig mit der Unternehmensnachfolge zu beschäftigen, und wünschen sich von der Politik einen Abbau der Bürokratie. Nur durch frühe Investition in den Erhalt unternehmerischer Tätigkeit ließen sich die wirtschaftliche Vielfalt, die Stabilität der Region und zahlreiche Arbeitsplätze erhalten. Mit Nachfolgebörsen wie nexxt-change oder einem Moderatorenprogramm Unternehmensnachfolge versuchen Schwöbel und seine Kollegen, Unternehmen bei der Vermittlung zu unterstützten. Die Ziele: Schließungen verhindern, Arbeitsplätze sichern.
Wie eine reibungslose Unternehmensübergabe erfolgen kann, lebt Familie Joos-Spielmann aus Schwetzingen vor. Sie ist Eigentümerin der Welde Braumanufaktur, die ihren Ursprung in Schwetzingen hat und seit 1970 im benachbarten Plankstadt steht. In der Mannheimer Straße in Schwetzingen steht noch heute das Welde Brauhaus: Genau dort, wo Heinrich Joos es 1752 gegründet hatte. Gründer Joos versorgte damals Handwerker, die sich aus allen Teilen Deutschlands zum Bau des Rokokotheaters im Schloss eingefunden hatten, mit Bier.
Bei Welde ist die Unternehmesübergabe geglückt
Das Unternehmen beschäftigt 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und blickt auf eine stolze Geschichte zurück: Seit mehreren Jahrhunderten befindet es sich in Familienhand und wurde - anders als viele familiengeführte Unternehmen - nicht an einen Konzern verkauft. Auch die jüngste Unternehmensnachfolge erfolgte vom Vater auf den Sohn: 2019 übergab Geschäftsführer Hans Spielmann die Leitung der Brauerei an seinen Sohn Max. Der Weitsicht und frühen Sensibilisierung von Hans Spielmann ist die reibungslose Übergabe des Betriebs zu verdanken.
Sohn Max trat bereits 2017 ins Unternehmen ein, so konnte Spielmann ihn in die Geschäftsabläufe einarbeiten. Der Seniorchef hatte sich zudem als Coach ausbilden lassen, um seinen Sohn bei der Übergabe des Familienunternehmens bestmöglich zu unterstützten. Von seinen zwei beiden Söhnen hatte sich der Bierenthusiast Max für die Übernahme des Betriebs entschieden. Seine behutsame Einarbeitung durch den Vater sowie sein international ausgerichtetes betriebswirtschaftliches Studium halfen ihm, sich im Alltag als Geschäftsführer eines Unternehmens zurechtzufinden.
34-jähriger Max Spielmann leitet nun Welde
Nach mehreren Jahren ist Max Spielmann geübt im Alltag als Geschäftsführer. Ginge es nach ihm, seinen Eltern und seinen Mitarbeitern, bliebe das Unternehmen auch in Zukunft ein Familienbetrieb. Der 34-Jährige ist inzwischen Vater einer einjährigen Tochter. Wer weiß, vielleicht wird sie als junge Frau in Zukunft den Betrieb ihres Vaters übernehmen. Sie wäre nicht die erste Frau in der 271-jährigen Geschichte der Welde Brauerei, die das Unternehmen führt.
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