Lage im Überblick

Luftraum gesperrt: Russland und Belarus beginnen Großmanöver

Russische Drohnen über Nato-Gebiet - und kurz darauf eine Militärübung, die böse Erinnerungen weckt. Nicht nur Polen betrachtet die zugespitzte Lage an der Ostflanke des Bündnisgebiets mit Sorge.

Von 
dpa
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Warschau/Minsk/Moskau. In unmittelbarer Nähe zu EU und Nato beginnen Russland und sein Verbündeter Belarus heute ein strategisches Großmanöver. Besonders in Polen wird die bis zum 16. September laufende Militärübung Sapad 2025 (Westen 2025) mit Besorgnis verfolgt, nachdem kürzlich mehrere russische Drohnen in den Luftraum des Landes eingedrungen und einige abgeschossen worden waren. Die Bundeswehr geht davon aus, dass an dem Manöver etwa 13.000 Soldaten in Belarus und weitere 30.000 auf russischem Gebiet beteiligt sein werden.

Gemeinsame Militärübungen der beiden Nachbarstaaten gibt es immer mal wieder. In der EU und Nato sind die Folgen der vorhergehenden Übung Sapad 2021 in schlechter Erinnerung geblieben: Diese nutzte Russland damals, um Waffen und schweres Gerät zur Vorbereitung seines Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 zu verlegen. Die Regierung in Belarus kündigte zuletzt an, den Umfang des diesjährigen Manövers zu verringern und es von der Westgrenze ins Landesinnere zu verlegen, um Spannungen mit dem Westen zu verringern.

Grenze und Luftraum gesperrt

Polen grenzt an die Ukraine und verfolgt den Krieg in seiner unmittelbaren Nachbarschaft mit großer Sorge. Mit der Verletzung des polnischen Luftraums durch russische Drohnen, die am Mittwoch während eines russischen Angriffs auf die Ukraine in den polnischen und damit in Nato-Luftraum eingedrungen waren, hat sich die Lage nochmals zugespitzt. Erstmals schossen die polnische Luftwaffe und andere Nato-Verbündete in Polen dabei russische Drohnen ab.

Polens Regierung reagierte alarmiert auf die Verletzung des Luftraums. (Archivbild) © Rafal Niedzielski

Die Regierung in Warschau ließ die Grenze zu Belarus für die Dauer des Militärmanövers dichtmachen, auch der grenznahe Luftraum ist gesperrt. Das russische Außenministerium warf dem Nachbarland deshalb «konfrontative Schritte» vor, die dazu dienten, die «weitere Eskalation der Spannungen im Zentrum Europas zu rechtfertigen».

Polen ruft UN-Sicherheitsrat an

In Polen wird das Eindringen der russischen Drohnen auf Nato-Gebiet nicht nur als Akt der militärischen Aggression, sondern vor allem als Teil von Moskaus psychologischer Kriegsführung gewertet. Die Regierung in Warschau beantragte wegen des Vorfalls eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Allerdings kann Russland dort wegen seines Veto-Rechts jegliche Entschlüsse zu seinen Lasten blockieren.

Man wolle «die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf diesen beispiellosen Angriff russischer Drohnen auf einen Mitgliedstaat nicht nur der UN, sondern auch der Europäischen Union und der Nato» lenken, sagte Polens Außenminister Radoslaw Sikorski in einem Radiointerview. Bei 19 Verletzungen des polnischen Luftraums durch Drohnen binnen sieben Stunden könne es sich nicht um einen Zufall handeln. «Dies ist ein militärischer und politischer Test nicht nur für Polen, sondern für die gesamte Nato», sagte Sikorski.

Trump: Drohnen-Aktion«könnte Fehler gewesen sein»

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bereits am Mittwoch erklärt, dass er die Verletzung des polnischen Luftraums durch russische Drohnen nicht für ein Versehen halte. Er sehe in diesen Vorfällen vielmehr «eine ganz ernsthafte Gefährdung des Friedens in ganz Europa».

US-Präsident Donald Trump hingegen entgegnete am Donnerstag (Ortszeit) auf Nachfrage eines Reporters vor dem Weißen Haus, die Verletzung des polnischen Luftraums durch russische Drohnen «könnte ein Fehler gewesen sein». Dennoch sei er «nicht glücklich» über «diese ganze Situation».

Seit seinem Amtsantritt im Januar wird Trump vorgeworfen, er zeige dem Angreifer Russland gegenüber zu viel Nachsicht und lasse sich von Kremlchef Wladimir Putin teils vorführen. Dass es sich beim Einflug der Drohnen wirklich um ein Versehen handelt, wird nach Prüfung des Vorfalls in Militärkreisen für unwahrscheinlich gehalten. Mindestens einer der Flugroboter flog nach dpa-Informationen aus Nato-Kreisen in Richtung des Verteilzentrums für die Ukraine-Militärhilfe am polnischen Flughafen Rzeszow.

Deutschland schickt weitere Kampfjets nach Polen

Als Reaktion auf die Verletzung des polnischen Luftraums verstärkt Deutschland seine Beteiligung am Schutz der Nato-Ostgrenze. Die Überwachung des Luftraums über Polen durch deutsche Kampfjets werde verlängert und ausgeweitet, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit.

Deutschland verstärkt seine Beteiligung am Schutz der Nato-Ostgrenze. (Archivbild) © Christoph Reichwein

Schon jetzt ist die Bundeswehr mit zwei in Rostock-Laage stationierten Eurofighter-Kampfjets über Polen im Einsatz. Die Anzahl der Flieger wird nach Angaben des Verteidigungsministeriums nun auf vier verdoppelt und der bisher bis Ende September geplante Einsatz zunächst bis Jahresende verlängert.

Die Bundesregierung werde auch ihre Unterstützung für die Ukraine intensivieren, sagte Kornelius, ohne Einzelheiten zu nennen. In der EU werde Deutschland auf eine schnelle Verabschiedung eines «robusten 19. Sanktionspakets» hinarbeiten, um Russland weiter unter Druck zu setzen.

Auch Frankreich will Schutz der Nato-Ostflanke verstärken

Frankreich will drei Rafale-Kampfjets als Reaktion auf das Eindringen russischer Drohnen in Polens Luftraum schicken. Sie sollten zum Schutz des polnischen Luftraums und der Ostflanke der Nato beitragen, kündigte Präsident Emmanuel Macron an. Wo genau die Jets zum Einsatz kommen sollen, teilte er nicht mit. «Wir werden uns den zunehmenden Einschüchterungsversuchen Russlands nicht beugen», betonte Macron.

© dpa-infocom, dpa:250912-930-27784/1

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