Viernheim/Ried

Sorge um Zukunft der Apotheken in Viernheim und dem Ried

Mit zentralen Aktionen wollen hessische Apothekerinnen und Apotheker gegen Pläne des Bundesgesundheitsministers mobil machen. Doch in Viernheim und dem Ried machen nicht alle mit, sondern finden eigene Protestformen

Von 
Daniela Hoffmann
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Am Fenster der Lampertheimer Andreas-Apotheke kündigt ein Hinweisschild den Apothekenstreik an. © Berno Nix

Er befürchtet einen Kahlschlag in der Apothekenlandschaft, wenn die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Apothekenreform umgesetzt würde. Deshalb hat der Hessische Apothekerverband für Donnerstag, 27. Juni, und Freitag, 28. Juni, erneut zu Protesttagen aufgerufen.

Flächendeckend würden währenddessen Apotheken geschlossen bleiben, kündigte der Verband Anfang der Woche in einer Mitteilung an. Doch die Apotheken-Teams machen sich die Entscheidung vor Ort nicht leicht. Einige beteiligen sich nicht oder nur teilweise an dem Streik. Oder sie wählen statt der geplanten Großkundgebung in Frankfurt ganz eigene Formen des Protests.

„Wir lassen nur Freitagmittag zu“, kündigt etwa Wolfgang Kempf auf Nachfrage an, der die Rathaus-Apotheke in Viernheim betreibt. Mehr ginge nicht, weil er und ein weiterer Kollege das Forum für Senioren, eines der Pflegeheime in der Stadt, mit Medikamenten versorgen.

Dennoch findet Kempf es richtig, mit einem breit angelegten Streik gegen die Pläne Lauterbachs zu demonstrieren. Eine bundesweite Aktion fände er sogar noch besser, betont er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Reduziertes Personal und Angebot

„Seit 2013 gab es keine Anpassung unserer Honorare mehr, Kosten und Inflation aber steigen und steigen“, erklärt Kempf. Dazu käme die Konkurrenz durch die Online-Apotheken, „die weder Nacht- noch Notdienst bieten“, aber Kundschaft abziehen. Statistisch schließe daher jeden Tag in Deutschland eine Apotheke, so der Viernheimer.

Sorge macht ihm zudem Lauterbachs Vorhaben, sogenannte „Apotheken light“ zu etablieren. Diese Pläne sehen vor, dass künftig in Filial-Apotheken Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) Arzneimittel abgeben dürfen, ohne dass ein studierter Pharmazeut oder eine Pharmazeutin vor Ort ist. Bei Bedarf müsse allerdings ein Apotheker beziehungsweise eine Apothekerin aus einer anderen Filiale per Video zur Unterstützung zugeschaltet werden können.

Was das Modell „Apotheke light“ für die Patienten bedeuten würde, soll am Donnerstag und Freitag in der Lampertheimer Innenstadt gezeigt werden. Darauf haben sich die Apothekerinnen Sibylle Fath, Jutta von Amende und Christine Feldhofen-Heider verständigt. Sie reduzieren deshalb während der beiden Tage Personal und Angebot. Ganz zu lassen wollen sie ihre Apotheken aber nicht. Gleiches gilt für die Neue Apotheke in Biblis, die Sybille Fath ebenfalls betreibt.

„Vor allem die Patientinnen und Patienten würden leiden“

„Wir alle hoffen inständig, dass Lauterbachs derzeitige Pläne nicht Realität werden“, sagt Fath. Denn Beratung, das Herstellen von Rezepturen oder Botendienste wie heute, seien sonst nicht mehr möglich, so die Pharmazeutin.

Das sieht ihr Bürstädter Kollege Hermann Müller genauso. „Wenn das so käme, würde nicht nur unser Berufsstand leiden, sondern vor allem die Patientinnen und Patienten“, macht er deutlich.

In einer Apotheke gehe es schließlich nicht darum, einfach irgendetwas zu verkaufen. „Um jemanden, der krank ist, muss man sich doch kompetent kümmern“, meint er.

Dass inzwischen immer mehr fertige Pharmazeutinnen und Pharmazeuten von der Universität direkt in die Industrie gehen, wundere ihn nicht, so Müller. Und die Rahmenbedingungen machten es für junge Leute immer unattraktiver, eine Apotheke zu übernehmen. Zudem werde es zunehmend schwieriger Personal zu finden.

„Das Apothekensterben wird wohl weitergehen“, mutmaßt Müller. Zwar wird er sich diesmal nicht am Apothekenstreik beteiligen, weil er unter anderem Dialyse-Zentren beliefert. Trotzdem hält Müller die Proteste für notwendig. Die Reform dürfe nicht umgesetzt werden, sagt er. „Alles andere wäre ein fahrlässiger Umgang mit Patienten.“

Redaktion

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