Mannheim. Die MVV Energie spricht von einem „robusten Ergebnis in schwierigem Marktumfeld“ - auf den ersten Blick klingt die Überschrift der Pressemitteilung recht beschönigend. Tatsächlich aber hat der Energieversorger trotz Ukraine-Krieg und Gas-Krise ja den Umsatz in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres kräftig gesteigert. Nämlich um 19 Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro. Als Ursache nannte die MVV die gestiegenen Großhandelspreise und die höheren Strommengen. Auch beim Gewinn vor Zinsen und Steuern legte der Energieversorger kräftig zu: um 21 Prozent auf 320 Millionen Euro. Das ist bemerkenswert, weil die MVV schon im Geschäftsjahr 2021 ein Allzeithoch erzielte.
Obwohl die Geschäfte trotz der Ukraine-Krise bisher so gut laufen, will der Energieversorger im nächsten Jahr die Gas- und Strompreise „in einer Bandbreite von 20 bis 40 Prozent“ erhöhen, wie es Vertriebschef Ralf Klöpfer im Interview mit dieser Redaktion im Juli angekündigt hatte. Dass an diesem Ziel nicht gerüttelt wird, wiederholte Vorstand Hansjörg Roll bei der Veröffentlichung der Zahlen am Freitag. Über die Höhe der Preiserhöhungen schwieg er sich aus. Er rechtfertigte die geplanten Anpassungen mit dem Hinweis auf die Märkte. Allein der Großhandelspreis für Gas sei im Berichtszeitraum um 250 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Und die Börsenstrompreise haben sich demnach mehr als verdoppelt, liefert sich die MVV in ihrer Pressemitteilung selbst die Argumente für die Preiserhöhungen 2023.
„Trotz der Preisrallye an den Energiemärkten konnten wir dank frühzeitig und umfassend vorausschauender Maßnahmen die Preisanpassungen für unsere Kunden bisher in Grenzen halten“, lobte Roll die Geschäftsstrategie der MVV. Das Unternehmen hat sich - so Klöpfer in dem erwähnten Interview - in der Vergangenheit reichlich mit Energie eingedeckt und muss nächstes Jahr „nur“ 20 Prozent der Gas- und Strommengen - dann allerdings teuer - einkaufen. Zum Jahreswechsel läuft die Preisgarantie für die Gas- und Stromkunden ab. Die Preise für Fernwärme wurden bereits um einen Cent pro Kilowattstunde erhöht und bleiben bis Juni 2023 stabil.
Verkäufe erhöhen Ertrag
Damit womöglich nicht der Eindruck entsteht, dass die Preiserhöhungen mit Blick auf den zu erwartenden Gewinn zu deftig ausfallen, verweist die MVV in der Pressemitteilung auch darauf, dass dieser nicht nur aus der operativen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet wurde. Das Unternehmen nennt „Einmaleffekte aus der Veränderung des Beteiligungsportfolios“. Konkret: Der Energieversorger hat zwei Unternehmen verkauft, die das Ergebnis verbessern. Ohne diese Verkäufe würde es - auf der Basis des bisherigen Geschäftsverlaufs - nur leicht über dem Niveau des Vorjahres liegen. Ein solch stabiles Ergebnis hatte das Unternehmen auch so prognostiziert. Je nach Berechnungsmethode fällt der Gewinn also höher oder niedriger aus.
Gasbonus für Verbraucher
Obwohl die MVV weiter davon ausgeht, dass die Umsätze und das Ergebnis im gesamten Geschäftsjahr im grünen Bereich liegen werden, weiß niemand, wie sich die Lage auf dem Energiemarkt entwickeln wird. Man will sich ja nicht ausmalen, was noch alles passieren kann, wenn Russlands Kremlherrscher Wladimir Putin den Gashahn abdreht oder die Menge immer weiter reduziert. Dann wären natürlich auch Prognosen der MVV für die Katz.
Also, was tun? „Damit wir durch den nächsten Herbst und Winter kommen, müssen die Gasspeicher sukzessive aufgefüllt werden“, sagte Roll. Die Devise heißt also: Energiesparen. Inzwischen läuft bereits die Kampagne „#MonnemSpartEnergie“, die den Verbrauchern entsprechende Tipps gibt. Doch damit nicht genug: Der Vorstand kündigte am Freitag einen Gasbonus für Mannheim und Heddesheim an. Demnach erhalten dort nicht nur die Kunden, sondern alle Verbraucher einen Bonus, wenn sie Gas sparen. Die MVV will nächste Woche erklären, wie das funktionieren und wie hoch der Bonus denn ausfallen soll.
Der Konzern sieht in der Gaskrise den Beleg dafür, dass ihre Kampagne stimmt. „Nie waren die Ziele unseres Mannheimer Modells, mit dem wir bis zum Jahr 2040 klimaneutral und ab 2040 klimapositiv sein wollen, so richtig und wichtig wie in diesen Zeiten“, sagte Roll. Zugleich forderte er: „Deutschland muss die Energiewende deutlich beschleunigen, um unabhängig von fossiler Energieerzeugung zu werden.“
Die MVV selbst hält an ihrem Ziel fest: Sie will bis 2030 in Mannheim und der Region die Fernwärme grün machen und damit zwei Drittel der Haushalte mit klimafreundlicher Wärme versorgen. Bis Anfang 2020 wurde sie komplett fossil durch das Grosskraftwerk Mannheim (GKM) produziert. Zudem möchte das Unternehmen ab 2035 auch kein fossiles Erdgas mehr einsetzen. Die MVV prüft stattdessen den Einsatz von Biomethan oder Wasserstoff. Auch für die Stromwende will die MVV mehr tun und betreibt den Ausbau erneuerbarer Energien auch aus eigener Erzeugung. So hat das Unternehmen im dritten Quartal den Windpark Thaden (Schleswig-Holstein) und den Solarpark Heudorf (Baden-Württemberg) in Betrieb genommen. Damit verfügt die MVV bei den erneuerbaren Energien nach eigenen Angaben über eine installierte Leistung von knapp 600 Megawatt.
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