Elektromobilität

Heidelberger Druckmaschinen und SAP starten Kooperation

Von 
Tatjana Junker
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Im Heideldruck-Stammwerk Wiesloch sind inzwischen mehr als 100 Beschäftigte im Wallbox-Bereich beschäftigt. © Heidelberger Druckmaschinen

Wiesloch/Walldorf.  Elektromobilität ist ein Wachstumsgeschäft - und das nicht erst, seit die Ampel-Koalition Deutschland zum „Leitmarkt“ dafür ausgerufen hat. Auch Heidelberger Druckmaschinen will sich hier seinen Teil vom Kuchen sichern: Seit 2018 produziert das Unternehmen neben seinen Druckmaschinen Wallboxen, also Ladestationen für Elektroautos. Um das Portfolio zu erweitern, sucht Heideldruck seit einiger Zeit nach potenziellen Partnern - und ist jetzt in unmittelbarer Nachbarschaft fündig geworden: Am Montag gab das Unternehmen bekannt, dass es mit dem Walldorfer Softwarekonzern SAP eine strategische Partnerschaft im Bereich Elektromobilität geschlossen hat.

Abrechnung über die Cloud

Konkret sieht die Zusammenarbeit vor, die Wallboxen von Heideldruck mit der Software „SAP E-Mobility“ zu kombinieren. Letztere ist eine kürzlich vorgestellte, cloudbasierte Anwendung, mit der laut SAP verschiedene Geschäftsprozesse rund um den Ladepunkt gemanagt werden können - unter anderem die Abrechnung. Bei einer Elektro-Dienstwagenflotte könne die Software beispielsweise Daten dazu sammeln, welches Fahrzeug wann und wo mit wie viel Leistung geladen werde. Diese Daten könnten dann direkt der verknüpften Abrechnungs- und Finanz-Software zur Verfügung gestellt werden.

„Wir haben uns als Anbieter von Ladelösungen im Bereich der E-Mobilität erfolgreich etabliert. Jetzt forcieren wir den Ausbau neuer Geschäftsmodelle in diesem wachsenden Marktsegment. Dazu zählt auch der Betrieb von Ladepunkten mit der dazugehörigen Software“, kommentiert Heideldruck-Vorstandschef Rainer Hundsdörfer die Zusammenarbeit in einer Mitteilung. Dem Unternehmen zufolge sollen in der Region nun bald die ersten Pilotanlagen mit dem kombinierten Angebot entstehen.

Das Geschäft mit Wallboxen ist für den Druckmaschinenbauer nach wie vor ein Nischensegment - allerdings eines, das schnell wächst. Nachdem das Unternehmen zunächst mit Ladesystemen gestartet war, die vor allem für den privaten Bereich gedacht sind, kam 2020 ein zweites Modell dazu, mit dem bis zu 16 Elektrofahrzeuge gleichzeitig geladen werden können.

Um die steigende Nachfrage nach seinen Wallboxen zu bedienen, hatte Heideldruck zuletzt früher als geplant eine vierte Produktionslinie in Betrieb genommen. Mittlerweile sind im Stammwerk Wiesloch mehr als 100 Beschäftigte in dem Bereich beschäftigt. Bis zum Ende des Geschäftsjahrs am 31. März will das Unternehmen in Wiesloch nach Angaben eines Sprechers 1000 Wallboxen pro Tag produzieren.

Weitere Märkte im Fokus

Insgesamt hat Heideldruck nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 80 000 Wallboxen ausgeliefert, der Marktanteil in Deutschland liegt bei mehr als 20 Prozent. Auch im Ausland werden die Ladestationen inzwischen vertrieben - unter anderem in der Schweiz, in Österreich, Frankreich, Polen und in Ungarn. Weitere Länder sollen folgen. „Wir haben zunächst Europa im Visier, im nächsten Schritt schauen wir uns dann Nordamerika und China an“, so der Sprecher.

Mit den wachsenden Produktionskapazitäten für die Ladestationen im Stammwerk Wiesloch sind auch die Umsatzerwartungen für das Segment gestiegen: Während der Umsatz 2020 in dem Bereich bei 22 Millionen Euro lag, will ihn das Unternehmen in diesem Jahr organisch etwa verdoppeln. Insgesamt erwirtschaftete Heideldruck zuletzt einen Jahresumsatz von rund 1,9 Milliarden Euro.

Schon beim Bilanzpressegespräch im Juni hatte Vorstandschef Hundsdörfer angekündigt, dass Heideldruck bei den Wallboxen nicht nur die Stückzahlen steigern, sondern auch das Portfolio erweitern will. Perspektivisch sei das Ziel, komplette Smart-Home-Lösungen anzubieten - zum Beispiel integrierte Ladelösungen für Parkhäuser oder komplette Wohnanlagen. Die Kooperation mit SAP ist ein Schritt in diese Richtung, weil sie es ermöglicht, ein größeres Netz an Ladepunkten inklusive der Abrechnung zu verwalten und zu betreiben, unter anderem auch auf Firmenparkplätzen oder Stellflächen von Hotels und Restaurants.

Für SAP wiederum dürfte die Kooperation interessant sein, weil der Konzern bisher zwar die Software anbietet, aber keine eigene Hardware, also keine eigenen Wallboxen, im Portfolio hat.

Insgesamt dürfte die Nachfrage nach Ladesystemen für Elektrofahrzeuge in den nächsten Jahren rasant steigen - nicht zuletzt durch die Pläne der neuen Ampel-Koalition, die den Ausbau der Ladeinfrastruktur deutlich beschleunigen will. Demnach soll es bis zum Jahr 2030 in Deutschland eine Million öffentliche Ladepunkte geben. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg: Laut Bundesnetzagentur waren im September lediglich 40 257 normale Ladepunkte sowie 6840 Schnellladesäulen angemeldet.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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