Mannheim. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende der SAP SE wollte mit einer Klage vor dem Mannheimer Arbeitsgericht gegen seine Kündigung vorgehen – jetzt ist er gescheitert. Folgend die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Verfahren.
Um was geht es denn überhaupt?
Im Sommer wurde dem Betriebsratsvorsitzenden der SAP SE außerordentlich fristlos gekündigt. Er soll einem Kollegen dabei geholfen haben, Mauscheleien bei Arbeits- und Urlaubszeiten zu verschleiern. Der Softwarekonzern wirft ihm vor, interne Protokolle von Betriebsratssitzungen gefälscht, E-Mails verändert, aus dem Betriebsratspostfach entfernt und unterdrückt zu haben. Bei dem Kollegen stehe der Verdacht des Lohnbetrugs im Raum. In einem internen Dokument, das dieser Redaktion vorliegt, spricht SAP sogar von „krimineller Energie“, über die man „erschüttert“ sei. Zudem seien Kolleginnen und Kollegen unschuldig in den Verdachtsstrudel geraten.
Was genau ist bei der Verhandlung am Mittwoch vor dem Arbeitsgericht passiert?
SAP-Anwältin Barbara Reinhard machte dem gekündigten Arbeitnehmervertreter erneut schwere Vorwürfe. Es sei „gefälscht, unterdrückt und getäuscht worden“. Ein Augenblicksversagen wollte sie nicht gelten lassen. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende sei mehrfach bewusst über eine rote Ampel gefahren und habe einzelne Vorwürfe erst eingeräumt, als sie durch Untersuchungen der E-Mail-Systeme ohnehin ans Licht gekommen wären.
Wie hat der Anwalt des Klägers argumentiert?
Der Anwalt des ehemaligen Arbeitnehmervertreters sagte, sein Mandant habe Eingriffe in bestimmte Dokumente eingeräumt. Aber er habe diese wieder rückgängig gemacht und sich mehrfach entschuldigt. Der Ex-Betriebsratsvorsitzende selbst äußerte sich vor dem Arbeitsgericht weder bei einem Gütetermin Ende August noch bei der Verhandlung am Mittwoch. Als die Vorsitzende Richterin Nikola Lustenberger im Saal 4 die Entscheidung verkündete, nahm er diese weitgehend regungslos auf.
Wie begründete die Kammer ihre Entscheidung?
Der Kläger hat aus Sicht der Kammer durch sein Verhalten eine arbeitsvertragliche Pflicht, die jeden Arbeitnehmer unabhängig von einer Mitgliedschaft im Betriebsratsgremium treffe, verletzt. Ein „wichtiger Grund“ im Sinne des Gesetzes für die außerordentliche Kündigung sei deshalb gegeben. Dadurch, dass der Kläger Daten gezielt und über einen längeren Zeitraum hinweg manipuliert habe, sei aufseiten der Arbeitgeberin ein endgültiger Vertrauensverlust entstanden (Az.: 2 Ca 106/21). „Es besteht die Gefahr, dass sich dieses Verhalten wiederholen könnte“, erklärte Richterin Lustenberger.
Ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts rechtskräftig?
Nein. Eine Berufung ist möglich. Dann müsste sich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in Mannheim um den Fall kümmern. Der Anwalt des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden ließ offen, ob es dazu kommt – er will sich zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts genau anschauen.
Was macht den Fall noch so spannend?
Bis Ende Oktober saß der ehemalige Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat des Walldorfer Softwarekonzerns. Er hatte ein Mandat über den Deutschen Bankangestellten-Verband (DBV), also unabhängig von einer Anstellung bei SAP. Von diesem Posten wurde der Mann vom Amtsgericht Mannheim abberufen. Dagegen liegt mittlerweile eine Beschwerde vor; unter Umständen muss sich das Oberlandesgericht Karlsruhe damit befassen.
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