Berlin. Ein Weihnachten ohne Baum ist für viele Menschen undenkbar. Etwa 27 Millionen werden in Deutschland jährlich verkauft. Doch welcher Baum schont die Umwelt?
Der künstliche Baum
Plastik ist schlecht für die Natur. Denn das beim künstlichen Weihnachtsbaum enthaltene PVC oder Polyethylen wird nicht biologisch abgebaut. Dennoch kann sich ein Kunstbaum lohnen, wenn er lange zum Einsatz kommt. Nach Berechnungen des Ellipsos-Instituts in Montreal müsste er mindestens 16 bis 17 Jahre genutzt werden, damit die Ökobilanz der eines Naturbaums entspricht.
Die meisten Kunstbäume kommen aus Asien und verursachen nach Angaben der kanadischen Wissenschaftler bei Herstellung, Transport und Entsorgung rund 48 Kilogramm Kohlenstoffdioxid (CO2). Dem stehen 3,1 Kilogramm CO2 beim Naturbaum gegenüber.
Die Anbieter werben damit, dass ihre künstlichen Tannenbäume im Schnitt acht bis zehn Jahre aufgestellt werden können. Die Plastik-Variante landet also regelmäßig auf dem Müll, bevor ihr CO2-Fußabdruck gegenüber dem eines natürlichen Baums ausgeglichen ist. Dazu kommt: Wenn man nicht gleich sehen soll, dass der Baum aus Kunststoff ist, muss man tief in die Tasche greifen. Kosten: 200 Euro aufwärts, so Rudolf Fenner von der Umweltorganisation Robin Wood.
Die echte Tanne
Der Klassiker unter den Weihnachtsbäumen in Deutschland ist und bleibt die Nordmanntanne mit über 80 Prozent Marktanteil. Waldexperte Fenner kennt ihre Vorzüge: „Weil sie so schön grün und weich ist und nicht nadelt.“ Dahinter liegen Blaufichte, Rotfichte und andere Arten.
„Der echte Weihnachtsbaum schlägt seine künstlichen Konkurrenten um Längen“, sagt Denny Ohnesorge, Geschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH). Die natürlich gewachsenen Bäume sind dem Verband natürlicher Weihnachtsbaum zufolge in der Regel klimaneutral. „Während des Wachstums verarbeiten sie klimaschädliches CO2 aus der Atmosphäre. Bei der späteren Verwertung des Baumes wird aber weniger CO2 freigesetzt, als vorher gespeichert wurde“, lautet die Argumentation.
Wirklich klimafreundlich ist aber nur der Weihnachtsbaum, der aus der Region kommt und dessen Holz oder Holzspäne nach dem Fest für Möbel oder Baumaterial verwendet werden. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) rät beim Kauf zudem zu Fichten, Kiefern und Weißtannen aus Durchforstungsmaßnahmen oder von forstlichen Sonderstandorten wie unter Hochspannungstrassen. Denn diese in der Regel unbehandelten Bäume müssten sowieso gefällt werden.
Die Umweltschutzorganisation Robin Wood weist darauf hin, dass die meisten der in Deutschland verkauften Christbäume aus Plantagen stammen, die gedüngt und mit Pestiziden gespritzt werden – mit entsprechender Belastung für Böden, Gewässer und Tiere.
Die Bio-Tanne
Wer nicht plant, seinen Plastikbaum ewig zu verwenden, sollte also zum Naturprodukt aus der Region greifen. Noch besser ist es mit Bio-Siegel. Etwa 0,7 Prozent der in Deutschland verkauften Bäume tragen nach Angaben des Experten von Robin Wood ein Bio- oder Öko-Siegel. Und teurer als herkömmliche Bäume sind sie nicht.
Der Verband natürlicher Weihnachtsbaum erwartet bei Nordmanntannen einen Laufmeterpreis von etwa 20 bis 27 Euro. Fenner gibt für den gleichen Baum in der Bio-Variante 20 bis 26 Euro an. „Bio-Bäume müssten eigentlich teurer sein“, sagt er. Aber es traue sich kein Anbieter, mehr Geld zu nehmen als für einen konventionellen Baum.
Das Umweltbundesamt empfiehlt folgende Siegel: Bio, Bioland, Naturland, Demeter- oder FSC. Entscheidend sei, dass keine Chemie eingesetzt werden darf – weder beim Düngen noch bei der Schädlingsbekämpfung, erklärt Fenner.
Der Baum mit Wurzel
Ginge es noch umweltfreundlicher? Ja, wenn der Baum das Weihnachtsfest überleben würde. Die Idee, statt eines gefällten Weihnachtsbaumes ein Exemplar mit Wurzeln zu kaufen, hört sich theoretisch nachhaltig und gut an. Das Problem: In der Praxis erleben viele Bäume kein zweites Fest.
Bäume, die erst kurz vor Weihnachten mit ihren Wurzeln aus dem Boden geholt und in einen Topf gepresst werden, würden „kein zweites Fest mehr erleben“, warnt Fenner. Anders verhalte es sich bei Bäumen, die von Anbeginn in einem Topf aufgezogen und über die Jahre mehrfach in größere Behälter umgetopft wurden.
Aber auch diese Bäume leiden nach Fenners Worten, weil sie im Dezember von Natur aus im Winterschlaf sind. „Und wenn sie in das warme Haus kommen, werden sie aus dem Winterschlaf geweckt und verlieren ihren Frostschutz“, warnt Fenner. Später könnten die Bäume „nach zwei Wochen im warmen Wohnzimmer draußen sehr leicht erfrieren“. Eine Ausnahme: Der Baum samt Wurzeln wird in einer regionalen Baumschule, Gärtnerei oder Försterei gemietet und dorthin zurückgebracht. Eine 1,75 Meter hohe Nordmanntanne kostet dann aber 80 bis 100 Euro Leihgebühr.
Interessenten sollten beachten, dass große Bäume oft gegossen werden müssen. Zudem brauche „ein 1,5 Meter hoher Weihnachtsbaum einen Topf, in dem etwa 50 Kilogramm Erde sind“, erklärt Fenner und fragt: „Wer soll den schleppen?“
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