Stadtentwicklung

Wohnen am Times Square?

New York City hat einen Notstand an bezahlbarem Wohnraum, riesige Büroflächen stehen leer. Das soll sich nun ändern

Von 
Benno Schwinghammer
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20 000 neue Wohnungen könnten so im Herzen New Yorks nahe des Times Square entstehen. © Benno Schwinghammer/dpa

New York. Das pulsierende Herz einer Weltmetropole sieht wahrlich anders aus: Wer Anfang 2023 die Third Avenue in Midtown Manhattan herunterspaziert, dem schlägt die Abwesenheit von Geschäftigkeit entgegen. Vor allem hier im Zentrum New Yorks stehen Bürogebäude nach der Corona-Pandemie zu großen Teilen leer. Gleichzeitig ist der Wohnungsmarkt überlastet und Mieten explodieren. Die Idee: den Business-Stadtteil fürs Wohnen öffnen. Die Häuserschluchten könnten sich bald von Grund auf ändern – doch es gibt Hindernisse.

40 Quadratmeter für 2500 Dollar

„Es gibt eine Wohnungskrise – New York City benötigt etwa 500 000 neue Wohneinheiten, um mit der Nachfrage Schritt zu halten“, sagt John Sanchez von der Initiative „5 Borough Housing“, die mehr erschwingliche Wohnungen in der Ostküstenmetropole erreichen will. „Und es gibt wachsende Büroleerstände und wir glauben, dass es eine Gelegenheit gibt, diese zu Wohnungen zu machen, um die Krise zu bewältigen.“

Die Initiative setzt sich dabei vor allem dafür ein, die Gebäude Manhattans zugänglich für New Yorker aller Schichten zu machen. „Es ist an der Zeit, dass Manhattan seiner Verantwortung gerecht wird, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, betont Sanchez weiter. Steueranreize für Hausbesitzer sowie Änderungen von Gesetzen, die Wohnraum in gewissen Teilen von Midtown beschränkten, könnten so zu einer fühlbaren Entspannung der Wohnungssituation in ganz New York führen.

Die Situation in New York ist katastrophal: Wer zu akzeptablen Preisen leben will, also etwa nicht mehr als 2500 Dollar pro Monat für eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 40 Quadratmetern zahlen will, muss lange suchen. Nach Angaben der Immobilienfirma DouglasElliman betrug die durchschnittliche Miete in Manhattan im Dezember stolze 5243 Dollar (4766 Euro) – 18 Prozent mehr als im Jahr 2021. Der extremen Nachfrage steht ein zu kleines Angebot in der Acht-Millionen-Stadt gegenüber.

Gleichzeitig fand eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Columbia Universität heraus, dass die zunehmende Arbeit von Zuhause nach Covid-19 den Wert und die Erlöse für Bürogebäude deutlich mindert. Viele Firmen brauchen den irrsinnig teueren Raum nicht mehr und verkleinern ihre Fläche.

Teile von Midtown wie die 3rd Avenue, wo vor allem die eher alten Gebäude von 1950 bis 1980 stehen haben es doppelt schwer: Firmen wandern in modernere Gebäude ab, viele davon in den neuen Stadtteil Hudson Yards.

Bürgermeister Eric Adams hat deshalb einen ehrgeizigen Plan: „In den kommenden Wochen werden wir die Arbeit beginnen mit dem Ziel, mehr Wohnraum zu schaffen, einschließlich mietgebremster Wohnungen in Midtown Manhattan, wo die derzeitige Einteilung in Zonen nur Produktions- und Büroflächen zulässt“, ließ sein Büro vor wenigen Tagen mitteilen.

Insgesamt 20 000 neue Wohnungen könnten so im Herzen New Yorks nahe des Times Square entstehen. Doch in Midtown gibt es ein logistisches Problem. Die Umwandlung vieler Bürogebäude ist dort schwierig: Sie wurden oft für ausladende Räume konstruiert, in denen Fenster und damit natürliches Licht mitunter rar sind. Die Grundflächen so zurechtzuschneiden, dass sie wohnlichen Anforderungen gerecht werden, ist in vielen Gebäuden eine Herausforderung. 

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