Mannheim. Frau Adelt, mögen Sie Pinguine?
Isabelle Adelt: Ja (lacht).
Fuchs ist Partner und Sponsor des neuen Humboldt-Pinguine-Geheges im Luisenpark für die Buga. 50 000 Euro an Sponsoring-Geldern gibt man als Finanzchefin nicht so gerne her, oder?
Adelt: Diese Entscheidung ist noch vor meiner Zeit bei Fuchs Petrolub getroffen worden. Aber als Mannheimer Unternehmen sind wir uns der Verantwortung vor Ort bewusst. Und für einen guten und vor allem nachhaltigen Zweck geben wir sehr gerne etwas. Sich als Unternehmen auf einem Event wie der Bundesgartenschau zu präsentieren, hat natürlich seinen Reiz. Tatsächlich haben Pinguine zumindest indirekt einen Bezug zu Fuchs-Produkten, schließlich stellen wir Kühlschmierstoffe her - zum Beispiel für Klimaturbinen, die zur Kühlung von Wasser verwendet werden. Die Mannheimer scheinen sich sehr auf die Rückkehr der Pinguine zu freuen, wie ich gehört habe.
Isabelle Adelt
- Isabelle Adelt, 38, sitzt seit November 2022 im Vorstand des Mannheimer Schmierstoffherstellers Fuchs Petrolub. Sie ist unter anderem verantwortlich für Finanzen, Recht und Digitalisierung.
- Adelt hat nach dem Wirtschaftsstudium an der Universität Bielefeld bei der Unternehmensberatung Ernst & Young gearbeitet.
- Danach folgten verschiedene Führungspositionen beim Technologiekonzern Zeiss. Vor Fuchs Petrolub war sie beim Maschinen- und Anlagenbauer Schenck in Darmstadt.
- Laut LinkedIn-Profil spricht sie sechs Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch, Italienisch und Portugiesisch. Adelt lebt mit ihrem Mann in Frankfurt.
Wie gut kennen Sie sich denn mittlerweile mit Schmierstoffen aus?
Adelt: Ich bin schon sehr viel mit dem Vertrieb unterwegs gewesen und hatte Termine mit dem Produktmanagement. Was man zu Schmierstoffen wissen muss - zumindest in meiner Position -, bekommt man relativ schnell erklärt. Ohnehin ist alles gar nicht so unähnlich zu meinem vorherigen Arbeitgeber Schenck in Darmstadt. Das war zwar ein Maschinenbauer, aber auch hier war die Frage: Wie integrieren wir uns in die Prozesse der Kunden? Es geht also darum, ein bestimmtes Wissen der Anwendungen zu besitzen. Denn die Kunden von Fuchs wollen Schmierstoffe nicht chemisch erklärt bekommen - ihnen ist mehr geholfen, wenn Probleme verstanden und Lösungen angeboten werden.
Fuchs Petrolub ist in Familienhand. Spüren Sie einen Unterschied zur Arbeit in einem Private-Equity-Unternehmen?
Adelt: Ja, sehr. Die Entscheidung für ein börsennotiertes Familienunternehmen wie Fuchs habe ich sehr bewusst getroffen. Ich wollte eine Mischung aus meinen beiden früheren Arbeitgebern. Als ich Schenck verlassen habe, wurde gerade die Entscheidung gefällt, das Unternehmen zu zerschlagen und die Einzelteile zu verkaufen. Es ist kein Geheimnis: Bei Private-Equity geht es weniger um die Leute als um die Performance. Der Wert eines Unternehmens soll innerhalb weniger Jahre gesteigert werden, dann wird es verkauft. Vor Schenck war ich bei Zeiss, das von der Familienstiftung geführt wird, also eine ähnliche Unternehmenskultur wie Fuchs Petrolub hat - einen sehr langfristigen Fokus und ein sehr gutes Miteinander. Allerdings hat mir der externe Druck gefehlt.

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Was ist während Ihrer Anfangszeit gut gelaufen, was weniger gut?
Adelt: Gut gelaufen ist - wie erwartet -, dass ich hier sehr herzlich aufgenommen worden bin. Der Mensch und seine Expertise werden geschätzt. Fast alle haben mich mit dem Satz begrüßt: „Willkommen in der Fuchs-Familie.“ Und das ist auch so gemeint. Hmm, was ist weniger gut gelaufen? Das ist eher eine persönliche Sache gewesen und hat mit dem Thema Private Equity von eben zu tun. Ich musste mich erst wieder an die Geschwindigkeit anpassen. Denn bei Private-Equity-Unternehmen ticken die Uhren schneller als irgendwo anders. Im Vier-Wochen-Zyklus tagt der Aufsichtsrat, jetzt bei Fuchs sind es alle drei Monate. Man hat also mehr Zeit, um sich bestimmten Themen zu widmen. Manchmal habe ich es meinen Vorstandskollegen schwergemacht, und sie mussten mich erst einmal bremsen (lacht).
Stichwort Performance, also die Wert-Entwicklung am Markt: BASF und Bilfinger haben harte Sparprogramme aufgesetzt. Sparen Sie bei Fuchs jetzt auch?
Adelt: Die Notwendigkeit für ein hartes Sparprogramm gibt es nicht. Zudem möchte ich das Wort „Performance“ nicht gleichsetzen mit „Sparen“. Für mich bedeutet es, intern Transparenz herzustellen, die Prozesse greifbar und messbar zu machen. Damit lassen sich Unternehmensbereiche vergleichen: Wo läuft es gut, wo etwas weniger gut? Wie lassen sich diese Bereiche auf ein höheres Niveau heben? Dabei unterstützt mein zweites Aufgabenfeld, IT und Digitalisierung. Das erste große Projekt ist, global die Plattform S/4 HANA zu implementieren.
Man hat das Gefühl, dass keine Krise Fuchs etwas anhaben kann. Warum ist das so?
Adelt: Wir sind bei Geografie und Industrien sehr breit aufgestellt. Die Autoindustrie ist ein wichtiger Bereich, aber wir beliefern auch Maschinenbauer mit Schmierstoffen, Lebensmittel- und Windradhersteller. . . Selbst wenn eine Industrie in einem Land schwächelt, kompensiert sich das ganz gut. Fuchs ist zudem dezentral organisiert, mit lokal zusammenhängenden Lieferketten. So produzieren wir zum Beispiel in China für China.
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Inwieweit können Sie höhere Rohstoffkosten weitergeben?
Adelt: Unser Vertrieb hat einen extrem guten Job gemacht. In den letzten zwei Jahren sind die Rohstoffkosten im Durchschnitt um 70 Prozent gestiegen - und diese Steigerungen sind durch Preiserhöhungen fast komplett an die Kundschaft weitergegeben worden. Fuchs ist sehr früh dran und transparent gewesen. Preiserhöhungen finden Kunden natürlich nicht so toll. Aber die Transparenz war wie gesagt da, und wir konnten liefern. Dann war es in diesem Moment okay. Die Marge hat dadurch aber etwas gelitten, das ist klar.
Sind die Preiserhöhungen jetzt durch? Oder anders gefragt: Wie viel Spielraum hätten Sie überhaupt noch für Erhöhungen?
Adelt: Wir hätten vorher nicht gedacht, dass wir die Preise in dieser Häufigkeit erhöhen können. Die Situation ist neu: Rohstoffpreise schwanken, klar. Aber dass sie einfach oben bleiben, das hat es noch nie gegeben. Was dieses Jahr mit den Rohstoffkosten passieren wird, ist eine spannende Frage. So gibt es beispielsweise beim Basisöl in Europa zwar einen Preisrückgang, aber das ist bei uns - anders, als viele denken - nicht das Gros an Rohstoffen, das wir einkaufen. Bei uns dreht sich vieles um Chemikalien und Additive, die wir den Schmierstoffen zusetzen. Hier sind die Preise nach wie vor hoch.
Der Vorstandsvorsitzende Stefan Fuchs ist sich einig mit BASF-Chef Martin Brudermüller - bitte kein China-Bashing. Wie sehen Sie das?
Adelt: Für Fuchs ist die Lage nach meiner Einschätzung weniger gefährlich als für die Weltwirtschaft. Eine Weltwirtschaft ohne China? Schwierig. Aus meiner Sicht macht es sich die Politik einfach, wenn sie sagt: Überlegt euch halt eine Alternative ohne das Land. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass es harte Maßnahmen wie in Russland und in der Ukraine geben wird.
Und wenn China in Taiwan einmarschiert?
Adelt: Meine persönliche Wahrnehmung ist, dass aktuell niemand mit einer militärischen Intervention rechnet.
Was ist mit der ethischen Frage? Darf man mit China Geschäfte machen - einem Land, das massiv Menschenrechte verletzt?
Adelt: Wenn es Grenzüberschreitungen bei Menschenrechten gibt, ist das schlecht. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Viele andere Dinge sind eine Frage der Sichtweise. Zu sagen, in welchem politischen System andere Menschen leben müssen - steht uns das zu? Ich habe acht Jahre in China gelebt - wenn man sich mit Chinesen unterhält, merkt man bei vielen, dass sie gar nicht unglücklich sind. Die Breite der Bevölkerung ist zufrieden damit, wie Themen angegangen werden. Wir sagen: Totale Überwachung - das kann nicht gut sein. Die Chinesen sagen: Wir haben dadurch keine Kriminalität. Die chinesische Kultur ist uns Deutschen sehr fremd. Deshalb war es für mich wichtig, die Sprache zu lernen, um Einblicke in die Kultur, die Geschichte und die Denkweise der Menschen zu bekommen. Zu sagen, alles an China ist böse, deshalb schotten wir das Land jetzt ab, ist zu einfach.
Was ist mit der viel kritisierten Abhängigkeit von China?
Adelt: Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben viele wichtige Fragen beschleunigt. Etwa, ob die Globalisierung, wie sie in den vergangenen Jahren vorangetrieben ist, wirklich gut ist. Stichwort Gasversorgung durch Russland. An eine mögliche Abhängigkeit hat zuvor nie wirklich jemand gedacht oder denken wollen. Oder die Frage danach, ob es Sinn ergibt, dass China das einzige Land ist, das Grundstoffe für Antibiotika produziert.
20 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Fuchs in China. Machen Sie sich keine Sorgen?
Adelt: Wie bereits gesagt, wir sind seit den 1980er Jahren in China für China. Es gibt eigene Produktionen mit eigenen Lieferketten und Partnern vor Ort. Wir exportieren kaum etwas, das wir dort herstellen.
Themenwechsel: Ihre Vorgängerin Dagmar Steinert hatte sich gegen eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten ausgesprochen. Wie stehen Sie dazu?
Adelt: Exakt genauso. In meinem Freundeskreis und in meinen Netzwerken mag niemand das Wort Quote. Es darf nicht um eine Quote gehen, sondern um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Wer am besten qualifiziert ist, sollte einen Job bekommen. Egal, welchen Geschlechts. Diesbezüglich ist in Deutschland noch viel zu leisten.
Was würde das Thema denn voranbringen?
Adelt: Vorbilder! Vorbilder sind vor allem für junge, talentierte und gut ausgebildete Frauen wichtig. Viele Vorstände setzen sich sehr homogen zusammen. In Zukunft ändert sich das hoffentlich, denn die heutige Generation wächst ganz anders auf. Nur Mann und Frau greift da viel zu kurz. Es zählen unterschiedliche Herkünfte, Altersstrukturen - und Meinungen. Auch ein Nicht-Ökonom kann die richtigen Fragen stellen.
Sie leben in Frankfurt. Wie gut kennen Sie Mannheim bisher?
Adelt: Nach der Zeit in Shanghai haben sich mein Mann und ich bewusst für Frankfurt entschieden, weil die Stadt sehr international ist. Mein Mann hat seine Firma dort, auch mein Bruder und seine Familie wohnen in Frankfurt. Das ist unser Nest. Von Mannheim kenne ich von Fuchs-Teamevents schon die Kunsthalle, zudem bin ich auf dem Weihnachtsmarkt gewesen. Aber das ist alles noch ausbaufähig. Zur Buga werde ich definitiv gehen. Schon allein wegen der Pinguine.
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