Walldorf. Das Gebäude WDF 21 in Walldorf. Zum ersten Mal seit Corona richtet der Softwarekonzern SAP die Jahrespressekonferenz wieder in Präsenz aus. Für Finanzchef Luka Mucic ist es ein Abschied. Aber dazu später mehr.
Erst einmal geht es um die Cloud. Vorstandssprecher Christian Klein treibt seit nun schon mehr als zwei Jahren den Umbau des Konzerns voran. Er will das Kerngeschäft mit Software-Lizenzen zur Unternehmenssteuerung in ein cloudbasiertes Abo-Modell wandeln.
Die Investitionen in die Zukunft gehen aber zunächst zulasten des Ergebnisses. Es sei nie leicht, ein Unternehmen dieser Größe zu transformieren, erklärt Klein. Doch der Konzern habe einen wichtigen Wendepunkt erreicht und gezeigt, „dass SAP jetzt ein richtiges Cloud-Unternehmen ist“.
„Grundlegend falsch“
Vor allem ein Cloud-Unternehmen, das das Kerngeschäft stärken und noch effizienter werden will. SAP plant deshalb, weltweit 3000 von rund 112 000 Arbeitsplätzen abzubauen. 200 davon in Deutschland. Die jährlichen Kosten sollen durch den Schritt um 350 Millionen Euro sinken.
Klein und Mucic sprechen von einer „gezielten Restrukturierung“. Selbst Entlassungen sind möglich. Bei Mitarbeitervertretern wie Andreas Hahn, Vorsitzender des europäischen Betriebsrats, stößt das Management auf Kritik. „Bei einem trotz widrigster Umstände so guten Ergebnis einen Personalabbau durchzuführen, halte ich für grundlegend falsch“, sagt er dem „Handelsblatt“.
Hierzulande solle es allerdings keine betriebsbedingten Kündigungen geben, erklärte Cawa Younosi, Personalchef von SAP Deutschland, dieser Redaktion. Unter dem „Rahmensozialplan“ soll mit jedem Betroffenen gesprochen und ihm oder ihr einen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen angeboten werden. Younosi fügte hinzu, dass weiterhin eingestellt werde. Es gebe keinen Einstellungsstopp.
„Mit SAP wird es nie langweilig, wir haben noch mehr Neuigkeiten“, fährt Klein fort. Was er damit meint: Der Softwarekonzern spielt mit dem Gedanken, sich von der Mehrheitsbeteiligung an Qualtrics zu trennen. Das 2018 von Klein-Vorgänger Bill McDermott für acht Milliarden US-Dollar zugekaufte US-Marktforschungsunternehmen gehört offenbar nicht mehr zu den Überlegungen Kleins für die Zukunft der Walldorfer.
Im vergangenen Jahr machte SAP am Ende noch etwas verlorenen Boden gut im eigentlichen Geschäft. Der Jahresumsatz stieg auch dank der anziehenden Geschäfte mit Cloudsoftware zur Nutzung über das Netz um insgesamt elf Prozent auf 30,9 Milliarden Euro, ohne den schwachen Euro wäre der Erlös aber nur um fünf Prozent geklettert. Unter dem Strich sackte der Nettogewinn um gut zwei Drittel auf 1,71 Milliarden Euro ab, vor allem weil die Risiko-Beteiligungen an Start-ups nicht so viel Bewertungserträge beisteuerten wie im Jahr zuvor. „Das Schlussquartal ist bei der Marge nicht so gut wie erhofft“, fügt Mirko Maier, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, hinzu.
Klein bezeichnet Luka Mucic als Mentor
Der Aktienkurs verlor am Nachmittag mehr als drei Prozent, erholte sich dann aber später wieder etwas. Die Hauptversammlung am 11. Mai findet übrigens in Präsenz statt, und zwar wie früher in der Mannheimer SAP Arena.
Nun zu Luka Mucic. Der Finanzchef verlässt, wie schon länger bekannt, das Unternehmen Ende März. Zuvor arbeitet er noch seinen Nachfolger ein, den Airbus-Finanzchef Dominik Asam.
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Mucic ist ein Urgestein bei SAP. Klein bezeichnet ihn als seinen Mentor. Bei Analysten wird er hoch geschätzt, als sattelfest bei den Zahlen und einer, der auch im operativen Geschäft tief drin ist, bezeichnet. Mucic stammt aus der Region, was für ihn ein unbestreitbarer Vorteil gewesen ist und immer noch ist. „Luka Mucic ist halt ein Walldorfer – und die Walldorfer Beschäftigten sehen ihn als einen von ihnen an“, meint Analyst Mirko Maier.
Zitat von John Lennon
Mucic, Jahrgang 1971, hat einen Abschluss der Mannheim Business School sowie das Zweite Staatsexamen in Jura. Er begann 1996 in der Rechtsabteilung von SAP. Nach und nach übernahm er Aufgaben im operativen Geschäft, verantwortete etwa Übernahmen und leitete das „Global Risk Management“. Momentan ist er der dritte Finanzchef in der 51-jährigen Geschichte des Softwarekonzerns, seit 2014 sitzt er im Vorstand.
Der Manager ist offensichtlich mit sich im Reinen. Er zitiert einen Liedtext des Sängers John Lennon: „Am Ende wird alles gut sein. Wenn es nicht in Ordnung ist, ist es nicht das Ende.“ Es treffe auf das Ende seiner Amtszeit zu, dass bei SAP alles gut sei, erklärt Mucic. „Ich bin vom weiteren Erfolg der spannendsten Transformation in der Geschichte der SAP fest überzeugt. Ich bin sehr dankbar, dass ich 27 Jahre lang Teil der wundervollen SAP-Familie sein konnte.“
Was der Finanzexperte künftig beruflich vorhat, darüber ist nichts bekannt. Privat jedenfalls will Mucic erst einmal mit seiner Tochter auf Weltreise gehen.
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