Software - Walldorfer Konzern betreut Kunden aus Energie- und Gesundheitssektor weiter / Botschaft des ukrainischen Präsidenten auf Twitter

SAP-Chef Christian Klein verteidigt Kurs in Russland

Von 
Alexander Jungert
Lesedauer: 
SAP-Vorstandsvorsitzender Christian Klein auf der virtuellen Hauptversammlung im Mai 2021. © dpa

Walldorf. Vor wenigen Tagen hat Wolodymyr Selenskyj auf dem Nachrichtendienst Twitter deutliche Worte an SAP, Microsoft und Oracle gerichtet. Der Präsident der Ukraine fordert die Softwarekonzerne auf, sich vollständig aus Russland zurückzuziehen. „Halbtöne darf es heute nicht geben! Es gibt nur schwarz und weiß, gut und böse! (. . .) Hören Sie auf, Ihre Produkte in Russland zu unterstützen, stoppen Sie den Krieg!“

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine stellt der Walldorfer Softwarekonzern SAP Vertrieb und Services in Russland ein. „Die Politik hat Sanktionen vorgegeben. An diese halten wir uns“, sagt Vorstandssprecher Christian Klein im Interview mit dieser Redaktion. Doch etwas bleibt - nämlich Geschäftsbeziehungen beispielsweise zu Unternehmen aus dem Energiesektor, dem Gesundheitssektor und dem Handel - alles „Unternehmen, die für Bürgerinnen und Bürger von entscheidender Bedeutung sind“, wie Klein erklärt. Von den Sanktionen werden diese bewusst ausgeklammert.

Nicht alle finden das gut; wie zu hören ist, kommen auch aus der Belegschaft kritische Stimmen, SAP solle bei sämtlichen Kunden in Russland die Unterstützung der Produkte einstellen. Dabei geht es hauptsächlich um Aktualisierungen oder um Hilfe bei technischen Problemen.

Klein hebt die bisher geschlossenen Sanktionen hervor, die „sehr zielgerichtet“ seien. „Sollen wir jetzt als SAP sagen: Wir wissen es besser und ziehen uns noch mehr zurück? Die Zivilbevölkerung leidet schon stark genug und es kann nicht der richtige Weg sein, noch mehr unschuldige Menschen zu bestrafen“, erklärt Klein. Sollten weitere Sanktionen beschlossen werden, würden auch diese umgesetzt. Aber in der derzeitigen Lage über die politischen Vorgaben hinaus zu gehen, sei ein großer Fehler.

SAP hat Niederlassungen in Moskau, St. Petersburg und Yekaterinburg, zu den Umsätzen in Russland macht das IT-Unternehmen keine Angaben.

Die Lage in der Ukraine lässt Klein alles andere als kalt. „Ich sehe die schrecklichen Bilder auch als Familienvater. Das ist ein großes Verbrechen gegen ein Land, in dem die Menschen in Freiheit leben wollen.“

Der SAP-Vorstandssprecher ist nach eigenen Angaben beeindruckt vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj. „Hut ab und meine ganze Bewunderung, wie Selenskyj die Ukraine durch diese Zeiten führt. Er hat ja auch Familie. Es wird viel über Leadership (Führung, Anm. d. Redaktion) geredet - ein besseres Beispiel als der ukrainische Präsident fällt mir dazu nicht ein.“

Für Selenskyjs Botschaft auf Twitter und den Appell, dass SAP sich komplett aus Russland zurückzieht, hat Klein Verständnis. Der Präsident sei in einer solchen Situation emotional. „Wie gesagt: Wir müssen abwägen und halten uns an die politischen Vorgaben.“

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen