Kulturdenkmal

Gottesdienst am sanierten Wegkreuz in Viernheim

Der Freundeskreis Heimatgeschichte hat ein 300 Jahre altes Wegkreuz am Viernheimer Bannholzgraben restaurieren lassen. Gefeiert wird das Jubiläum nun mit einem ökumenischen Gottesdienst

Von 
Wolfram Köhler
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Seit 300 Jahren steht das Wegkreuz „Der Herrgott“ Am Alten Weinheimer Weg. Katholiken und Protestanten feiern das Jubiläum am Samstag mit einem ökumenischen Gottesdienst. © Freundeskreis Heimatgeschichte

Viernheim. Die Geschichte ihrer Heimatstadt liegt ihnen am Herzen, und sie suchen unentwegt Gleichgesinnte, die sich mit ihren Detailkenntnissen über die Vergangenheit Viernheims einbringen möchten. Der Freundeskreis Heimatgeschichte, gegründet vor 15 Jahren, besteht aktuell aus zehn bis 20 Aktiven. Alle sechs Wochen treffen sie sich, um sich über Dinge auszutauschen, die sie bewegen – um im besten Fall etwas zum Positiven zu verändern. So beschreibt Heinz Klee, Initiator der Gruppe, die Idee des offenen Zusammenschlusses.

Zuletzt hat sich der Freundeskreis intensiv mit einem der ältesten Wegkreuze Viernheims beschäftigt und es instand setzen lassen. Seit 300 Jahren steht „Der Herrgott“ an seiner Stelle Am Alten Weinheimer Weg, war aber in keinem guten Zustand mehr, berichtet Klee rückblickend. „Das Kulturdenkmal in der freien Landschaft wurde einst von einem Auto umgefahren und mehr schlecht als recht saniert.“ Die Mitglieder seien sich einig gewesen: „So können wir den runden Geburtstag nicht feiern.“

Der Viernheimer Architekt Cornelius Fischer habe sich daraufhin bereit erklärt, die rund 1500 Euro teure Restaurierung zu finanzieren. Mitglied Herbert Kempf stimmte die Reparaturarbeiten am Sandstein und den Anstrich mit dem Stuckateurbetrieb Scheidel ab. „Wir haben dabei zudem eng mit dem städtischen Museum und seiner Leiterin Elke Leinenweber zusammengearbeitet“, sagt Klee.

Drei Monate dauerte die Umsetzung, nun ist alles fertig, die Jubiläumsfeier steht bevor: Der Freundeskreis Heimatgeschichte lädt aus diesem Anlass gemeinsam mit der Abteilung Stadtgeschichte des Kultur- und Sportamts am Samstag, 21. September, 17 Uhr, zu einem ökumenischen Gottesdienst direkt am Flurkreuz im Bereich des Bannholzgrabens ein. „Wir rücken das Wegkreuz ins Bewusstsein der Bevölkerung und machen auf unsere Arbeit aufmerksam“, umschreibt Heinz Klee die Intention der Veranstaltung.

Neue Ausgabe der Reihe „Viernheimer Hefte“

Die Begrüßung übernimmt er selbst, Bürgermeister Matthias Baaß wird ebenso zu den Gästen sprechen. Über die Geschichte des Kreuzes aus dem Jahr 1724 und seine Bedeutung für Viernheim informiert im Anschluss Wolfgang Jäger die Besucher. Den Gottesdienst gestalten Gemeindereferent Herbert Kohl als Vertreter der katholischen Kirche und der evangelische Pfarrer Markus Eichler. Für die musikalische Umrahmung ist der Posaunenchor zuständig. Den Abschluss bildet ein gemütlicher Umtrunk mit einem Imbiss. Die Organisatoren weisen darauf hin, dass es vor Ort keine Bestuhlung gibt. Die Teilnehmer werden gebeten, gegebenenfalls eine Sitzgelegenheit mitzubringen.

Zu der Feierstunde erhalten die Gäste eine neue Ausgabe der Reihe „Viernheimer Hefte“. Nach Angaben der städtischen Presse- und Informationsstelle bietet die Broschüre „spannende Einblicke in das historische Umfeld zur Zeit der Errichtung des Kreuzes“. Sie sei anschließend auch im Museum erhältlich.

In Viernheim existieren nach Angaben der Verwaltung noch 21 historische Wegkreuze, die teils bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen. „Diese Kreuze, entstanden im Zuge der Gegenreformation, haben eine tiefe religiöse und kulturelle Bedeutung für die Stadt“, heißt es in einer Mitteilung zum Festgottesdienst.

Bei dem 300 Jahre alten Kulturdenkmal handelt es sich laut dem Freundeskreis um ein so genanntes Votivkreuz. Aufgestellt wurde es somit infolge eines Versprechens oder eines Gelübdes. Damit verbunden sind häufig Leidensgeschichten von Menschen, die durch das Kreuz ihren Dank Gott gegenüber zum Ausdruck bringen. „Der Herrgott“ Am Alten Weinheimer Weg sei vermutlich das letzte Überbleibsel eines großen Gehöfts, das auf den Grundmauern einer römischen Villa Rustica errichtet worden war.

Klee zufolge deutet eine Motivtafel auf „sehr reiche Leute“ als Stifter hin. Möglicherweise habe ein Mann das Kreuz nach einer schweren Krankheit seiner Frau errichten lassen, sagt er, fügt aber sogleich hinzu: „Das ist hoch spekulativ.“ Ganz sicher ist für den Geschichtsfreund hingegen, dass der Freundeskreis auch weiterhin die Erinnerungen an die Viernheimer Geschichte wachhalten will. Die Gründung eines Vereins mit einer Satzung sei aber auch weiterhin nicht geplant, erklärt Klee. Es gehe vielmehr darum, Menschen zusammenzuführen, die sich im privaten Umfeld mit historischen Themen auseinandersetzen. Das könnten alte Postkarten, Landkarten oder Filme sein. Aber auch die Geschichte der Apostelkirche.

Engagement für Erhalt alter Archive und Gebäude

Für die Gruppe ebenso wichtig ist der Erhalt alter Häuser, Familienarchive und Glaubenszeugnisse. „Und sie klinkt sich ein, wenn etwas schiefläuft“, betont Klee. Dies war etwa vor vier Jahren der Fall, als die Kapelle in der Weinheimer Straße als Lager für Gartengeräte genutzt wurde. In den gleichen Zeitraum fielen Überlegungen der katholischen Pfarrei, die Marienkirche als Kindertagesstätte zu nutzen. Auch damals trat der Freundeskreis öffentlichkeitswirksam in Erscheinung – und stemmte sich – letztlich erfolgreich – gegen das Vorhaben.

Redaktion

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