Brüssel/Walldorf. Ein deutsches Aushängeschild im Visier Brüssels: Die EU-Kommission ermittelt gegen den Softwarekonzern SAP wegen möglicher Wettbewerbsverstöße. Der Konzern steht im Verdacht, den Wettbewerb bei Wartungs- und Supportdienstleistungen verzerrt zu haben, wie die Brüsseler Behörde mitteilte.
Konkret geht es demnach um die Frage, ob konkurrierende Unternehmen, die ebenfalls Wartungen für die Software zur Unternehmenssteuerung (ERP) des deutschen Konzerns anbieten, wettbewerbswidrig benachteiligt werden. Auch Kunden könnten dadurch finanzielle Nachteile haben, vermutet die EU-Kommission.
SAP weist Vorwürfe zurück
Europas größter Softwarehersteller mit Sitz in Walldorf in Baden-Württemberg verteidigte sich. «SAP ist der Ansicht, dass die eigenen Richtlinien und Maßnahmen vollständig mit den Wettbewerbsregeln im Einklang stehen», teilte das Unternehmen mit. «Wir nehmen die Bedenken der Kommission jedoch ernst und arbeiten eng mit ihr zusammen, um eine Lösung zu finden. Materielle Auswirkungen auf unsere Finanzergebnisse werden nicht erwartet.»
Der Konzern ist vor allem für seine Software ERP bekannt. Diese fungiert laut Unternehmensangaben «als zentrales Nervensystem eines Unternehmens», wobei Geschäftsprozesse wie Finanzen, Personal, Fertigung, Vertrieb oder Beschaffung abgebildet werden können. Um die Programme betriebsbereit zu halten, bietet SAP seinen Geschäftskunden Dienstleistungen wie etwa regelmäßige Updates und technische Unterstützung an.
Was die EU-Kommission prüft
In einer vorläufigen Bewertung des Falls legt die Kommission dar, wieso sie bei diesen Dienstleistungen Wettbewerbsverstöße vermutet. Demnach verlange der deutsche Konzern von seinen Kunden, die Software nur von SAP warten zu lassen. Zudem müssten Kunden für alle Softwarelösungen von SAP dieselbe Art von Wartungs- und Supportleistungen zu denselben Preisbedingungen wählen. Dies könne sie daran hindern, Wartungs- und Supportleistungen verschiedener Anbieter zu unterschiedlichen Preis- und Supportniveaus zu kombinieren, obwohl dies für sie günstiger wäre.
Auch wirft die EU-Kommission SAP vor, dass Kunden Wartungs- und Supportleistungen für ungenutzte Softwarelizenzen nicht kündigen können - sie also für ungewünschte Leistungen weiter zahlen müssten. Kunden, die nach einer Auszeit wieder Dienstleistungen von SAP abonnieren, müssten außerdem eine Wiederaufnahmegebühr und Nachzahlungen leisten, heißt es weiter. Die Brüsseler Behörde verdächtigt das Unternehmen daher, seine Kunden auszubeuten.
Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Teresa Ribera, sagte laut Mitteilung, man befürchte, dass SAP andere Anbieter auf dem europäischen Markt unlauter einschränke. Mit den Ermittlungen wolle die Kommission zudem sicherstellen, dass auf SAP-Software angewiesene Unternehmen die für ihr Geschäft optimalen Wartungs- und Supportleistungen frei wählen können.
Dauer der Untersuchung unklar - SAP könnten Strafen drohen
Die Kommission leite nun eine tiefgreifende Untersuchung ein, hieß es. Die Einleitung einer Untersuchung greife deren Ergebnis dabei nicht vor. Für den Abschluss dieser kartellrechtlichen Untersuchungen gibt es laut Brüsseler Behörde keine Frist. Wie lange sie dauert, hängt demnach von der Komplexität des Falls und nicht zuletzt der Mitarbeit des betroffenen Unternehmens ab.
Um die Bedenken der Wettbewerbsschützer auszuräumen, könne SAP verpflichtende Zusagen für Anpassungen vorlegen. Dann könnten die Ermittlungen auch wieder eingestellt werden. Ansonsten drohen dem deutschen Unternehmen Geldstrafen, sollten die Wettbewerbsschützer ihren Anfangsverdacht nach einer Untersuchung bestätigt sehen.
Software des Unternehmens kennen viele von der Arbeit
SAP ist Deutschlands wertvollstes Unternehmen und lag in diesem Jahr zwischenzeitlich auch auf Platz eins in Europa. Im vergangenen Jahr machte der Softwareanbieter einen Umsatz aus dem fortgeführten Geschäft von rund 34,2 Milliarden Euro.
Viele Menschen, die in deutschen Büros arbeiten, dürften in irgendeiner Form mit Produkten von SAP in Berührung kommen. Und sei es nur, um Urlaub zu beantragen oder Reisekosten abzurechnen. Zudem beschäftigt der Konzern weltweit nach eigenen Angaben über 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
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