Tourismus

Das Mittelmeer ist fast so warm wie eine Badewanne

Die extreme Hitze hat Mallorca fest im Griff – und ein Ende des Rekordsommers ist nicht in Sicht

Von 
Ralph Schulze
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Selbst das Meer bringt wenig Abkühlung: Die bei den Deutschen beliebteste Ferieninsel Mallorca hat mit extremer Hitze zu kämpfen. © Clara Margais/dpa

Palma. Als den Touristen das Wasser ausging, merkten sie, dass sie in eine ernste Lage geraten waren. Während Mallorca unter einer nie dagewesenen Backofenhitze ächzt, war ein Ehepaar mit zwei Kindern im Alter von acht und zwölf Jahren im Tramuntana-Gebirge zu einer Wanderung aufgebrochen. Keine gute Idee: Irgendwann waren die Trinkflaschen leer, die Kinder dehydrierten. Also riefen die Eltern am späten Nachmittag verzweifelt den Notruf an und ließen sich von Feuerwehrleuten aus Sóller retten. In der Rettungsleitstelle können sie kaum glauben, wie leichtsinnig manche Urlauber sind. „Die Wanderer“, mahnt die Feuerwehr, „haben die Hitzewelle unterschätzt und die Waghalsigkeit begangen, unter diesen Voraussetzungen mit Kindern ins Gebirge zu gehen.“

Mit „diesen Voraussetzungen“ meinen die Männer und Frauen von der Leitstelle die Affenhitze, die Mallorca derzeit zu einem Backofen macht. Seit Tagen werden Temperaturen von bis zu 38 Grad gemessen, am gestrigen Sonntag und heute könnte die Insel Meteorologen zufolge sogar erstmals in diesem Jahr die 40-Grad-Marke erreichen.

Mehr als zehn Tage hält die Hitzewelle bereits an – schon jetzt die längste Extremwetterperiode aller Zeiten. Die bisher längste Hitzewelle auf Mallorca hielt sechs Tage in Serie an. Was als Hitzewelle gilt, ist übrigens genau definiert: „Auf Mallorca liegt die Temperaturgrenze für eine Hitzewelle bei 36 Grad“, sagt ein Sprecher des spanischen Wetterdienstes Aemet. 36 Grad – das empfänden viele zwischen Santa Ponça und Cala Rajada mittlerweile als willkommene Abkühlung.

Mallorca macht seinem Beinamen „Teutonengrill“ in diesen Tagen alle Ehre. Die Hunderttausenden Touristen, die derzeit auf der spanischen Ferieninsel Urlaub machen, versuchen, sich beim Baden zu erfrischen. Doch das Mittelmeer hat in Küstennähe fast schon Badewannentemperatur. Nach mehr als einer Woche Extremwetter mit heißen Tagen und tropischen Nächten misst das Wasser annähernd 30 Grad – deutlich mehr als normalerweise im Juli. Die Bullenhitze macht erfinderisch: An den Stränden fallen Sonnenanbeter auf, die sich auf dem Handtuch liegend mit einem Wassersprüher einnebeln. Stadtbesichtigungen lassen viele derweil ausfallen. Vor der berühmten Kathedrale von Palma etwa, wo sich sonst Touristengruppen tummeln, stehen nur ein paar Urlauber schutzsuchend im Schatten umliegender Häuser und Bäume. Wo die Sonne auf den blanken Asphalt knallt, ist es wie ausgestorben.

Ein Ende dieses Rekordsommers ist nicht in Sicht. Zwar sollen die Temperaturen zu Beginn dieser Woche fallen, was die aktuelle Wärmewelle offiziell beenden würde. Schon am Mittwoch aber könnten in der Inselmitte wieder 37 Grad gemessen werden – womöglich der Beginn der nächsten Hitzestrecke. Die aktuelle ist bereits die zweite Welle von extremen Sommertemperaturen in diesem Jahr.

Experten gehen davon aus, dass Mallorquiner und Touristen in den kommenden Wochen weitere sehr heiße Perioden erleben werden. Denn der August kommt erst noch – und in dem Monat seien Hitzewellen auf Mallorca am statistisch wahrscheinlichsten. Der Aemet-Sprecher betont, dass die Anzahl der Hitzewellen auf der Insel im Lauf der vergangenen Jahrzehnte stark gestiegen sei.

Der Klimaforscher Fernando Valladares vom angesehenen spanischen Forschungsinstitut CSIC warnt angesichts der globalen Erwärmung, dass die aktuelle Bratpfannenhitze aller Voraussicht nach erst der Anfang sei. „Dieser Sommer gehört vermutlich noch zu einem der kühleren, verglichen mit dem, was uns in der Zukunft bevorsteht.“

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sind besonders Säuglinge, Kinder und ältere Menschen von Hitzschlägen bedroht. In diesem Jahr habe die derzeitige Wärmewelle in Spanien und Portugal mehr als 1700 Todesopfer gefordert.

Immerhin: Trotz der Hitze wurde Mallorca bisher von größeren Waldbränden verschont. Anders sieht es auf dem spanischen Festland aus. Dort ist Wald und Vegetation auf einer Fläche verbrannt, die größer ist als die Stadt Hamburg.

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