Viernheim. „Einen an Demenz erkrankten Angehörigen zu pflegen, ist eine mutige Entscheidung. Eine Herzensentscheidung. Das tut man aus Liebe.“ Melanie Dietrich von der Caritas in Viernheim weiß aus ihrer Beratungserfahrung, wie viel Druck auf Menschen lastet, die einen Demenz-Patienten versorgen.
Aus diesem Grund startet der Verband nun wieder seinen Gesprächskreis für Angehörige von an Demenz erkrankten Menschen, den man wegen der Pandemie vor einigen Jahren hatte einstellen müssen. Am Dienstag, 8. Oktober, trifft sich die neue Gruppe zum ersten Mal.
Demenz-Gruppe: Neben dem Erfahrungsaustausch soll es auch fachliche Infos geben
Melanie Dietrich wird den Kreis leiten und moderieren. Ihr ist es ein Anliegen, dass der Treff sich nicht nur als Selbsthilfegruppe versteht. „Natürlich sollen hier Gleichgesinnte ins Gespräch kommen. Aber wir wollen darüber hinaus auch fachliche Informationen bieten“, kündigt sie an.
Dabei gehe man auf die Bedürfnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein und setze eventuell auch Schwerpunktthemen wie zum Beispiel Vorsorgevollmachten, gesetzliche Betreuung oder Pflegeversicherung. Denkbar sei auch, Referenten zu den Treffen einzuladen.
Aber natürlich steht vor allem der Erfahrungsaustausch auf der Tagesordnung. Die Entscheidung, einen an Demenz erkrankten Angehörigen zu pflegen, bezeichnet Dietrich als „großen Einschnitt“. „Diese Entscheidung geht mit ganz viel Verantwortung und Belastung einher“, weiß die Pädagogin und fügt hinzu: „Der Pflegende hat meistens den Anspruch an sich, im Sinne seines Angehörigen alles richtig zu machen. Und das bringt jede Menge Druck in die Situation.“ Von anderen Betroffenen könne man beispielsweise lernen, wie man sich gut organisiert oder wo man Unterstützung bekommt.
Ein großes Thema bei Pflegenden sei auch, sich selbst im Blick zu behalten, weiß Melanie Dietrich: „Man muss gut darauf achten, wann es einem möglicherweise zu viel wird, und darf dabei seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen nicht vergessen.“ Hier sieht sie auch in der Vermittlung von Entspannungstechniken einen Ansatz für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Die Herausforderungen, vor denen Angehörige stehen, sind vielfältig und oft sehr individuell. „Zunächst einmal geht es zu Beginn meistens darum, zu lernen, die Diagnose zu akzeptieren“, erklärt die Caritas-Mitarbeiterin. Wie geht man innerhalb der Familie mit der Krankheit um? Und wann kommuniziert man sie nach außen? Hier könne man von den Erfahrungen anderer Betroffener profitieren.
Demenz: Angebot für Angehörige in Viernheim
- Der Gesprächskreis für Angehörige von an Demenz erkrankten Menschen trifft sich erstmals am Dienstag, 8. Oktober, um 13.30 Uhr.
- Veranstaltungsort ist das Pfarr- und Jugendheim an der Marienkirche, Mannheimer Straße 18, in Viernheim.
- Danach finden die Gruppentreffen immer am zweiten Dienstag im Monat statt. Weitere Termine für dieses Jahr sind der 12. November und der 10. Dezember.
- Anmeldungen und Rückfragen nimmt Melanie Dietrich per Mail an m.dietrich@caritas-bergstrasse.de oder telefonisch unter 06204/91 26 74 entgegen.
Denn zunehmend verändere der Erkrankte seine Verhaltensweisen. „Manche werden aggressiv, manche gehen eher in sich. Das hängt auch mit dem Charakter und dem Leben der erkrankten Person zusammen und lässt sich kaum voraussagen“, so Dietrich. Manchmal verändere sich der Zustand auch buchstäblich über Nacht. „Da wartet quasi jeden Morgen ein Überraschungsei“, formuliert es die Expertin.
Wenn soziale Gepflogenheiten und Regeln keine Rolle mehr spielen
Während zu Beginn der Erkrankung häufig nur die Motorik betroffen ist und Hilfe besonders bei alltäglichen Erledigungen wie Anziehen oder Essen benötigt wird, so werden die Anforderungen an die Betreuung im Verlauf komplexer. Vor allem die Tatsache, dass sich Demenz-Patienten zunehmend weniger an soziale Gepflogenheiten halten und gesellschaftlich erlernte Regeln keine Rolle mehr spielen, macht Angehörigen zu schaffen.
Mit den Fingern essen, in der Nase bohren, laut fluchen oder schreien - „Demenzerkrankte legen dieses Peinlichkeitsgefühl irgendwann ab“, weiß Melanie Dietrich. Aus Scham über dieses Verhalten ziehen sich nicht selten auch Familienmitglieder aus sozialen Kontakten und gesellschaftlichen Unternehmungen zurück. Zur emotionalen und körperlichen Belastung geraten Pflegende dann auch noch in eine Isolation.
Im Caritas-Gesprächskreis soll jeder Teilnehmende seine Situation offen und vertraulich ansprechen können. „Man wächst an jeder Situation und sieht, dass auch andere ganz ähnliche Herausforderungen irgendwie gemeistert haben. Das gibt einem dann schon Zuversicht“, so Dietrich.
Damit ausreichend Raum und Zeit für individuelle Fragen bleiben, soll die Gruppe nicht allzu groß werden. „Wir möchten aber auch niemanden abweisen und jedem Betroffenen, der zu uns kommen will, natürlich die Gelegenheit dazu geben“, weist die Gruppenleiterin darauf hin, dass eine verbindliche Anmeldung wichtig ist. Gegebenenfalls werde man darüber nachdenken, bei regem Interesse noch einen zweiten Gesprächskreis anzubieten.
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