Fulda/Mannheim. Die Identität der drei Opfer des Flugzeugunglücks auf der Wasserkuppe/Rhön steht fest. Nach Angaben der Polizei starb eine 39-Jährige Mutter sowie ihr elfjähriger Sohn und die zwölfjährige Tochter. Am Sonntagnachmittag war eine Cessna 172 über die 670 Meter lange Asphalt-Landebahn hinausgerollt und hatte die Mutter und ihre beiden Kinder erfasst (wir berichteten). Die drei waren sofort tot. Die Maschine gehört zum in Mannheim stationierten Badisch-Pfälzischen Flugsportverein (BPFV). Gesteuert worden war sie von einem Piloten aus Ludwigshafen.
Die Staatsanwaltschaft in Fulda ermittelt; ebenso die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU).
Die Braunschweiger Luftfahrtbehörde nimmt jedes Detail an der viersitzigen Cessna 172 unter die Lupe. Die Untersuchungen konzentrieren sich nach Informationen dieser Zeitung vor allem auf das Gesamtgewicht des Flugzeugs. Kleinflugzeuge - wie alle anderen auch - haben vorgeschriebene Maximal-Gewichte, die eingehalten werden müssen. Piloten haben sich vor dem Start über das Gesamtgewicht zu informieren. Dafür wird das Körpergewicht der Mitfliegenden ermittelt sowie das des Treibstoffs und das Leergewicht des Flugzeugs. Bei der Cessna 172 liegt das zulässige Gesamtgewicht - je nach Typ - bei 1000 bis 1050 Kilogramm. Die Maschine selber wiegt knapp 700 Kilogramm, so dass für Passagiere,Treibstoff und Gepäck etwa 350 Kilogramm bleiben. Sollte eine Maschine überladen sein, so verändert das die Flugeigenschaften und beeinflusst Manöver in der Luft - sie steigt etwa langsamer oder braucht eine längere Startstrecke zum Abheben oder mehr Meter zum Ausrollen. Überladung ist in jedem Fall gefährlich bei fast jeder Bewegung in der Luft.
Das Flugzeug, das am Sonntag auf dem höchsten hessischen Berg über das Ende der Landebahn hinausrollte, war mit vier Personen besetzt. Nach Informationen dieser Zeitung wurde die Maschine in Mannheim vor dem Start noch getankt - mit wie viel Litern, das war nicht in Erfahrung zu bringen.
Nach den Erfahrungen von Flugexperten konzentrieren sich vor allem die Versicherungen, die bei solchen Unfällen beansprucht werden, auf die Frage, ob ein Flugzeug möglicherweise überladen war. Sollte das der Fall sein, können die Versicherer sich in Teilen oder ganz aus der Schadensbegleichung zurückziehen. Ob die Cessna aus Mannheim überladen war, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. "Das ist alles Spekulation. Keiner weiß, was passiert ist", sagte Klaus Peters, Präsident des Badisch-Pfälzischen Flugsportvereins Mannheim, der Deutschen Presse-Agentur. Der Pilot sei sehr erfahren und gut in Übung.
Nach Ansicht von Flugexperten deutet vieles darauf hin, dass der Pilot versucht hatte, die Maschine durchzustarten. Möglicherweise hatte sie auch schon auf der Asphaltpiste aufgesetzt und der Pilot dann erkannt, dass die Strecke zum Ausrollen nicht ausreichend ist und deshalb versucht, wieder abzuheben. "Das Fahrwerk sieht gestaucht aus; das deutet darauf hin, dass die Maschine hart aufgesetzt hatte", sagte ein Fachmann dieser Zeitung.
Ebenso prüfen die Unfallermittler der BFU, ob der vor ein paar Monaten ausgetauschte Motor und das vor kurzem neu eingebaute Motorenteil, eine Nockenwelle, irgendwelche Auswirkungen auf ein mögliches Durchstarten hatten. Das neu eingebaute Teil war noch in der sogenannten Einlaufphase. In der Zeit sind extreme Flugmanöver möglichst zu vermeiden.
- Kleinflugzeuge wie die Cessna setzen bei ordnungsgemäßer Landung mit etwa 100 Stundenkilometern auf; mit etwa derselben Geschwindigkeit heben sie auch beim Start ab
- Die geflogene Cessna 172 gilt als komplikationslos. Sie wird als „besonders gutmütig“ bezeichnet, verzeiht also auch kleine Pilotenfehler
- Die Asphalt-Landebahn auf der hessischen Wasserkuppe ist 670 Meter lang; das sind übliche Längen, die hinreichend zum gefahrlosen Ausrollen sind, wenn die Maschine im ersten Viertel der Bahn aufsetzt
- Schwierig wird es für Piloten, wenn sie kurz vorm Aufsetzen sind und sich dann fürs Durchstarten entscheiden; das Flugzeug braucht ein paar Sekunden, um wieder Höhe zu gewinnen und sich von der Landebahn zu entfernen. Das wird nochmals erschwert, wenn die Landebahn eine Steigung - wie auf der Wasserkuppe - hat
- Die Piste auf der Wasserkuppe - etwa 950 Meter über dem Meerespiegel - gilt bei Sportpiloten als etwas anspruchsvollere Bahn, weil sie ansteigt. Das Flugzeug landet also gegen den Berg. Der Höhenunterschied vom Anfang bis zum Ende der etwa 670 Meter langen Asphaltpiste beträgt gut 30 Meter.
- In Deutschland gibt es etwa 350 Flugplätze für Kleinflugzeuge. Dabei ist es üblich, dass Fußgänger und Besucher sich nahe an den Pisten aufhalten können. Es gibt auch kleine Flugplätze, die von Feldwegen gekreuzt werden. lü
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