Wacken/Mannheim. Für viele Fans von Hard Rock und Metal ist das Wacken Open Air eines der Highlights des Jahres. Eigentlich hätten bei dem Festival, das am Mittwoch startete bis einschließlich Samstag rund 200 Bands auf neun Bühnen auftreten sollen.
Doch das anhaltende Regenwetter sorgte nicht nur für ein Gelände voller Schlamm. Der Platz, wo sonst zahlreiche Musikfans campieren, wurde durch den Schauer überflutet, so dass nur ein Teil als Übernachtungsmöglichkeit genutzt werden konnte.
Kurz vorm offiziellen Start kam es zum Anreisestopp. Laut dpa hätten die Veranstalter mit 85.000 Besuchern gerechnet, allerdings seien lediglich 50.000 Leute auf dem Gelände. Mit den Verspätungen zum Start begründeten die Veranstalter die Streichung von sechs Bands. Dabei handelt es sich unter anderem um Bands, die am Nachwuchs-Wettbewerb „Metal Battle“ teilnehmen wollten.
"Zeltplätze sind abgesoffen"
Die Besucher, die es geschafft haben, sind glücklich. Einer von ihnen ist Steffen Mäurer. Der Freinsheimer ist seit Jahren Metal-Fan und besucht leidenschaftlich Konzerte. Wie in den vergangenen Jahren hat er für die Zeit des Festivals eine Ferienwohnung in der Nähe gemietet und ist bereits seit Sonntag in Schleswig-Holstein. „Wir sind am heutigen Mittwoch auf gut Glück mit dem Taxi zum Gelände losgefahren, da wir nicht wussten, ob wir reinkommen oder nicht“, sagt der 55-Jährige. Schlamm und Regen habe es eigentlich schon öfter gegeben.
„Das Hauptproblem war dieses Mal, dass es im Vorfeld so extrem viel geregnet hat“, sagt der Freinsheimer. „2015 war es auch ziemlich schlammig, aber da waren die Leute halt schon auf dem Gelände.“ Zu seinen Freunden gehört Marcus Schwetasch, Fotograf dieser Zeitung, der privat auf dem Festival, und bereits seit Montagmorgen da ist.
„Wir waren eigentlich immer zelten“, sagt Schwetasch, der das Konzert zum sechsten Mal besucht. „Aber da die Zeltplätze komplett abgesoffen waren, haben sie uns nicht mehr draufgelassen.“ Laut Veranstalter könne nur 25 Prozent der Camping-Fläche genutzt werden, und die Autos mussten mit Traktoren gezogen werden. „Das wollten auch viele nicht.“
Das sagen Gäste über die Wacken-Veranstalter
Über Freunde aus Ludwigshafen, die ebenfalls zum Event gereist sind, konnte er eine alternative Unterkunft ergattern. „Die Vermieterin der Ferienwohnung hat noch ein kleines Gartenhäuschen, das wurde zum Schlafplatz umfunktioniert“, sagt er. „Da bin ich froh drum, denn sonst müsste ich im Schlamm schlafen oder wäre heimgefahren.“
Ein Teil seiner Camping-Clique aus Viernheim ist nach mehreren Stunden im Stau nachts wieder abgereist. Für die Veranstalter hat er Verständnis. „Sie können nichts dafür, wenn es jetzt so stark regnet und machen alles, was nur geht. Es macht trotzdem Spaß und man freut sich auf Bands wie Iron Maiden.“
Daniela Wiegner ist Content Creatorin des Instagram-Accounts „Thediary_ofD“. „Eigentlich war eine Kooperation mit Krombacher geplant gewesen“, sagt die Mannheimerin. Aber aufgrund der aktuellen Situation wurden die Influencer gebeten, bis Donnerstag zu warten, bevor weitere Informationen kommuniziert werden, erzählt sie. „Da wir aber eine sehr weite Anreise hatten, sind wir am Dienstagnachmittag losgefahren.
Am Mittwoch hat Krombacher beschlossen, keine Content Creater-Werbung zu machen.“ Dennoch dürfen die Influencer sich auf dem Festival aufhalten, weshalb die Mannheimerin im VIP-Bereich mitfeiert. Statt zu campen, hat sich die Besucherin ihren Aufenthalt in dem Hotel verlängert, das eigentlich nur als Zwischenstopp gedacht war.
„Natürlich bin ich schon etwas traurig“, sagt sie über den geplatzten Deal. „Ich wollte mir aber selbst ein Bild davon machen, wie es hier ist. Das wird ein Wacken sein, das in die Geschichte eingeht.“ Das Gelände sei ziemlich schlammig. „Aber die Stimmung vor Ort ist gut. Vorne an der Bühne ist alles voll.“ Sie mache das beste aus der Situation und reise erst am Sonntag wieder ab. „Wir wollen es erleben und dabei sein.“
Acht Stunden im Stau
Fabian Schmitt und vier seiner Freunde haben sich extra Urlaub genommen. Die Gruppe wollte dort Campen. Doch nach einer achtstündigen Wartezeit im Stau beschließen sie am Montag, wieder nach Hause zu fahren. „Es rentiert sich nicht“, sagt der 34-Jährige. „Wenn es so weiterregnet, wird man nur krank.“
Nach einer Übernachtung auf einem Autohof ging es für sie zurück nach Viernheim. Schmitt ist traurig, dass er nicht dabei sein kann. „Der Kopf sagt, es war die richtige Entscheidung, wenn man die Bilder mit dem Schlamm sieht und wie die Autos auf den Acker gezogen wurden.“ Man wisse auch nicht, wie man am Sonntag da wieder wegfahren könne. „Aber das Herz blutet doch.“ Da keiner mit diesen Wassermassen rechnen konnte, könne man auch den Veranstaltern nicht böse sein.
„Das ist höhere Gewalt.“ Positiv sei, dass er von der Wacken-Foundation die Nachricht erhalten habe, dass die Besucher, die wegen des Wetters nicht anreisen konnten, den Ticketpreis von zurückerstattet bekommen. Der Viernheimer hat 350 Euro dafür bezahlt.
Doch ganz auf das Festival verzichten muss er nicht. „Jetzt sitzen wir bei mir und schauen die Wacken-Konzerte m Stream“, sagt er und fügt optimistisch dazu: „Wir hoffen dann auf nächstes Jahr. Wacken ist ein Erlebnis und eines der besten Festivals.“
Besucherin Christina Schieber war rund 24 Stunden unterwegs, um zum Festival zu kommen. „Zum Glück waren wir aber eine der Gruppen, die es noch vor dem Einlassstopp auf den Campingplatz geschafft hat.“, sagt die 27-Jährige. „Dementsprechend sind wir auch einigermaßen zufrieden mit der Situation, wir konnten zumindest selbstständig auf den Campingplatz fahren ohne abgeschleppt zu werden.“
Matschige Wege, gute Stimmung vor der Bühne
Maximilian Kaufmann ist zunächst gut durchgekommen und erst zehn Kilometer vor Wacken in einen Stau geraten. „ Dort mussten wir dann erstmal aufgrund des Staus viereinhalb Stunden waren, bis es irgendwie vorangegangen ist“, sagt der 30-Jährige. „Bis mittags haben wir nur vier Kilometer geschafft. Dann ging es langsam voran, am späten Nachmittag waren wir dann auf dem Gelände. In der kurzen Regenpause konnten wir dann unsere Zelte und Pavillons aufbauen.“ Auf dem Gelände sei alles gut organisiert, es gebe auch kein großes Gedränge, allerdings seien die Wege sehr matschig. „Die Stimmung ist eigentlich gut, die Leute haben ihren Spaß und die Bands haben bisher ordentlich Stimmung gemacht.“
Hans, ein Besucher aus der Nähe von Bürstadt ist mit sieben Freunden auf dem Flugplatz "Hungriger Wolf" bei Itzehoe gestrandet - von dort sind die Metalfans mit dem Shuttle-Bus nach Wacken geholt worden. „Es gab auch Zeitpunkte, wo ich gesagt habe: Leute, ich fahre wieder heim, leck mich am Arsch, ich komme nächstes Jahr wieder.“
Die Viernheimer Band Supernova Plasmajets tritt dieses Jahr zum ersten Mal beim Wacken Open Air auf. Am Mittwoch ist das Quintett angereist. „Wir konnten uns dann schon mal backstage ein bisschen umschauen. Wir haben schon ein paar Leute kennengelernt und alte Bekannte getroffen“, sagt der Schlagzeuger Boris Horn. „Auf den Hauptbühnen konnten wir auch ein paar Bands anschauen.“
App informiert Wacken-Besucher
Die Gruppe wollte dort ursprünglich campen um die ganze Wacken Experience mitzuerleben.“ Aber das Bandcamp sei nicht mehr befahrbar gewesen. Kurzerhand mieteten sich die Musiker eine Ferienwohnung in der Nähe und pendeln zum Konzert. „Die Leute die da sind, sind sehr froh, dass sie noch reingekommen sind.“ Natürlich seien die Leute, die nicht reingekommen sind, frustriert. „Das ist absolut nachvollziehbar, dann manche sind von anderen Kontinenten angereist.“
Horn findet dennoch, dass Anreisestopp die richtige Entscheidung der Veranstaltung gewesen sein. Das Gelände sei sehr schwer zu händeln. „Vor der Bühne ist der Schlamm manchmal knietief. Die Kapazität ist mehr als erreicht.“
Über eine App wird das Publikum per Push informiert, wer wann auftritt. Die Organisation an sich ist für die Situation sehr gut.“Innerhalb der Band sei die Stimmung ebenfalls gut, sagt Horn. „Wir freuen uns, endlich mal auf Wacken spielen zu können. Wir haben schon einige große Festivals gespielt, aber Wacken ist die Mutter aller Festivals für Rock und Metal.“ und zwar im Landgasthof. „Da haben wir das große Glück, dass es überdacht ist“, sagt Horn vor dem Auftritt und lacht. „Es ist ein Vorteil für uns, weil dann ganz viele Leute zur überdachten Bühne möchten.“
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