Viernheim

Zwei Schüler aus Viernheim helfen ohnmächtiger Frau

Sie haben keine Sekunde gezögert: Als im Zug eine junge Frau in Ohnmacht fällt, leisten zwei Schüler der Alexander-von-Humboldt-Schule Erste Hilfe. Dafür werden sie nun ausgezeichnet

Von 
Katja Geiler
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Sophie Adler und Simon Adler zeigen stolz ihre Urkunden, die sie für ihren besonderen Einsatz in einer Notsituation erhalten haben. © Katja Geiler

Eine Person wird im Zug bewusstlos. Sophie Adler und Simon Adler ziehen die Notbremse und leisten Erste Hilfe, bis die Sanitäter kommen. Die beiden sind Schüler der Alexander-von-Humboldt-Schule – und erhielten nun für ihre Zivilcourage und ihr besonders schnelles Handeln in einem Notfall Urkunden vom Magistrat der Stadt Viernheim und der Arbeitsgemeinschaft Viernheimer Hilfsorganisationen, vertreten durch Marc Häffner und Roger Deuser.

Sophie Adler und Simon Adler sind beide 17 Jahre alt und besuchen die zehnte Klasse des Gymnasiums. Sie sind nicht miteinander verwandt, der gleiche Name ist ein Zufall. Sie haben etwas getan, was für sie selbstverständlich ist: Sie leisteten umgehend Erste Hilfe. „Man kann auf Nachahmer hoffen. Unsere Gesellschaft lebt davon, dass man nicht wegschaut“, lobte der kommissarische AvH-Schulleiter Lutz Ackermann den Einsatz.

Entspannte Rückreise nach einer Woche in Helsinki

Bei der Urkundenverleihung im Neuen Rathaus mit Bürgermeister Matthias Baaß erzählten sie die komplette Geschichte von Anfang an. „Wir nahmen im Mai an einem Erasmus-Austausch an einer deutschen Schule in Helsinki teil, wir waren elf Leute“, erzählt Sophie, die aus Viernheim kommt. Finnisch lernen mussten die Schüler nicht, sie sprachen in der Schule Deutsch und ansonsten Englisch. „Wir haben an der Schule in Helsinki auch unseren ehemaligen Klassenlehrer besucht, der dorthin gewechselt ist“, sagte Simon, der aus Schriesheim kommt. Den Austausch begleiteten die Lehrer Anna Becker und Dirk Tritsch.

Nach einer Woche in Helsinki begann die Rückreise sehr entspannt. Die Gruppe verbrachte eineinhalb Tage auf der Fähre von Helsinki nach Travemünde. „Wir hatten viel Spaß. Man hat dort kein Netz und kann sich nicht mit dem Handy beschäftigen, deshalb haben wir viel gespielt“, blickte Simon zurück. Nach der Ankunft in Travemünde und dem Wiedereintritt ins deutsche Handynetz ging es erst einmal ins nah gelegene Lübeck zur Übernachtung.

Am nächsten Tag fuhr die Gruppe mit dem Zug nach Mannheim. Kurz vor der Einfahrt in den Essener Hauptbahnhof passierte das Ereignis. Eine junge Frau, Mitte 20, fiel in Ohnmacht. Durch den Aufruhr wurden Sophie und Simon aufmerksam und eilten sofort hin. „Die Frau reiste allein und trug eine Maske. Sie lag auf dem Mittelgang. Die Frau, die gegenüber saß, meinte, sie sei mit dem Kopf auf den Tisch geknallt und dann zu Boden gefallen“, sagte Sophie. Einen Notruf hatte bereits jemand abgesetzt. Nun galt es, die Zeit bis zum Eintreffen der Sanitäter zu überbrücken.

Und was war mit dem Zug? Würde dieser nicht wieder den Bahnhof verlassen? Da die Frau atmete, brachten Simon und Sophie sie in die stabile Seitenlage. Ein ehemaliger Rettungssanitäter kam dazu und gab ihnen Anweisungen. Die Frau wachte zwischendurch kurz auf, sagte, sie sei morgens auf den Kopf gefallen und verlor dann wieder das Bewusstsein. Drei bis vier Mal ging das so.

Die Schüler und der Sanitäter beschlossen, dass jemand die Notbremse ziehen müsse, damit der Zug nicht weiterfuhr. „Wir waren uns sehr unsicher, ob wir die Notbremse ziehen sollen. Deshalb haben wir uns kurz abgesprochen, das hat uns Sicherheit gegeben“, sagte Sophie. Schließlich zog Simon die Notbremse, als der Zug sich gerade in Bewegung gesetzt hatte.

Kurs zum Sanitätshelfer hat sich bereits ausgezahlt

Das Bordpersonal kam dazu, und schon fünf Minuten später trafen die Sanitäter ein, die die Frau aus dem Zug trugen. „Sie wirkte gesund, nicht gebrechlich oder abgemagert. Wir haben noch ihre Sachen zusammengesucht und sie den Sanitätern mitgegeben“, fügte Simon hinzu. Die Schüler wissen nichts über die Frau, auch nicht, wie es ihr danach erging.

Im März absolvierten Sophia und Simon einen Kurs zum Sanitätshelfer – dieser dürfte sich schon ausbezahlt haben. „Man sollte auf jeden Fall einen Erste-Hilfe-Kurs machen, falls ein Notfall passiert. Leute, die vor 30 Jahren ihren Führerschein gemacht haben, sollten den Kurs auffrischen“, sagte Sophie. Ein Kurs gebe Sicherheit im Ernstfall. Am schwierigsten sei die Entscheidung gewesen, die Notbremse zu ziehen, denn der Missbrauch ist strafbar. „Ich hatte Hemmungen, die Notbremse zu ziehen, daher war es gut, dass jemand an meiner Seite stand. Hinterher hat niemand mehr gefragt, wer gezogen hat“, so Simon.

Doch es gibt auch diejenigen, die dumm rumstehen, die Gaffer, über die sich die beiden ärgerten. Auch im Zug hätten Leute gegafft. „Man erlebt es immer mehr. Bei Unfällen steigen die Leute aus den Autos und gaffen. In Viernheim war ein Brand, da wurden Rettungssanitäter angegriffen, das geht überhaupt nicht“, sagte Sophie.

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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