Heidelberger Druckmaschinen - Vorstandschef Rainer Hundsdörfer verteidigt Digitalstrategie / Sinkender Aktienkurs und Nulldividende treiben Anleger um

„Wir werden ein anderes Unternehmen“

Von 
Alexander Jungert
Lesedauer: 
Rainer Hundsdörfer auf der Bühne im Mannheimer Rosengarten. Der Wirtschaftsingenieur ist seit anderthalb Jahren Vorstandschef. © Rinderspacher

Mannheim. Der Aktienkurs von Heidelberger Druckmaschinen ist im Keller, er liegt bei rund 2,30 Euro. „Das reicht uns natürlich nicht“, sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) auf der Hauptversammlung in Mannheim. „Persönlich bin ich überzeugt von Ihrer Geschichte. Sind wir hier im Rosengarten wohl alle. Aber warum glaubt Ihnen der Markt nicht?“

Seit Monaten bleibt bei dem Unternehmen kein Stein mehr auf dem anderen. „Heidelberger Druckmaschinen will zu einem „Leuchtturm der Industrie 4.0 werden“, sagt Vorstandschef Rainer Hundsdörfer selbstbewusst. Industrie 4.0, das ist die digitale Produktion, das sind intelligent vernetzte Maschinen, das ist ein immer größeres Verschmelzen von realer und virtueller Welt. „Wir werden ein anderes Unternehmen“, erklärt Hundsdörfer vor 1300 Besuchern.

An der Börse wird diese Strategie nicht honoriert, im Gegenteil. Hundsdörfer wirbt für mehr Geduld: Ein Wandel des gesamten Geschäftsmodells geschehe schließlich nicht über Nacht. „Aber ich glaube fest an den Erfolg. Unsere Begeisterung müssen wir mehr auf die Anleger übertragen.“

Massiver Jobabbau

Heidelberger Druckmaschinen hat extrem schwere Jahre hinter sich. Vor allem durch das Internet war der Markt für das klassische Geschäft mit Druck-Erzeugnissen eingebrochen. Es wurden massiv Arbeitsplätze abgebaut. Hundsdörfers Vorgänger Gerold Linzbach hatte damit begonnen, das Geschäftsmodell komplett umzukrempeln: technologisch, organisatorisch und kulturell.

Ein neues Wachstumsfeld zum Beispiel ist das autonome Drucken. Software steuert alle Prozesse – die Maschine sagt dem Menschen lediglich, was er zu tun hat. Das sei wie bei einer Thermomix-Küchenmaschine, scherzt Hundsdörfer. „So lange man das tut, was die Maschine will, kann jeder eine wunderbare Zabaione zubereiten.“

Jede Druckmaschine soll mehr als zehn Milliarden Datensätze pro Jahr liefern. Damit weiß das Unternehmen, wie sich jede angeschlossene Maschine „fühlt“: In welchem technischen Zustand sie ist, ob Ausfälle drohen. Vor allem aber liefen die Daten wichtige Informationen über Verbrauchsmaterialien wie Druckplatten und Tinte. Alles aus einer Hand anzubieten, ist Teil des Geschäftsmodells.

Aktionärsvertreter Andreas Schmidt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) vergleicht den Konzern noch mit einem Dinosaurier. „Die Größe bietet Vorteile, ja – doch die Wissenschaft geht mittlerweile davon aus, dass Vögel Nachfahren der Dinosaurier sind. Das wäre eine neue Gattung: schlank, grazil, facettenreich.“ Für Schmidt entsteht aus Heidelberger Druckmaschinen eine komplett neue Firma. Die Umwandlung müsse dringend gelingen, sagt Schmidt. „Entweder Heidelberger Druckmaschinen schafft das, oder der Dinosaurier wird sterben.“

Hundsdörfer preist die Ziele an. Im Jahr 2022 soll der Umsatz bei rund drei Milliarden Euro liegen, zuletzt betrug er rund 2,6 Milliarden Euro. Für den Gewinn nach Steuern peilt das Unternehmen mehr als 100 Millionen Euro an, im vergangenen Geschäftsjahr waren es 14 Millionen Euro. Diese Zeit brauche es eben, „bis wir eingeschwungen sind“, sagt der Vorstandschef.

Zunächst aber gehen die Anleger zum wiederholten Male leer aus. Aktionärsschützer Tüngler fordert trotz tiefgreifendem Umbau eine Dividende – „in einem Frühstadium, nicht erst in 20 Jahren“.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen