Stellenabbau - Gewerkschaft sauer auf GE-Management in Mannheim / Unternehmen beantragt Einigungsstelle

„Das Vertrauen ist weg“

Von 
Alexander Jungert
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Zwei Mitarbeiter von General Electric protestieren vor dem Tor gegen den Arbeitsplatzabbau. © rinderspacher

Mannheim. Die Rollläden sind unten. Das „Lotto“-Schild hängt noch, ebenso die Speisekarte: heiße Wurst mit Brötchen 2,20 Euro, Lachs mit Ei zwei Euro, heißes Schnitzel 2,50 Euro. Der Kiosk am Tor 6 von GE in Mannheim hat vor ziemlich genau einem Jahr geschlossen, der Betreiber konnte ihn durch die Stellenstreichungen im Turbinenwerk nicht mehr halten. Die Kundschaft brach weg. Am Kiosk klebt noch der Name Alstom, so hieß das Unternehmen, bevor General Electric kam.

Neben dem Kiosk hat die Mannheimer IG Metall ein kleines Zelt aufgebaut, darunter einen Ständer mit Mikrofon. Die Gewerkschaft will Druck machen auf das GE-Management. Rund 300 Teilnehmer sind auf der Kundgebung. Sie tragen Spruchbänder mit der Aufschrift „Wer sich nicht wehrt, macht was verkehrt! “, „Wandle Frust in Widerstand!“ und „Wir GEben Gas für unsere Arbeitsplätze!!“.

Seit Anfang September laufen die Verhandlungen über einen Sozialplan und Interessenausgleich. Doch aus Sicht der IG Metall torpediert GE die Gespräche. Zuerst seien warme Worte zu hören und dann nichts als Kälte zu spüren, schimpft der Erste Bevollmächtigte Klaus Stein. „Das ähnelt dem Krankheitsbild der Schizophrenie.“ Er moniert die fehlende Perspektive für den Standort. Sobald eine gute Lösung in Sicht sei, werde sie von GE abgewehrt, sagt Stein.

Streit über Abfindungen

Nach dem Aus der traditionsreichen Turbinenfabrik und dem Abbau von 1000 Jobs sollen am Mannheimer Standort erneut Arbeitsplätze wegfallen. Wie viele der noch verbliebenen 700 Beschäftigten vor allem im Service betroffen sind – unklar. Es scheint aber so zu sein, dass längst nicht so viele Stellen gestrichen werden wie zunächst befürchtet. Bis zu 400 Beschäftigte könnten am Standort verbleiben. Offenbar ist man sich hinter den Kulissen nun uneins über die Höhe der Abfindungen für ausscheidende Mitarbeiter.

Auch Rainer Schäfle, Betriebsrat vom GE-Werk in Stuttgart, ist zur Kundgebung gekommen. „Der Arbeitgeber verweigert sich“, sagt er. „Das wird eine langwierige und kostspielige Auseinandersetzung. Jedes Mal, wenn wir uns zusammensetzen, werden die Angebote von GE schlechter. Das Vertrauen ist weg.“ Die Belegschaft lasse sich nicht billig abspeisen.

Ein Konzernsprecher von GE erklärt: „Unser Ziel bleibt unverändert, schnellstmöglich eine Übereinkunft zu erreichen, die eine sozial verantwortliche Lösung für alle Mitarbeiter darstellt und gleichzeitig hilft, die Zukunft der GE Power AG zu sichern.“ Im Laufe der vergangenen Wochen seien „erhebliche Fortschritte“ erzielt worden. Nun habe man sich aber nicht einigen können.

Um trotzdem „schnellstmöglich ein Ergebnis“ zu bekommen, hat GE nach eigenen Angaben beim Arbeitsgericht eine Einigungsstelle beantragt. Sie ist eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle, um Meinungsverschiedenheiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber aus der Welt zu schaffen. Geleitet wird sie von einem unparteiischen Vorsitzenden. Wann das Arbeitsgericht darüber befindet und einen Termin festsetzt, ist offen. Laut IG Metall soll es dabei nur um Abfindungen für Mitarbeiter gehen – und das sei der Gewerkschaft zu wenig, sagt Stein.

Welche Investoren das GE-Gelände übernehmen könnten – das Areal ist überdimensioniert für die geschrumpfte Belegschaft –, wird derzeit hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Eine Sprecherin der Stadt Mannheim nennt keine Namen, bestätigt aber „vertrauliche Gespräche“.

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Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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