encourageventures - Die Heidelberger Mit-Initiatoren Ina Schlie ist stolz darauf, wie schnell das neue Netzwerk encourageventures gewachsen ist - auch mit Start-ups aus der Region.

Frauen-Netzwerk für Investorinnen und Gründerinnen feiert ersten Geburtstag und riesige Resonanz

Von 
Bettina Eschbacher
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© iStock, Markus Winter/Faktenhaus

Ein Netzwerk von Investorinnen für Gründerinnen - mit dieser Idee ist Encourageventures vor einem Jahr gestartet. Das Ziel: Mehr Sichtbarkeit, mehr Kapital und mehr Vorbilder, um andere Frauen zu ermutigen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Inzwischen sind 460 Start-ups und 470 Investorinnen dabei. Im Schnitt registrieren sich monatlich 40 neue Start-ups bei Encourageventures. Kein Wunder, dass Mitgründerin und Co-Vorsitzende Ina Schlie aus Heidelberg das erste Jahr als vollen Erfolg wertet: „Ich bin unglaublich stolz, dass sich so viele Frauen einbringen.“

Prominente Investorinnen

Zu den Investorinnen zählen namhafte Managerinnen und Unternehmerinnen wie Douglas-CEO Tina Müller, Bahn-Vorständin Sigrid Nikutta, Bosch-Vorständin Tanja Rückert oder auch Ex-Bundesministerin Brigitte Zypries.

Das Besondere laut Schlie sei, dass diese sich nicht nur als Geldgeberinnen verstehen. Die Start-ups werden in allen Phasen ihrer Entwicklung beraten, Austausch und Mentoring seien extrem gefragt. „Das Tolle ist, dass wir auch Frauen begeistern, die sonst nicht in Start-ups investieren würden, wie zum Beispiel gestandene Familienunternehmerinnen“, sagt die Heidelbergerin, die zuvor lange Jahre bei SAP gearbeitet hat.

Rund 80 Start-ups haben davon schon profitiert. „Encourageventures hat sich von einem Netzwerk zu einem Ecosystem entwickelt, bei dem sich die Investorinnen und Gründerinnen gegenseitig weiterbringen“, so Schlie. Rund 50 Veranstaltungen gab es bisher. Die Formate reichen von Matchings, wobei passgenau Investorinnen und Gründerin gesucht werden, über Workshops und klassisches Mentoring bis zu Pitch-Nights, in denen die Start-ups in Kurzform ihre Idee vorstellen. Die meisten Events finden virtuell statt. Es formieren sich aber auch immer mehr „Regionalhubs“, die sich vor Ort treffen.

Unterstützt werden Start-ups aus den unterschiedlichsten Branchen. Voraussetzung ist, dass mindestens eine Frau zum Gründungsteam gehört. Auf besonderes Interesse stoßen dabei Tech-Start-ups, zum Beispiel das von Jana Krotsch. Sie ist Mitgründerin von ubiMaster, einer digitalen Nachhilfeplattform. Und hat bei Encourageventures laut Mitteilung nicht nur Geldgeberinnen gefunden, sondern vor allem „motivierte Partnerinnen, die uns dabei unterstützten, unser Unternehmen auf das nächste Level zu heben und weiter wachsen zu können“.

Auch Start-ups in der Region werden von dem Netzwerk unterstützt. Etwa Living Brain aus Heidelberg, das bereits 1,4 Millionen Euro eingesammelt hat. Living Brain hilft, mit 3D-Technologie Schlaganfall-Patienten schnell mobil zu machen. Mit spielerischen Anwendungen sollen Betroffene im Alltag trainieren können, auch mit speziellen Virtual-Reality-Brillen.

Ebenfalls aus Heidelberg kommen Spoontainable. Die Geschäftsidee: Essbares Besteck aus natürlichen Zutaten, mit dem sich Abfall vermeiden lässt. Wie viel Geld innerhalb des ersten Jahres in die neuen Unternehmen geflossen ist, lässt sich laut Schlie nicht genau beziffern. Aber: „Die Investorinnen nehmen selbst sehr viel Geld in die Hand, da geht es um Summen zwischen 10 000 und 300 000 Euro.“

Und da das Netzwerk immer bekannter wird, interessieren sich auch Fonds dafür. Einige der Mitgliederinnen von Encourageventures greifen Schlie zufolge auch auf solche professionellen Wagniskapitalgeber als ein Standbein zur Finanzierung zurück. „Venture Capital-Fonds entdecken unsere Themen gerade für sich.“ Das hat zu einem neuen, ungewöhnlichen Format geführt. In einer VC-Fund-Night stellten sich vier weiblich geführte Venture Capital-Fonds den Investorinnen und Gründerinnen vor - sonst läuft es ja umgekehrt.

„Ohne Corona wären wir nicht so schnell so groß geworden - unsere hochkarätigen Investorinnen und Mentorinnen hatten in der Pandemie mehr Zeit“, erklärt die Mitgründerin. „Das Konzept von Encourageventures wurde rein in virtuellen Meetings entwickelt.“ Daraus haben sich - ganz Corona-konform - dann auch die digitalen Formate für die Start-ups entwickelt. Das wiederum hat den Vorteil, dass auch schnell internationale Mitglieder dazugekommen sind, etwa aus Tel Aviv oder sogar dem Silicon Valley in den USA. Die nächste Idee, um das Netzwerk zu erweitern, hat Schlie schon in Planung: Encourageventures soll Fördermitgliedschaften für Unternehmen anbieten, die sich inhaltlich oder finanziell einbringen könnten.

Politische Arbeit wird ausgebaut

Und was sind die nächsten Ziele? Schlie: „Wir wollen die politische Arbeit ausbauen, deshalb sind die aktuellen Studien so wichtig.“ So war Encourageventures auch an der Entwicklung der neuen Start-up-Strategie der Bundesregierung beteiligt. Und hat jetzt zwei Forschungsprojekte initiiert, die zu einer besseren Datenlage über weibliche Gründungen führen sollen.

Untersucht werden in einer Studie Unterschiede im Verhalten von Investorinnen und Investoren. Schließlich beklagen Gründerinnen häufig, dass sie von Investoren benachteiligt werden - weil Männer offenbar lieber in Unternehmen von Männern investieren. In der zweiten Studie geht es um die Herausforderungen, mit denen sich Frauen im Laufe des Gründungsprozesses konfrontiert sehen. Dazu gehört, dass sie oft schwerer an Kapital kommen als Männer.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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