Mannheim. Wer auf eine Elite-Uni geht, hat später bessere Chancen im Beruf – oder etwa nicht? Joshua Angrist, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), stellte diese weit verbreitete Annahme infrage. Bei einem Vortrag an der Universität Mannheim, organisiert vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), erläuterte er seine These: Der Erfolg von Studierenden an Top-Universitäten hänge nicht von der Qualität der Institution ab, sondern davon, dass diese Universitäten bereits die leistungsfähigsten Studierenden auswählen. Hochselektive Universitäten hätten weniger Einfluss auf den späteren Erfolg als häufig angenommen.
Angrist, der 2021 für seine Arbeitsmarktforschung mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurde, prägte den Begriff der „Elite-Illusion“. Diese besagt, dass Schüler nicht erfolgreicher sind, weil ihre Schule so hervorragend ist, sondern weil sie bereits besonders talentiert sind. Das Problem sei, dass solche Schulen vor allem die besten Schüler aufnehmen. Angrist und sein Team analysierten Daten von angesehenen Schulen in Boston und New York.
Die Lehre unterscheide sich kaum von der an anderen Universitäten
Seine Forschung zeigt, dass Studierende, die knapp die Aufnahmeprüfung für eine Elite-Schule bestanden, später nicht erfolgreicher sind als jene, die sie knapp verpasst haben. Beide Gruppen besuchen ähnliche Universitäten und erzielen vergleichbare Testergebnisse. Laut Angrist ist es daher nicht sinnvoll, mit allen Mitteln eine Zulassung an einer renommierten Universität anzustreben, da sich die Lehre dort kaum von der an anderen Universitäten unterscheide. Vielmehr komme es auf die eigenen Fähigkeiten an. Eine Aufnahme an einer Elite-Uni könne daher niemanden „retten“.
Um diesen Effekt zu untersuchen, verglich Angrist Schüler, die knapp aufgenommen wurden, mit denen, die knapp abgelehnt wurden. Diese beiden Gruppen wiesen fast identische Fähigkeiten auf. Das Ergebnis: Der Schulname allein hat nahezu keinen Einfluss auf den späteren Erfolg - wenngleich Angrist das motivierte Netzwerk und die leistungsstarke Atmosphäre renommierter Universitäten lobt.
Wie Angrists These die Uni Mannheim betrifft
Nichtsdestotrotz dürfte diese These Mannheim härter treffen als manch andere Universitäten. Ihre Wirtschaftsfakultät nimmt regelmäßig führende Positionen in internationalen Rankings ein und ist damit selbst von Angrists Argumentation betroffen. Bei den Lehrenden in Mannheim wirft das die Frage auf, wie viel sie tatsächlich zum Erfolg ihrer Absolventen beitragen können.
ZEW-Präsident Achim Wambach, der auch Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität ist, äußert selbstkritische Gedanken: „Wir priorisieren Forschung, aber nicht notwendigerweise gute Lehre“, blickt er auf die forschungsstarke Fakultät. Sie sei „eine der produktivsten“, so Wambach.
Nach seinem Vortrag stellt sich Angrist noch einigen Fragen des ZEW-Präsidenten – wobei der 64-jährige US-Ökonom offenbart, dass er sich zurückhaltend zeigt bei weltpolitischen Einschätzungen, die Journalisten seit der Verleihung des Nobelpreises häufiger anfragen würden. Er bevorzugt Fragen zu seiner Forschung und weitere Datenanalysen, die neue Ergebnisse bieten können. Denn das ist, was ZEW-Präsident Wambach versucht zu betonen: Ökonomische Analysen hielten immer wieder überraschende Ergebnisse bereit.
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