Mannheim. Schon seit Jahren werden millionenschwere Kartellklagen von Industriekunden gegen Südzucker (Mannheim), Nordzucker (Braunschweig) und Pfeifer & Langen (Köln) verhandelt. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Sache. Anfang Juni stehen zwei wichtige Termine am Landgericht Mannheim an. Und eine Verhandlung in Düsseldorf könnte eine Wendung zugunsten der Kläger bedeuten.
Um was geht es überhaupt?
Das Bundeskartellamt hatte 2014 gegen die drei Zuckerhersteller Bußgelder in Höhe von insgesamt 280 Millionen Euro verhängt. Die Unternehmen hätten zwischen 1996 und 2009 verbotenerweise ein „Gebietskartell“ gegründet, um sich beim Verkauf von Zucker nicht in die Quere zu kommen. Dadurch sei Preiswettbewerb verhindert worden. Auf Südzucker entfiel mit rund 195,5 Millionen Euro der höchste Anteil der Kartellstrafe. Der Mannheimer Konzern hatte sie akzeptiert, „um Rechts- und Planungssicherheit zu erlangen“. Das Eingeständnis einer Schuld gab es nicht.
Wie ist es zu den zahlreichen Verfahren gekommen?
Industriekunden waren und sind der Ansicht, durch das Kartell zu viel für Zucker gezahlt zu haben und fordern Schadenersatz. Im Jahr 2015 kam eine Prozesslawine ins Rollen. Das Landgericht Mannheim führt die Klagen unter anderem von Nestlé (50 Millionen Euro), Katjes (37,2 Millionen Euro), Müller Milch (32,6 Millionen Euro) und Zott (4,5 Millionen Euro) als Pilotverfahren. Nach Informationen der „Lebensmittel Zeitung“ sind im Fall des Zuckerkartells bundesweit rund 90 Klagen vor unterschiedlichen Gerichten anhängig. Das gesamte Forderungsvolumen dürfte mit Zins und Zinseszins die Milliardengrenze überschreiten.
Was sagt Südzucker zu den Vorwürfen?
Südzucker kommentiert keine laufenden Verfahren. Man sei weiterhin überzeugt, dass Kunden kein Schaden entstanden sei, erklärt ein Sprecher lediglich.
Warum sind noch keine endgültigen Entscheidungen gefallen?
Allein mehr als 1000 Seiten dick ist die Hauptakte im Fall Nestlé gegen Südzucker – Anlagen nicht mit eingerechnet. Die Materie ist äußerst komplex, dazu trägt der Zuckermarkt in Deutschland bei. Er ist ein sogenanntes Oligopol: es gibt wenige Anbieter und viele Nachfrager. In einem Oligopol ist es oft so, dass der Marktführer (also Südzucker) den Preis vorgibt – und die anderen folgen quasi stillschweigend. Wären die Preise ohne Kartell überhaupt anders ausgefallen? Ist es tatsächlich durch Absprachen zu überhöhten Preisen für Kunden gekommen? An diesen Fragen scheiden sich die Geister.
Welche neue Entwicklung gibt es?
Im Oktober 2020 hatte das Landgericht Köln Schadenersatzforderungen unter anderem von Lambertz, Krombacher, Ehrmann und anderen Klägern im Gesamtvolumen von 126 Millionen Euro abgewiesen. Es könne nicht mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die kartellrechtswidrigen Absprachen beim sogenannten Verarbeitungszucker zu erhöhten Preisen geführt haben, erklärte das Landgericht damals. Stütze war ein Gutachten des Ökonomen Justus Haucap. Eine Einschätzung, die das Oberlandesgericht Düsseldorf nun aber offensichtlich nicht teilt. Das berichten laut „Lebensmittel Zeitung“ Beobachter einer mündlichen Verhandlung, die vor Kurzem zu den drei in Düsseldorf anhängigen Verfahren abgehalten wurde. Demnach will der Senat am 15. Juni verkünden, wie die Prozesse weitergehen sollen. Es gilt als wahrscheinlich, dass ein neues Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben wird.
Und welche wichtigen Termine sind demnächst in Mannheim geplant?
Anfang Juni wird Justus Haucap vor dem Landgericht Mannheim als Gutachter zu den dort anhängigen Schadenersatzklagen gegen die Zuckerkartellanten angehört. Die Termine zur Sachverständigenanhörung und mündlichen Verhandlung seien am 1. und 2. Juni im Gartensaal des Mannheimer Schlosses geplant, teilt ein Gerichtssprecher mit. Nach einem Medienbericht kommt Haucap in seinem Gutachten für das Mannheimer Gericht durchaus zu dem Schluss, dass die Preise aufgrund der Absprachen zwischen den Herstellern gestiegen sind – zwischen 7,5 und 10,6 Prozent.
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