Zum Thema Lehrer

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Ein Werbeplakat für den Beruf der Lehrerin hängt am Flughafen in Stuttgart. © Christoph Schmidt/dpa

Zu den Artikeln „Keinen Bock auf Arbeit?“ vom 3. August und „Sind Lehrerinnen und Lehrer faul, Herr Rackles?“ vom 29. Juli:

Der Artikel von Herrn Rackles hat mir gefallen. Endlich mal eine realistische Darstellung und Einschätzung der Arbeitsbelastung von Lehrkräften. Ich bedaure die oft negative Einstellung zu dem Beruf der Lehrerinnen und Lehrer in der Bevölkerung. Leider wird diese Einstellung von unserer Landesregierung noch gefördert. Plakat am Stuttgarter Flughafen: „Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? HURRAAA! Mach was Dir Spaß macht und werde Lehrer*in. (Part of the Länd)“ Das ist unverschämt und eine Beleidigung für jede Lehrkraft im Länd! Es ist schlicht und ergreifend zum K ... Die Initiatoren sollten wegen Beleidigung belangt werden. Ich bin im Übrigen keine Lehrerin.

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Frisch gelandet, mächtig viel Faulheit im Gepäck, null Bock auf nichts, schon gar nicht auf Arbeit! Beste Voraussetzung für eine Bewerbung als Lehrer! Und die Macher des Plakats schaffen es, in acht Wörtern („Mach was dir Spaß macht und werde Lehrer*IN“) gleich zwei Kommafehler (!) einzubauen, „was dir Spaß macht“ ist ein eingeschobener Nebensatz. Keine Ahnung von Kommasetzung, aber politisch korrekt, beste Voraussetzung für eine Karriere am Kultusministerium! Wie kann man von dort etwas anderes als dieses Plakat erwarten? Hey, tickt ihr noch richtig?

Gefühlt: Hass und Hetze im Netz, da regt ihr euch auf wie blöd, aber populistisch Hass und Hetze auf Plakaten am Stuttgarter Flughafen – geschenkt, ist ja nicht im Netz und gilt zweitens nur Lehrern: wertlos, unfähig und zu blöd zu allem! Und die Logik des Kultusministeriums: Was regt ihr euch auf? Wir schreiben doch nur, was alle denken, was alle wissen, was alle von euch halten. „Gestrandet auf dem Flughafen, kein Bock auf Arbeit, drei Monate Ferien, neun Monate Halbtagsjob, ganz viel Spaß und gut bezahlt“ – die neue Stellenbeschreibung des Lehrerberufs fürs nächste Werbeplakat!

Ihr Ministeriums-Menschen auf euren gepolsterten Bürostühlen, vor großen Schreibtischen, in ruhigen Büros, was wisst ihr von uns? Da rotzen uns manche Eltern ihre Kinder vor den Latz, dass es nur so kracht: gestört, stinkfaul, frech, und was wird „gedönt“ am Elternsprechtag: Nicht mal mit 30 Schülern werden die fertig! Unfähiges Lehrerpack! Nochmals, Ministeriums-Menschen, was wisst ihr von uns? Was wisst ihr von unserem Alltag? Wir – die Rechtlosen, Wertlosen, Würdelosen – grüßen euch! In den Schul-Arenen werden wir von Schülern, Eltern, Schulleitungen, Ministerialbeamten und leider oft auch von den eigenen Kollegen gehetzt, gejagt, zur Strecke gebracht. Und was winkt den Überlebenden?

Ich habe überlebt, ich bin regulär in Pension, ich kann zurückblicken, ich weiß, wovon ich schreibe. Mich empört das Plakat – meinen Lehreralltag vor Augen! Ich kam teilweise auf 70 Stunden pro Woche. Die Schülerzeitung forderte 15 Stunden, bleiben immer noch 55 Stunden. Am Nachmittag habe ich meine Stunden vorbereitet, am Wochenende Klassenarbeiten entworfen und schnelle Korrekturen erledigt, in den Ferien Deutsch-Klassenarbeiten und -Hausarbeiten korrigiert, in den Weihnachtsferien waren dies um die hundert Stunden – bis ich von den Korrekturzeichen eine Sehnenscheidenentzündung bekam, in den großen Ferien hängte ich mich mit der Abi-Pflichtlektüre und der Jahresplanung rein, um am ersten Schultag im September mit allem parat zu sein. In den Unterrichtsstunden gab ich alles, aber hatte Freude in konzentrierter Stille zu interpretieren, zu reflektieren, durch Schülerfragen nachzudenken, von Schülern viel über deren Leben, Alltag und Sorgen zu erfahren – und oft erschöpft, aber bereichert, das Klassenzimmer zu verlassen.

Ich liebte meinen Beruf, am Ende immer weniger, aber ich hielt durch, ich bin zäh, ich habe überlebt! Und, Eltern, ich frage euch: Wollt ihr die Flughafen-Gestrandeten mit Faulheits-Gepäck, die man mit Spaß-Versprechungen köderte, wie man mit Bananen Affen aus dem Urwald lockt, wollt ihr die für eure Kinder? Faule Säcke aller Länder – werdet Lehrer in Baden-Württemberg! Arme Schüler!

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