Royals

Viel Kritik an Prinz Harrys intimen Enthüllungen

Schockierende Aussagen in Autobiografie und Interview, zu denen das Königshaus bisher schweigt

Von 
Susanne Ebner
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Prinz Harry wirbt bei einem Besuch in Düsseldorf im September 2022 für die von ihm mit ins Leben gerufenen Invictus Games. © Fabian Strauch/dpa

London. Prinzessin Diana sitzt vor einem Kamin. Nur gelegentlich schaut sie mit den Augen von unten hoch zu ihrem Gegenüber, und doch lässt die Noch-Ehefrau von Prinz Charles eine Bombe platzen: Ihr Ehemann hat sie betrogen. Etwas mehr als 26 Jahre ist es her, dass sich Diana im Kensington-Palast auf einem gepolsterten Sessel Platz nahm, um dem BBC-Journalisten Martin Bashir ein Interview zu geben, das in die Geschichte einging.

In dem Gespräch, das mittlerweile umstritten ist, nachdem bekannt wurde, dass gefälschte Dokumente eingesetzt wurden, um Zugang zu der Prinzessin zu erhalten, enthüllte sie brisante Details. Damit übernahm sie zwar die Kontrolle über das Narrativ ihrer Trennung, zahlte aber auch einen hohen Preis. Es kam zu einem Zerwürfnis mit ihrem Sohn William. Die Scheidung von Prinz Charles, die lange Zeit als Tabu galt, wurde unausweichlich.

Familie soll sich zusammensetzen

Am Sonntagabend stand ihr Sohn Prinz Harry nun dem Journalisten und Autor Tom Brady Rede und Antwort in einem Interview mit dem Sender ITV, das schon vor einigen Tagen aufgezeichnet wurde. Die Kulisse ähnelte dem des Diana-Interviews im Jahr 1995. In einer vertraut anmutenden Atmosphäre sprechen die beiden Männer über Harrys Autobiografie „Spare“ (deutsch: „Reserve“), welche seit Tagen für Aufsehen sorgt und am Dienstag veröffentlicht wird.

Warum er das Buch geschrieben habe, will Brady von ihm wissen. „Ich weiß nicht, wie Schweigen jemals Dinge besser machen soll“, sagt der Prinz. Er hoffe, dass seine Familie bereit sei, sich zusammenzusetzen und über alles zu reden. Dass dies noch möglich sein wird, glaubt jedoch kaum jemand. Schließlich könnte sein Blick hinter die Kulissen der Royals kaum detailreicher sein, sind sich Experten einig.

Nachdem vor einigen Tagen in Spanien und den USA bereits Exemplare vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin aufgetaucht waren, berichten Medien in Großbritannien ausführlich über die schockierenden Enthüllungen. So beschrieb Prinz Harry demnach Details zu seinem ersten Sex mit einer älteren Frau hinter einem Pub und davon, dass er mit 17 Jahren Kokain konsumiert habe.

Auch, dass William und er Charles darum gebeten hätten, Camilla nicht zu heiraten, enthüllt er und dass sein Vater ihn offenbar gebeten habe, seine letzten Jahre nicht zu einer „Qual“ werden zu lassen. Diesem Wunsch jedenfalls zeigt der 38-Jährige nun den Mittelfinger, kommentierte die Zeitung „The Spectator“. In der britischen Öffentlichkeit kommt er damit nicht gut an. Selbst der Kriegsveteran Ben McBean, der als sein Freund gilt, kritisierte ihn: „Er muss endlich den Mund halten“, sagte er der „Sun“. Und: Er werde dies später bereuen.

„Diana hätte ihm abgeraten“

„Diana hätte ihm davon abgeraten“, ist auch der frühere Leibwächter Dianas, Ken Wharfe, überzeugt: „Ich denke, sie wäre aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen klug genug gewesen, um zu sagen: Schau Harry, ich liebe dich, aber das ist keine gute Idee“, sagte er dem Sender „Sky News“. „Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Interviews führender Royals für gewöhnlich nach hinten losgehen“, betonte die Royal-Expertin Katie Nicholl in der Tageszeitung „The Guardian“.

Zuletzt spektakulär bewiesen habe dies Prinz Andrew im Jahr 2019. Damals stellte er sich den Fragen der BBC-Journalistin Emily Maitlis. Was als Befreiungsschlag gegen Missbrauchsvorwürfe gedacht war, endete in einem Desaster. Er verlor kein Wort der Reue über die Freundschaft mit dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein, der mittlerweile verstorben ist. Das Interview provozierte eine Klage der heute 39-jährigen Virginia Giuffre, damals Roberts. Vergangenes Jahr einigte man sich auf einen Vergleich, der den Prinzen Millionen kostete. In der königlichen Familie gilt er seither als Persona non grata. Das Königshaus schweigt bislang zu Harrys Vorwürfen. William tue dies „für die Familie und das Land“, will die „Sunday Times“ von engen Freunden des britischen Thronfolgers erfahren haben. Eine Versöhnung der Brüder scheint aber angesichts der Enthüllungen in weite Ferne gerückt.

Wegen Aussagen von Prinz Harry über die Tötung von Talibankämpfern hat sich ein britischer Militärexperte besorgt um die Sicherheit der Invictus Games in Düsseldorf geäußert. „Ich gehe davon aus, dass der Grad der Bedrohung definitiv höher sein wird“, sagte der ehemalige Marineadmiral Alan West der Sonntagszeitung „Sunday Mirror“. „Es werden Maßnahmen getroffen werden müssen, um die Veteranen zu schützen“, sagte West weiter. Der Prinz sei „sehr dumm“ gewesen, Details zu den Tötungen zu veröffentlichen.

Die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen will das von Harry mitinitiierte Sportfestival für kriegsversehrte Athleten im September 2023 ausrichten. Medienberichten zufolge hatte Prinz Harry in seinen Memoiren geschrieben, als Soldat in Afghanistan 25 Menschen getötet zu haben.

In Deutschland wird Harrys Gespräch mit dem britischen Sender ITV an diesem Montag um 17.00 Uhr bei RTL im Rahmen der Sendung „Exclusiv Spezial: Harry – Das Interview“ gezeigt. (mit dpa)

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