Verwaltungsgericht

Sauerstoff im Theresienkrankenhaus abgestellt: 75-Jährige wird in Türkei abgeschoben

Sie wurde wegen versuchten Totschlags verurteilt und soll nun in die Türkei ausgewiesen werden. Eine heute 75-Jährige hatte im Mannheimer Theresienkrankenhaus das Sauerstoffgerät einer Mitpatientin abgestellt.

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Till Börner
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Tatort Mannheimer Theresienkrankenhaus: Im November 2022 stellte eine damals 73-Jährige einer Mitpatientin den Sauerstoff ab - die 79-Jährige verstarb wenig später. © Christoph Blüthner

Mannheim. Die Frau, die im November 2022 im Mannheimer Theresienkrankenhaus einer Mitpatientin mehrmals das Sauerstoffgerät abgestellt hat, wird aus der Bundesrepublik ausgewiesen. Wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe mitteilt, ist die Klage der 75-jährigen Türkin gegen ihre Ausweisung abgewiesen worden.

Im September 2023 war die Frau vom Landgericht Mannheim wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Im November 2022 wurde die damals 73-Jährige wegen einer Corona-Infektion stationär auf die Isolierstation des Theresienkrankenhauses aufgenommen. Dort wurde sie gemeinsam mit einer schwer erkrankten 79-Jährigen untergebracht, die an ein Sauerstoffgerät angeschlossen war. Am Tattag zog sich die 79-Jährige wiederholt die Sauerstoffmaske vom Gesicht, weshalb jedes Mal ein lauter Alarm ausgelöst wurde.

Sauerstoffgerät im Mannheimer Theresienkrankenhaus abgestellt: Patientin starb kurze Zeit später

Weil sich die Klägerin durch die Alarmtöne gestört fühlte und nicht in ein anderes Zimmer verlegt werden konnte, entschloss sie sich, das Gerät selbst abzustellen. Das Klinikpersonal erklärte der Klägerin, dass das Sauerstoffgerät nicht ausgeschalten werden dürfe, weil die Geschädigte sonst versterben könne. Dennoch stellte die 73-Jährige ihrer Mitpatientin das Sauerstoffgerät ein zweites Mal aus. Der Gesundheitszustand der 79-Jährigen verschlechterte sich daraufhin rapide, sie musste notfallmedizinisch behandelt werden und starb wenige Tage später aufgrund Multiorganversagens. Dass das Abschalten des Sauerstoffgerätes ursächlich für den Tod der Geschädigten war, konnte das Landgericht nicht feststellen.

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Seit ihrer vorläufigen Festnahme am 30. November 2022 befindet sich die Klägerin in Haft, wo mehrere Disziplinarstrafen verhängt wurden. Mit Verfügung vom 28. August 2024 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Klägerin aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Zu Recht, wie die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe entschieden hat.

So begründet das Gericht die Ausweisung der Verurteilten

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass von dem persönlichen Verhalten der Klägerin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Die Kammer sei – insbesondere unter dem persönlichen Eindruck von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – zu der Überzeugung gelangt, dass von ihr die Gefahr der Begehung weiterer gegen Leib und Leben gerichtete Straftaten ausgehe. Laut Gericht zeuge die 75-Jährige nicht nur von einer erheblichen kriminellen Energie, sondern auch von einem in höchstem Maße unzureichenden Unrechtsbewusstsein und fehlender Empathie, die die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung an den Tag gelegt habe. Es sei nicht erkennbar, dass die seit nunmehr zweieinhalb Jahren andauernde Haft oder die familiären Bindungen der Klägerin positiv auf sie einwirkten.

Zwar komme der 75 Jahre alten Klägerin ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse zu, weil sie im Besitz einer Niederlassungserlaubnis sei und sich seit nahezu 46 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Allerdings überwiege nach den Umständen des Einzelfalls das demgegenüber zu berücksichtigende schwerwiegende Ausweisungsinteresse. Die Klägerin habe eine schwere Straftat begangen und dabei ihre eigenen Interessen rücksichtslos über die der besonders gefährdeten Geschädigten gestellt. Um eine ernsthafte Aufarbeitung der Tat habe sie sich nicht ansatzweise bemüht. Zudem scheine die Klägerin sich auch nach nahezu 46 Jahren im Bundesgebiet nicht nachhaltig integriert zu haben.

Warum eine Ausweisung in die Türkei zumutbar ist

Eine Rückkehr in die Türkei sei der Klägerin trotz ihres fortgeschrittenen Alters zuzumuten. Sie verfüge dort nicht nur über ein dichtes familiäres Auffangnetz, nachdem drei ihrer fünf Kinder in die Türkei zurückgekehrt seien, sondern nach ihren eigenen Angaben auch über eine Eigentumswohnung. Es sei der Klägerin unbenommen, zu ihren in Deutschland lebenden Angehörigen beispielsweise durch Videotelefonie Kontakt zu halten und sie als Besuch zu empfangen. Die Unfreiwilligkeit der Trennung der Klägerin von ihren in Deutschland lebenden Angehörigen sei zudem allein auf ihr Fehlverhalten zurückzuführen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen.

Redaktion Redakteur in der Onlineredaktion

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