Mannheim. Die Mannheimer Deutsche Rohstoff AG bohrt in den USA nach Öl. Im Augenblick profitiert der deutsche Spezialist für die Erschließung von Öl- und Gasvorkommen von boomender Nachfrage und steigenden Preisen. Deutsche Verbraucher, sagt Vorstandschef Jan-Philipp Weitz, müssen sich in den kommenden Monaten auf weiter steigende Preise einstellen. Sinkende Fördermengen und die weltweit steigende Nachfrage nach Öl könnten den Rohstoff empfindlich verteuern, prognostiziert Weitz. Autofahrer und Besitzer von Ölheizungen müssten sich auf weiter steigende Preise einstellen: „Die Unterversorgung kann den Preis empfindlich treiben“.
Aktuell notieren die Erdölpreise knapp unterhalb ihres Höchststandes im vergangenen November. Große Förderländer wie Saudi-Arabien wollen ihre Lieferungen mindestens bis Jahresende begrenzen. Die Ölförderkürzungen werden auch nach Einschätzung der Internationalen EnergieAgentur (IEA) bis Ende des Jahres zu einem erheblichen Angebotsmangel führen. Gleichzeitig bleibt die Energienachfrage hoch, vor allem in China steigt sie wieder.
Jeden Tag rund 100 Millionen Fässer Öl
„Die Weltbevölkerung wächst und benötigt immer mehr Öl“, sagt Weitz. Jeden Tag seien es rund 100 Millionen Fässer. Die Nachfrage habe das Vor-Corona-Niveau bereits deutlich übertroffen. Bis 2030 werde ein weiterer Anstieg auf 107,5 Millionen Barrel erwartet. Etwa 85 Prozent der weltweit verbrauchten Primärenergie stammten aus Öl, Gas und Kohle. Das deutsche Konsumverhalten habe vor diesem Hintergrund nur minimalen Einfluss auf den Energiemarkt.
Aktuell produziert die Deutsche Rohstoff nach eigenen Angaben in drei Bundesstaaten aus mehr als 300 Bohrungen. Gebohrt werde in Utah, Wyoming und Colorado. Ein Schwerpunkt liegt in den Becken rund um die Rocky Mountains. Die Region ist bekannt für ihre reichen Ölvorkommen. Seit etwa 15 Jahren dominieren Horizontalbohrungen die Entwicklung. Im vergangenen Jahr betrug die Jahresproduktion der Deutschen Rohstoff dreieinhalb Millionen Barrel of Oil Equivalent (BOE).
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Zu den Risiken für seine Branche zählt Weitz rückläufige Investitionen in die Förderung: „Wir blicken auf eine Dekade an Underinvestment im Bereich der Produktion“, sagt er. In den USA sei die Zahl der Bohrungen vor allem im Verlauf der Pandemie wegen fehlender Nachfrage deutlich zurückgegangen „Gab es 2015 noch 2 000 aktive Bohranlagen, sind es heute noch 630, rechnet Weitz vor. „Trotz guter Wirtschaftlichkeit ist die Zahl der neuen Bohrungen auf einem historischen Tiefstand“. Auch in den USA mache sich zudem das Bemühen um die Energie-Transformation bemerkbar. Im Verhältnis zu den benötigten Energiemengen sei der Anteil an erneuerbaren Energieträgern am nationalen Verbrauch allerdings minimal. Die Zinswende verteuere die Finanzierung, der Zugang zu frischem Kapital sei schwieriger geworden.
Höhere Mehrwertsteuer auf Erdgas?
Auch für den Gaspreis erwarten Experten absehbar deutliche Preissteigerungen. Der Umfang werde auch vom Angebot aus neuen Liefer-Ländern wie Norwegen und der Verfügbarkeit von Flüssiggas (LNG) abhängen, erwartet Weitz. Dass Gaskunden sich zum Jahreswechsel offenbar auf höhere Preise einstellen müssen, liegt unter anderem daran, dass das Finanzministerium früher als erwartet wieder eine höhere Mehrwertsteuer auf Erdgas ansetzen will. Sollten die Anbieter das vollständig weitergeben, steigen die Gaspreise für private Haushalte nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox zum Januar um rund elf Prozent. Wegen der Preisexplosion in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme im vergangenen Jahr steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent gelten.
Für das erste Halbjahr verzeichnet die Deutsche Rohstoff einen Rekordumsatz von rund 75 Millionen. Euro. Auch für das Gesamtjahr geht das Unternehmen von einer stabilen Entwicklung aus. Im vergangenen Jahr waren die Erlöse um 126 Prozent auf 165 Millionen Euro gestiegen, der Gewinn um 151 Prozent auf 66 Millionen Euro.
Um weiteres Wachstum zu finanzieren, wird aktuell eine vierte Unternehmensanleihe über 100 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis zum 25. September. Inhaber der Anleihe von 2019 können den Bond noch bis 21. September in die neue Anleihe tauschen. Käufer der Papiere sind überwiegend aber nicht nur institutionelle Anleger. Ihnen bietet das Unternehmen für ihr Investment aktuell Zinsen von 7,5 Prozent. Die Refinanzierung habe sich im Zuge der Zinswende verteuert, gibt Weitz zu.
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