Natur - Ein neues Bundeszentrum soll helfen, die Konflikte zu lösen / Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei Eröffnung dabei

Wölfe und Weidetiere – geht das?

Von 
Anna Kristina Bückmann
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Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner lacht während der Auftaktveranstaltung zum Start des Bundeszentrums Weidetiere und Wolf neben Fuchsschafen. © dpa

Biesenthal/Eberswalde. Seit der Jahrtausendwende breitet sich der Wolf in Deutschland stetig aus. Was Naturschützer freut, bereitet Nutztierhaltern Sorgen. Ein neues Bundeszentrum soll dabei helfen, die Konflikte zu lösen. Um das Zusammenleben von Wölfen und Weidetieren besser und vor allem sicherer zu machen, hat am Mittwoch in Eberswalde, nordöstlich von Berlin, ein neues Bundeszentrum seine Arbeit aufgenommen.

Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland sei ein Erfolg des Artenschutzes, betonte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bei der Eröffnung des Bundeszentrums. Der Wolfsbestand verdopple sich jedoch alle drei bis vier Jahre. Durch die vermehrte Ausbreitung nähmen auch Wolfsrisse zu. Die Zahl verwundeter und getöteter Nutztiere sei von 40 Tieren im Jahr 2006 auf rund 2.900 Tiere im Jahr 2019 angestiegen. 86 Prozent davon seien Angriffe auf Schafe und Ziegen gewesen.

Wölfe und Nutztiere hätten beide Anspruch auf Schutz, betonte Klöckner: „Deshalb darf die Rückkehr des Wolfs nicht dazu führen, dass die Weidetierhaltung in einigen Regionen Deutschlands infrage gestellt wird.“ Klöckner: „Nicht nur der Wolf hat Schutz verdient, sondern auch Weidetiere haben Schutz verdient. Die Weiden sollten für Wölfe keine „gedeckten Tische“ sein.

In dem „Zentrum zur Lösungsfindung“ – so Ministerin Klöckner – werden drei Vollzeitkräfte arbeiten und sollen die in den Bundesländern angewandten Herden-Schutzmaßnahmen wie Zäune und Hunde gesammelt und bewertet werden. Die Einrichtung wird sich mit der Verbesserung und Finanzierung von Schutzmethoden und der rechtlichen Einstufung des Wolfes beschäftigen. Vor allem soll das Zentrum einen intensiven Dialog von Weidetierhaltern, Verbänden des Naturschutzes und der Öffentlichkeit fördern.

Seit der Jahrtausendwende ist der Wolf zurück in Deutschland und breitet sich stetig aus. 128 Rudel und 35 Wolfspaare sowie zehn sesshafte Einzeltiere sind nach Daten des Bundesamtes für Naturschutz für das Monitoringjahr 2019/20 bestätigt. Im Jahr 2018/19 waren es noch 105 Rudel, 41 Paare und 12 Einzelgänger. Die meisten Rudel (47) leben in Brandenburg. In der Statistik umfasst ein Wolfsjahr“ den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 30. April des Folgejahres.

Immer wieder kommt es zu Wolfsangriffen auf Weidetiere – vor allem auf Ziegen und Schafe. Besonders gefährdet sind nach Angaben des Ministeriums ungeschützte Weidetiere. Daher fordern Bauern und Weidetierhalter seit langem, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern. Diese sind allerdings in Deutschland streng geschützt; der Abschuss von Wölfen ist deshalb auch nur in Ausnahmefällen und außerdem nur nach vorheriger Genehmigung erlaubt.

Linke warnt vor Belastung

An das neue Bundeszentrum sollen sich Weidetierhalter laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), zu dem das Zentrum gehört, auch direkt mit ihren Fragen wenden können. Mit jeweils 300 000 Euro für die Jahre 2021 und 2022 wird die Einrichtung gefördert, die räumlich am Thünen Institut für Waldökosysteme angesiedelt ist.

Der Deutsche Bauernverband begrüßte zwar die Einrichtung des Zentrums, mahnte jedoch, es dürfe sich nicht nur auf Fragen des Zaunbaus und Herdenschutzes beschränken, sondern müsse auch die Regulierung des Wolfes mit einbeziehen. „Vor allem müssen Wölfe und Rudel, die wiederholt Weidetiere reißen, konsequent entnommen werden“, forderte Verbandspräsident Joachim Rukwied.

Die Weidetierhaltung werde in Deutschland dringend gebraucht, unterstrich die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Kirsten Tackmann. Die Rückkehr des Wolfes sei eine Belastung, mit der die Betroffenen nicht allein gelassen werden dürften, sagte die Politikerin. dpa/epd

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