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So geht Roche in Mannheim mit den steigenden Kosten um

Es ist ein doppeltes Jubiläum, das der Schweizer Pharmakonzern dieses Jahr in Mannheim feiert. Und am größten Standort in Deutschland wird kräftig investiert. Doch auch die Folgen des Ukraine-Kriegs holen Roche ein

Von 
Christian Schall
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Das Mannheimer Roche-Werk vom Altrhein aus gesehen. Auf der grünen Brachfläche vorne entsteht ein neues Entrée. © Roche

Mannheim. Es ist ein doppeltes Jubiläum, das der Schweizer Pharmakonzern Roche in diesem Jahr in Mannheim feiert: Zum einen wird das Unternehmen 125 Jahre alt. Doch der Standort Mannheim – der größte in Deutschland – blickt auf eine noch viel längere Geschichte zurück, denn das Vorgängerunternehmen Boehringer Mannheim – 1997 von Roche gekauft – wurde noch früher gegründet. Seine Wurzeln liegen in der Stuttgarter Innenstadt, 1872 kam es dann nach Mannheim – erst in den Stadtteil Jungbusch, zehn Jahre später auf den Waldhof, wo es bis heute immer weiter gewachsen ist.

Seit einigen Jahren ist Roche der größte Arbeitgeber in der Stadt. Der Frauenanteil liege bei 48 Prozent, etwa ein Drittel der Stellen in Führungspositionen sei von Frauen besetzt. „Da sehe ich noch Luft nach oben“, erklärte Arbeitsdirektor Clemens Schmid, der auch Geschäftsführer von Roche Diagnostics ist.

Sein Kompagnon, Claus Haberda, unterstrich die Bedeutung der Gesundheitsindustrie. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sei sie als eine der Leitindustrien des 21. Jahrhunderts beschrieben. Haberda sieht in der Branche „einen größeren Arbeitgeber und Wachstumstreiber“ als in der Autoindustrie und ihren Zulieferern. In Baden-Württemberg seien in beiden Branchen jeweils etwa 220 000 Menschen beschäftigt. In den Jahren von 2007 bis 2018 habe das jährliche Wachstum der Gesundheitsindustrie 4,1 Prozent betragen – 0,8 Prozentpunkte mehr als in der Gesamtwirtschaft.

Neubau für die Werksfeuerwehr

Mit den Investitionen, die Roche im vergangenen Jahr in Mannheim angekündigt hatte, geht es voran. Etwa 160 Millionen Euro fließen in den Erweiterungsbau der Diagnostik-Produktion. Hier werden unter anderem Testlösungen und Reagenzien für Großlabore hergestellt. Damit die Produkte ab etwa 2023/24 auch ausgeliefert werden können, entsteht für rund 90 Millionen Euro ein neues Distributionszentrum für Europa. Von dort aus werden Labore im 24- und 48-Stunden-Rhythmus direkt beliefert. Wenn der Neubau in etwa eineinhalb Jahren in Betrieb geht, können mehr Produkte in weitere Länder verteilt werden.

Roche gab jetzt außerdem einen Neubau für die Werksfeuerwehr und Werkssicherheit bekannt. Für Ende des Monats ist der Spatenstich geplant, 26 Millionen Euro sollen investiert werden. Bis 2024 soll außerdem das neue Entrée zum Firmengelände umgestaltet sein, mit einem Bereich, der für alle zugänglich ist.

Die Schwierigkeiten in den Lieferketten treffen auch Roche bei den Bauvorhaben. „Wir spüren Verzögerungen“, sagte Werkleiter Martin Haag und nannte als Beispiel Steuerungselemente für Aufzüge. Deshalb habe man für den Neubau der Werksfeuerwehr dafür benötigte IT-Komponenten schon vor einem halben Jahr angeschafft. „Das hätten wir früher nie gemacht“, so Haag.

„Ruhig schlafen“ kann Roche nach Haags Worten dagegen beim Thema Gasversorgung: „Wir haben unsere Gasabhängigkeit soweit reduziert, dass wir bei einer Gasmangellage in keine Krise kommen.“ 2018 wurde das betriebseigene Gaskraftwerk stillgelegt, um CO2-Emissionen zu reduzieren. 90 000 Tonnen jährlich können so laut Unternehmensangaben eingespart werden. Der für die Produktion benötigte Dampf kommt nun von der MVV, aus der Müllverbrennung.

Anders sieht es beim Strom aus. Für 2023 habe sich Roche günstige Preise sichern können, weil die Verträge dafür noch vor der Krise geschlossen worden seien. „2024 wird uns das einholen“, so Haag. Die eigentliche strategische Ausrichtung, um die langfristige Versorgung sicherzustellen, könne man aktuell nicht einhalten. „Das müssen wir an anderer Stelle kompensieren.“ Allerdings nicht durch Preiserhöhungen. „Wir sind in einem geregelten Markt mit Preisbindungen und Gebührenordnungen“, klärte Haberda auf. „Wir können die Kosten nicht eins zu eins weitergeben.“ Deshalb solle der Energiebedarf der Gebäude weiter gesenkt werden. Ein Stellenabbau ist kein Thema: „Das können wir uns nicht leisten, wir sind voll ausgelastet“, stellte Haberda klar.

„Etwa alle fünf Jahre investieren wir etwa eine Milliarde Euro in den Standort“, sagte Werkleiter Haag. Ob das auch in Zukunft so bleibt, ist unklar. In der Konzernzentrale in Basel werde die deutsche Gesundheitspolitik genau beobachtet. Einen Plan, das Krankenkassenfinanzierungsgesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), bezeichnete Haberda als „Frontalangriff auf die Pharmaindustrie“, weil diese einen „überproportionalen Beitrag“ leisten solle. „Wir wären nicht mehr frei in der Preisgestaltung.“

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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