Das Wichtigste in Kürze
* Forvis Mazars hat einen neuen Standort in Mannheim eröffnet. * Die Firma will in der Region Rhein-Neckar wachsen. * Es gibt Pläne für mehr Mitarbeiter und größere Kundenkreise.
Mannheim. Die international aufgestellte Prüf- und Beratungsgesellschaft Forvis Mazars will jetzt auch in der Metropolregion Rhein-Neckar verstärkt Fuß fassen. In Mannheim hat sie deshalb Anfang März ihren 13. Standort in Deutschland eröffnet. Standortleiter Georg Becker erklärt im Interview die Gründe dafür.
Herr Becker, wie viele Leute sitzen bei Ihnen denn jetzt im Victoria-Turm?
Georg Becker: Wir haben aktuell 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und werden weiter personell wachsen. Ich habe heute Morgen erst zwei weitere Bewerbungsgespräche mit aussichtsreichen Kandidaten geführt.
35 Leute, das ist schon eine Hausnummer. Sie sind also keine Briefkastenfirma.
Becker: Definitiv nicht.
Trotzdem würde es mich interessieren, warum Forvis Mazars jetzt ausgerechnet in Mannheim aufschlägt. Sie haben doch auch Standorte in Stuttgart und Frankfurt, die liegen gar nicht so weit weg. Und führen Sie das Geschäft nicht auch weiter von Frankfurt aus?
Becker: Nein, ich arbeite natürlich hier in Mannheim. Ich bin ein Kind der Metropolregion Rhein-Neckar und fühle mich mit den Menschen hier und der Region sehr eng verbunden. Trotz meiner beruflich bedingten Auslandsaufenthalte hat es mich nie von hier weggezogen.
Schön, aber nur, weil es Ihnen hier so gut gefällt, hat Forvis Mazars bestimmt nicht einen neuen Standort eröffnet.
Becker: Natürlich nicht. In den vielen Gesprächen mit unseren Mandanten oder Interessenten, aber auch in meinem persönlichen Netzwerk, war der Auftrag an uns eindeutig: Wir wollen einen Ansprechpartner vor Ort sitzen haben. Diesen Wunsch haben wir jetzt erfüllt. Es gibt ja so viele Unternehmen mit einem großen Namen in der Metropolregion: BASF, Bilfinger, SAP, Fuchs, Heidelberg Materials, Hornbach, Südzucker, Freudenberg. Phoenix, Hutchinson, MVV und andere. Hier tummelt sich zudem eine Vielzahl von mittelständischen und familiengeführten Unternehmen.
Georg Becker
Georg Becker (Jahrgang 1972) wurde in Landau (Südpfalz) geboren. Er wohnt im Landkreis Südliche Weinstraße.
Der Diplom-Betriebswirt ist seit 2000 in der Wirtschaftsprüfung tätig und betreut bei Forvis Mazars große Familienunternehmen und kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie den gehobenen Mittelstand, auch in der prüfungsnahen Beratung.
Becker ist auch in der Ausbildung an Hochschulen aktiv (Universität Mannheim , Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen ). was
Die haben aber wahrscheinlich alle schon Verträge mit Ihrer Konkurrenz. Dann müssen Sie ja den Platzhirschen wie zum Beispiel Rittershaus oder SZA Schilling, Zutt & Anschütz die Kunden abjagen.
Becker: Das sind ja mehr oder weniger Rechtsanwaltskanzleien, wir haben unseren Schwerpunkt aber auf dem Geschäftsfeld der Wirtschaftsprüfung und Beratung. Dort sind die von Ihnen genannten Kanzleien weniger aktiv. Und natürlich haben wir auch schon ein ordentliches Portfolio an Mandanten in der Metropolregion gewinnen können.
Dazu gehört zum Beispiel auch das Bahntechnik-Unternehmen Alstom in Mannheim. Wer noch?
Becker: Verstehen Sie bitte, in unserer Branche ist man da sehr diskret. Wir wollen hier in Mannheim das Portfolio Mittelstand bis hin zu großen globalen Unternehmen bedienen.
Mit einem Jahresumsatz von 335 Millionen Euro kann Forvis Mazars nicht mit den Big Four, also PwC, Deloitte, KPMG oder EY, mithalten. Wie sehen denn Ihre Zukunftpläne aus?
Becker: Wir wollen als Forvis Mazars in Deutschland mittelfristig die 500-Millionen-Euro-Marke überspringen. Der Markt hat es auch freudig aufgenommen, dass Mazars ...
... ein Unternehmen mit französischen Wurzeln ...
Becker: ... durch das Netzwerk mit der US-Beratungsgesellschaft Forvis von der Größe her in eine neue Dimension vorgedrungen ist. Der Markt nimmt uns jetzt schon als Challenger wahr. Wir wollen auch in der Metropolregion vor allem in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung unser Know-how anbieten.
In Ihrer jüngsten Presseerklärung betont Ihr Unternehmen, dass es einen starken Zuwachs bei großen Mandaten gegeben hat. Dax-Konzerne sind da aber nicht dabei, oder?
Becker: Wir wollen ein organisches und gesundes Wachstum haben. Ich bin mir aber sicher, dass wir auch in absehbarer Zeit Dax-Unternehmen betreuen werden, weil wir hochwertige Dienstleistungen erbringen und auch die notwendige Schlagkraft dafür haben. Manchmal kommen Gewinne ja auch zu früh oder zur falschen Zeit. Wir wägen deshalb schon ab, welche Mandate wir in den nächsten zwei bis drei Jahren annehmen werden.
Warum?
Becker: Sie haben ja gerade schon die Big Four angesprochen. Dort herrscht eine große Fluktuation in der Belegschaft. Bei uns ist das nicht der Fall. Wir wollen ein gutes Betriebsklima. Dann dürfen Sie aber auch ihr Personal nicht überlasten. Das sorgt nicht nur für Frust bei den Beschäftigten, die Ihnen dann vielleicht sogar reihenweise weglaufen. Darunter leidet in der Konsequenz die Qualität. Und darauf reagieren die Mandanten dann natürlich auch allergisch.
Bei Ihnen sind die Umsätze im Bereich der Wirtschaftsprüfung im Vergleich zum vorherigen Geschäftsjahr um ein Viertel gestiegen. Ich nehme mal an, dass das kein Zufall ist.
Becker: Das stimmt. Wir haben eine große Leidenschaft für die Wirtschaftsprüfung, das ist ein wichtiger Teil unseres Geschäfts. Viele Konkurrenten haben ihren Schwerpunkt eher in der Beratung. Wir haben auch eine starke Steuerabteilung und sehen den Bedarf an Beratung. Wir sind multidisziplinär aufgestellt.
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Firmeninsolvenzen nach Angaben des Statistischen Bundesamts stark gestiegen, nämlich um 16,8 Prozent. Zuletzt war die Zahl vor fast zehn Jahren so hoch. Für dieses Jahr erwarten Experten sogar einen neuen Rekord. Glauben Sie das auch?
Becker: Natürlich haben wir gegenwärtig eine schwache Wirtschaft, das setzt den Unternehmen verständlicherweise zu. Aber mit Blick auf unsere Mandanten, also den großen Unternehmen und dem Mittelstand, kann ich da keine große Welle erkennen.
Die Statistik lügt aber nicht.
Becker: Ich will ja auch nicht abwiegeln. Dass der kleinere Mittelstand leidet, ist ja kein Geheimnis. Das liegt natürlich auch an gesunkenen Umsätzen. Viel mehr setzen diesen Unternehmen aber die Bürokratisierung und sonstige Preisentwicklungen zu. Ein Handwerksbetrieb zum Beispiel braucht acht bis zehn Handwerker, damit er sich eine Bürokraft leisten kann. Ein Dax-Unternehmen braucht für jede neue Kennzahl, die berichtet werden darf, einen Prozess, Prüfschleifen und mehr. Das kostet Ressourcen und Geld. Fehlendes Wachstum, der Fachkräftemangel und eben auch die ganzen bürokratischen Vorschriften des Staats setzen diese Betriebe besonders unter Druck. Und natürlich muss dann auch der ein oder andere Insolvenz anmelden.
Sie schimpfen zu Recht auf die Bürokratie des Staates. Aber auch in den Unternehmen hemmt doch sicherlich auch der ganze bürokratische Apparat die Produktivität.
Becker: Ja, da haben Sie einen Punkt. Sie haben vorher die Big Four erwähnt. Das sind zum Teil Unternehmen mit weltweit bis zu 400.000 Mitarbeitenden oder mehr. Wenn ein Hochschulabsolvent der Uni Mannheim eine Bewerbung abschickt und die dann um die Welt geht und er erst nach zwei Wochen zu einem Gespräch eingeladen wird, finde ich das nicht gut. Bei uns dauert das nur ein paar Tage. Die Bürokratie innerhalb der Unternehmen ist also auch ein Hemmschuh. Dennoch würde ich mal schätzen, dass die Bürokratie, die von außen auf uns hereinprasselt, mindestens doppelt so hoch ist, wie die interne.
Letzte Frage: Ist die junge Generation wirklich so arbeitsscheu, wie es uns manche Leute weismachen wollen?
Becker: Nein, das ist ein Klischee, das ich in dem Segment, in dem wir suchen und Gespräche führen, überhaupt nicht so wahrnehme. Geändert hat sich allerdings das Arbeitsklima - und das ist auch gut so. Als ich meine erste Stelle angetreten habe, kam irgendwann mal eine Mail von unserem Vorstand, dass wir jetzt die Krawatte im Büro ablegen dürften. Wir hatten keine Klimaanlage und draußen waren es 30 Grad. Allerdings hieß es auch: Wenn Mandantenbesuch kommt, gibt es kein Erbarmen. Die Zeiten ändern sich und wir müssen flexibel bleiben und darauf reagieren. Ich sehe die Leidenschaft als Schlüssel zum Erfolg.
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