Eppelheim. Vegan ist im Trend, und das lässt auch den US-Konzern ADM nicht kalt, der 2014 die in Eppelheim vertretene Wild Flavours GmbH übernahm. ADM, ein Hersteller von Zusätzen für Speisen und Getränke, hat vegane Lebensmittel als Geschäftsfeld im Blick, unter anderem den fleischlosen Burger beziehungsweise den veganen „Patty“, die Scheibe zwischen den Brötchenhälften. Eine „Komplettlösung“ biete ADM dafür an, so kürzlich der Geschäftsführer von ADM Wild Europe, Martin Steinmann, in Eppelheim.
„Wir haben die Proteine, wir haben die Aromen, wir haben die Funktionalität, und wir haben das Knowhow, wie man das zusammenbringt, um unseren Kunden zu helfen, es dann eben auf dem Markt erfolgreich einzuführen“, so Steinmann bei einem Standort-Besuch von Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, Landrat Stefan Dallinger (beide CDU) und Abgeordneten. Nach Steinmanns Worten ist Europa ein „Trendsetter“ bei veganen Burgern, die auch in Fastfood-Ketten in Deutschland zu haben sind. Gewonnen werden die ADM-Proteine zum Beispiel aus Weizen.
Aroma-Produkte für die Getränkeindustrie
Der Eppelheimer Standort der ADM Wild Europe GmbH & Co. KG (kurz: ADM Wild) gehörte früher zur Wild Flavours GmbH, einem Hersteller von Düften, Aromen und Lebensmittelfarben auf natürlicher Grundlage aus dem Imperium von „Capri-Sun“-Besitzer Hans-Peter Wild. Wild Flavours lieferte seine Aromen-Produkte an die gesamte Branche – von der Fruchtzubereitung für den Joghurt über Tee-Extrakte bis zum Minze-Öl für die Getränkeindustrie.
Wild und sein Mitgesellschafter, der Finanzinvestor KKR, verkauften die GmbH für 2,3 Milliarden Euro an ADM, laut Steinmann heute einer der vier weltgrößten Lebensmittelkonzerne. Rund 800 Mitarbeiter des Wild-Stammwerks in Eppelheim bekamen einen neuen Chef. ADM werde zusammen mit Wild Flavours zu einem global führenden Anbieter von Aromen und Spezialitäten, so die damalige ADM-Chefin Patricia Woertz.
Spirit aus beiden Welten
Die Bilanz heute klingt positiv. „Ich glaube, was wir die letzten acht Jahre geschafft haben, ist, wirklich das Beste aus diesen beiden Welten – einen amerikanischen Konzern und ein Familienunternehmen im eigentlichen Sinn – zusammenzuführen und auch diesen Spirit aus beiden Welten zu behalten“, so Steinmann.
Eppelheim ist der größte deutsche ADM Wild-Produktionsstandort, weitere Anlagen gibt es in Nauen und Berlin. Das Produktportfolio umfasst Aromen, Grundstoffe und Mischungen sowie Farben, Extrakte und weitere Produkte für die Lebensmittel- und Getränketechnologie. Insgesamt hat ADM in Deutschland 21 Standorte, über alle Bereiche hinweg einen Jahresumsatz von 2,6 Milliarden Euro (2022) und 2900 Mitarbeiter. In Eppelheim ist die Zahl der Beschäftigten auf mehr als 1100 gestiegen.
Der Standort vereint Produktion, Vertrieb und Marketing sowie Forschung, Produktentwicklung und -anwendung. „Was wir hier am Standort machen: Wir fügen die ingredients (auf Deutsch: Zutaten), die wir bei ADM haben, zu einer Lösung zusammen“, so Steinmann. In Eppelheim wird vor allem nach Alltags-Lösungen für den Menschen gesucht. Lösungen für das Mikrobiom, die Bakterienkultur im Darm, könne man heute per Kapsel aufnehmen, in Zukunft könnten sie beispielsweise in einem Getränk mit spezieller Funktionalität enthalten sein – so wie heute Vitamine einem Getränk zugesetzt werden, sagt Steinmann.
Er hebt hervor, wie wichtig es aus seiner Sicht ist, die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen. Bei dem prognostizierten Wachstum der Weltbevölkerung werde man das in 30, 40 Jahren mit dem heutigen Mix aus tierischen und pflanzlichen Proteinen nicht schaffen. ADM forsche deshalb nach neuen Wegen zur Proteingewinnung, etwa aus der Luft.
Ein weiterer Schlüsseltrend sind Gesundheit und Wohlbefinden. Hier geht es um die Themen Funktionalität und Lebensmittel, auch für Tiere. Der Konzern forsche an Lösungen für das Mikrobiom, um beispielsweise die Antibiotikagabe zu verringern.
Über Eppelheim sagt Steinmann: „Wir sind am Wachsen. Wir planen, auch in diesen Standort weiter zu investieren, und von daher läuft alles in die richtige Richtung.“ Erweiterungen seien geplant. Bis jedoch alle Genehmigungen erteilt seien, könne er keine weiteren Details nennen. Und hier sieht er Verbesserungsbedarf: bei Geschwindigkeit, Bürokratie und Digitalisierung. Ansichten, die die Ministerin weitgehend teilt.
Belastungen durch Lkw-Verkehr
„ADM Wild läuft unseres Erachtens gut“, sagt Elwis Capece von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region Mannheim-Heidelberg. Nach seinen Worten ist die Lebensmittelindustrie „im Allgemeinen sehr gut durch die Krise gekommen, trotz der Belastungen, die die Arbeitgeber reklamieren“.
Wegen Belastungen durch Lkw-Verkehr wünscht sich Eppelheims Bürgermeisterin Patricia Rebmann (parteilos) beim Ministerinnenbesuch per Video „einen eigenen Autobahnanschluss“ für ADM Wild und Capri-Sun. Auf Anfrage dieser Redaktion teilt Rebmann mit, trotz Beschilderungen führen sich noch zu viele Lkw im Wohngebiet fest. Eine Sprecherin der Ministerin sagt, diese habe ihr Haus gebeten, bezüglich der Eppelheimer Situation „auf das Verkehrsressort zuzugehen“.
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