Interview - Emilie Fleury leitet den Chœur de l’Armée Français, der im Mozartsaal ein Benefizkonzert zugunsten der Ukraine gibt

Choeur de l’Armée Française gastiert unter Leitung von Kommandantin Emilie Fleury in Mannheim

Von 
Christine Maisch-Bischof
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Klassik und Chansons erklingen, wenn der Choeur de l’Armée Française unter Leitung von Kommandantin Emilie Fleury im Rosengarten gastiert. © David Mendiboure

Mannheim. Ein klingender Strauß mitreißender Kompositionen, angestimmt von einem 26-köpfigen Ensemble exzellenter Stimmen: Der Chœur de l’Armée Français gibt am 12. Juni um 16.30 Uhr im Rosengarten unter der Leitung von Emilie Fleury ein „Konzert für den Frieden“. Es ist der erste Auftritt des Chors im wiedervereinten Deutschland. Im Interview spricht die 43-jährige Französin über die Symbolkraft, die dieses Gastspiel für sie hat, über die Bedeutung von Musik in ihrem Leben und in ihrer Familie, über die militärische Komponente als Berufsmusikerin in der Armee und ihre Nervosität vor einem Auftritt.

„Es ist ein Zeichen des Friedens mit doppelter Bedeutung“: Kommandantin Emilie Fleury über die Symbolkraft des Mottos „Konzert für den Frieden“. © David Mendiboure

Madame Fleury, was bedeutet es Ihnen, für dieses Friedenskonzert nach Deutschland zu kommen?

Emilie Fleury: Wir fühlen uns sehr geehrt, dass wir eingeladen wurden. Es ist ein Zeichen des Friedens, mit einer doppelten Bedeutung – dem Frieden, der zwischen Frankreich und Deutschland seit 70 Jahren besteht, und dem, den wir uns heute in Europa vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine wünschen.

Kennen Sie Deutschland und die Deutschen ein bisschen?

Fleury: Ja, ich komme aus Besançon, das nicht sehr weit von der Grenze entfernt ist, und unsere Stadt hat eine Städtepartnerschaft mit Freiburg. Ich habe damals schon in einem Vokalensemble gesungen und wir haben einen Austausch mit dem Chor aus dem Breisgau gemacht.

Apropos Kindheit, welche Rolle hat die Musik in Ihrer Familie gespielt?

Fleury: Meine Eltern sind sehr musikbegeistert, hatten aber als Kinder keine Möglichkeit, ein Instrument zu spielen. Sie haben es sich später selbst beigebracht. Mein Vater das Geigenspiel und meine Mutter hat gesungen. Zu Hause waren wir vier Kinder, und alle konnten Musik machen. Das war eine Chance, die unsere Eltern nicht gehabt hatten und die sie uns ermöglichen wollten.

Letztendlich hat ihre musikalische Ausbildung in einer besonderen Liebe zur Chorleitung gemündet.

Fleury: Könnte man so sagen. Als ich mit dem Musizieren anfing, war ich sechs Jahre alt. Ich wollte eigentlich Klavier spielen, aber letztendlich wurde es dann doch die Geige. Am Anfang hatte ich nicht so viel Lust dazu, aber dann hat es mir sehr gefallen, vor allem die Arbeit im Orchester. Parallel dazu habe ich immer in Chören gesungen, und als ich 18 Jahre alt war, wurde am Konservatorium von Besançon eine Klasse für Chorleitung eingerichtet. Ich meldete mich sofort an. Und es war eine Offenbarung. Ich wusste einfach, dass es genau das ist, was ich machen will.

Der Staatschor und seine Leiterin

  • Emilie Fleury wurde 1979 in Besançon im Osten Frankreichs geboren. 2008 übernahm sie die Aufgabe der stellvertretenden Leiterin des Chors der französischen Armee. Zudem ist sie seit 2004 Leiterin der Maîtrise der Oper von Lyon sowie des Kinder-und-junge Erwachsene-Ensembles der Maîtrise de Notre Dame in Paris. Die Musikerin ist diplomiert in Komposition, Violine und Chorleitung.
  • Gemeinsam mit dem Centre Mondial de la Paix (Weltfriedenszentrum in Verdun), dem Institut Français Mannheim und dem Honorarkonsulat Frankreichs in Mannheim lädt der Salon Diplomatique am Sonntag 12. Juni, um 16.30 Uhr, im Mozartsaal des Rosengartens zu einem Benefizkonzert des Chœur de l’Armée Française ein.
  • Der Besuch des Staatschors der französischen Republik in Deutschland soll ein Zeichen für die deutsch-französische Freundschaft sowie für den Frieden in Europa setzen. Unter der Leitung von Emilie Fleury präsentiert der Chor sein Repertoire aus Chansons und klassischen Opern. Der Eintritt zum Benefiz-Chorkonzert ist frei. Es wird um Spenden für die Ukraine gebeten. Karten können kostenlos unter www.xing-events.com/SSEGMGB bestellt werden.

Lieber, als ein Orchester zu dirigieren?

Fleury: Der Vorteil bei der Leitung eines Chores ist der Text. Der Dirigent hat viele Instrumente zu dirigieren, aber er muss keine Liedzeilen interpretieren. Die Worte haben eine besondere Bedeutung, und es ist die Aufgabe des Chors, diese zu vermitteln. Das ist etwas, das mich sehr begeistert.

Und wie kommt eine junge Musikerin zur Armee?

Fleury: Als der Chor der französischen Armee Anfang der 80er Jahre gegründet wurde, war er ein Chor der Einberufenen. Das bedeutete, dass es Soldaten waren, die man rief. Später wurden professionelle Chorleiter herangezogen, die eine Militär-Schnellausbildung erhalten, also zum Beispiel, wie man grüßt, wie es sich mit den Dienstgraden verhält und so weiter. Nachdem ich als junge Studentin ein Auswahlverfahren bestanden hatte, habe ich diese Ausbildung auch durchlaufen.

Und haben es bis zur Kommandantin geschafft?

Fleury: Ja, das klingt vielleicht komisch, aber es ist die Funktion, die den Rang ausmacht. Die Sänger haben den Status von Militär.

Es ist sicherlich ein Klischee, aber ist es nicht manchmal schwierig, als Frau 30 oder 40 Männer zu
dirigieren?

Fleury: Das ist in der Tat eine Frage, die mich oft ärgert. Denn wenn ein Mann 40 Frauen führen würde, würde man ihm diese Frage nicht stellen. Im Chor der französischen Armee gibt es kein bestimmtes Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Es handelt sich eher um Beziehungen zwischen Musikern. Wir haben auch keine echten Hierarchien, abgesehen von unserem Rang.

Warum gibt es eigentlich keine Frauen im Chor?

Fleury: Der Chœur de l’Armée française ist der einzige institutionelle Männerchor in Frankreich und kann somit ganz spezielle, eigens für männlich Stimmen konzipierte Kompositionen weiterleben lassen. Dieses Repertoire hat übrigens keine französische, sondern eher eine nordische Tradition. Es wäre sehr schade, wenn sie verlorengehen würde.

Apropos Repertoire, nach welchen Kriterien haben Sie das Programm für das Deutschland-Debüt inMannheim ausgewählt?

Fleury: Wir haben als Zeichen der Freundschaft natürlich unter anderen auch deutsche Komponisten ausgewählt. Ich mag Mendelsohn sehr, da er die Wiederentdeckung Bachs ermöglicht hat. Das Stück von Brahms, das für einen Männerchor bearbeitet wurde, hat einen sehr schönen Text mit einer tröstlichen Botschaft. Das Thema Frieden ist mit Fidelio und dem Gefangenenchor präsent. Wir haben aber auch ganz bewusst weniger bekannte Stücke ausgewählt, um sie bekannt zu machen. So wie dieses Werk von Britten, der einer meiner Lieblingskomponisten ist. Er hat nur ein einziges Stück für einen Männerchor geschrieben, und das führen wir auf.

Sind Sie bereits etwas nervös?

Fleury: Ich habe immer Lampenfieber, das ist für mich guter Stress. Wenn man keines hat, dann ist etwas nicht in Ordnung. Es gibt ja auch dieses Sprichwort, dass man an dem Tag, an dem man kein Lampenfieber mehr hat, am besten alles hinterfragen sollte. Nervös zu sein, ist ganz normal. Aber für mich ist vor allem wichtig, dass wir unser Bestes geben und die Zuschauer mit schönen Erinnerungen nach Hause gehen.

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