Wiesloch-Walldorf. Das Umbauprogramm von Heidelberger Druckmaschinen ist unter Dach und Fach. Weltweit fallen etwa 1600 Arbeitsplätze weg, hauptsächlich in Forschung und Entwicklung sowie in der Verwaltung. Betriebsbedingte Kündigungen sollen weitgehend vermieden werden (siehe Infokasten). Zudem will das Unternehmen dauerhaft Gewinne erwirtschaften und näher am Kunden sein. „Unsere Strukturen passen nicht zu unserem Umsatz und zu unserer Marktgröße“, sagt Vorstandsvorsitzender Rainer Hundsdörfer. Man müsse sich vom Konzern-Gedanken verabschieden. „Wir sind ein großer Mittelständler.“
Erst vor wenigen Tagen hatte Heidelberger Druckmaschinen vorläufige Zahlen für das Geschäftsjahr 2019/2020 veröffentlicht. Unter dem Strich stand ein Verlust von 343 Millionen Euro. Der Umsatz sank um rund sechs Prozent auf 2,35 Milliarden Euro. Die Corona-Pandemie hat die ohnehin schwierige Lage verschärft. Doch Hundsdörfer ist optimistisch. „Das Geschäft wird zurückkommen, da bin ich mir ganz sicher.“ Bis dahin sei es wichtig, Kosten zu senken und finanziell sicher durch die Krise zu kommen.
Jobs sollen größtenteils über das Angebot von Altersteilzeit abgebaut werden. Mitarbeiter ab Jahrgang 1962 seien angesprochen, erklärt Mirko Geiger, Chef der Heidelberger IG Metall. „Wer sich für Altersteilzeit entscheidet, wird keinesfalls in eine existenzielle Krise stürzen.“ Das Angebot sei attraktiv. IG Metall und Betriebsrat wollen sich die Altersstruktur am Stammsitz zunutze machen. Das Durchschnittsalter liegt knapp über 50 Jahre.
Wert auf Ausbildung
In einem zweiten Schritt ist eine zwölfmonatige Transfergesellschaft geplant. Transfergesellschaften fangen Mitarbeiter auf, die ihren Job verlieren – und qualifizieren sie weiter, um eine neue Stelle zu finden. Wenn Altersteilzeit und Transfergesellschaft nicht genügend genutzt werden, hält Finanzchef Marcus A. Wassenberg betriebsbedingte Kündigungen für möglich.
Die Ausbildungsquote soll nach Angaben der IG Metall bei acht Prozent liegen, das sind ab dem Jahr 2021 rund 350 Lehrlinge. „Das sind gut ausgebildete Fachkräfte, die das Unternehmen später einmal brauchen wird“, sagt Geiger.
Wichtig ist ihm und dem Konzernbetriebsratsvorsitzenden Ralph Arns, dass die „Treppe von oben nach unten gekehrt worden ist“. Soll heißen: Auch Manager auf allen Ebenen müssen gehen. Selbst im Vorstand sitzen mittlerweile nur noch Hundsdörfer und Wassenberg. Zuvor waren es noch vier Mitglieder.
Neuer Innovationspark?
Nach der jüngsten Sanierungsrunde sollen in Wiesloch-Walldorf etwas mehr als 4000 Mitarbeiter übrigbleiben. Die Flächen sind, auch durch harte Einschnitte in der Vergangenheit, mittlerweile zu groß für die verbliebene Belegschaft.
Eine Idee ist nach Angaben von Wassenberg, sich als Standort für den vom Land Baden-Württemberg geplanten Innovationspark Künstliche Intelligenz (KI) zu bewerben. Dort sollen Produkte und Dienstleistungen, die auf Künstlicher Intelligenz basieren, zur Marktreife gebracht werden.
Partner könnten etwa das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sein und ein Software-Unternehmen aus direkter Nachbarschaft: SAP. Die Gespräche für eine Bewerbung stünden noch ganz am Anfang, sagt Wassenberg.
Details
- Heidelberger Druckmaschinen baut weltweit rund 1600 Vollzeitstellen ab. Am Stammsitz Wiesloch etwa 1000, an anderen deutschen Standorten 350 und im Ausland 250.
- Damit wird die Zahl der weltweit Beschäftigten unter 10 000 sinken.
- Am Stammsitz Wiesloch-Walldorf werden bisherige Abbauprogramme berücksichtigt, so dass noch 400 bis 500 weitere Arbeitsplätze verschwinden.
- Ein Großteil der Mitarbeiter soll in Altersteilzeit wechseln. Zudem ist eine Transfergesellschaft geplant und es werden Abfindungen angeboten. So sollen betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden.
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