Mehr Offenheit für Alternativen

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Zum Thema G8/G9:

Es ist erschreckend, wie unflexibel und starr die Debatte um G8/G9 seit Jahren läuft. Kommt denn niemand auf die Idee, mal zwischen die beiden Alternativen zu schauen? Und warum melden die Schüler*innen sich nicht mit ihren Bedürfnissen? Ich bin der Ansicht, dass es gar nicht so schwierig ist, dieses Problem zu lösen. Ich kenne die Situation, weil ich jahrelang als Oberstufenleiter und später als Schulleiter gearbeitet habe. Daher weiß ich genau, dass es Schüler*innen gibt, die leicht lernen, sehr zielstrebig und leistungsorientiert sind und deshalb die Oberstufe gerne in zwei Jahren absolvieren.

Aber ich weiß auch genau, dass es Schüler*innen gibt, die neben den schulischen Leistungen auch noch andere Interessen haben und ihre Zeit nicht nur zum Lernen, sondern für Vereine, Kultur, Sport, soziales Engagement und so weiter verwenden wollen. Die hätten gerne mehr Zeit für die Oberstufe und wären mit drei Jahren durchaus zufrieden. Und ich weiß auch, dass es Schüler*innen gibt, die sich mit dem Lernen schwertun, die insgesamt mehr Zeit brauchen oder die in ihrer Freizeit ihre Familien unterstützen müssen, indem sie zum Beispiel am Wochenende arbeiten gehen.

Zeitliche Flexibilität

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Für manche dieser Schüler*innen wäre es super, wenn sie sich vier Jahre Zeit nehmen könnten, um das Abitur zu erreichen. Weshalb also konstruiert man die gymnasiale Oberstufe nicht so, dass Schüler*innen das Abitur nach zwei Jahren, drei Jahren oder sogar vier Jahren erreichen können. Was organisatorisch in den Universitäten möglich ist, nämlich eine zeitliche Flexibilität für das Erreichen bestimmter Ziele, könnte auch in der Organisation der Oberstufe möglich gemacht werden. Eine bestimmte Anzahl von verpflichtenden Kursen (je nach fachlichen Schwerpunkten natürlich in unterschiedlichen Kombinationen) müssen mit einem bestimmten Notenspiegel und einem bestimmten Notendurchschnitt erreicht werden, um sich zum Abi anmelden zu können. Dies kann nach zwei Jahren, nach drei Jahren oder auch nach vier Jahren geschehen.

Scheinbehauptung

Auf diesem Grundgerüst aufbauend, könnten dann die organisatorischen Details geschaffen werden. Die Behauptung, das ginge nicht, ist eine Scheinbehauptung derjenigen, die die Oberstufe organisieren müssen und die oft gerne am gewohnten Prozedere festhalten wollen. Aber das ist ein Argument für die betroffenen Lehrkräfte, kein Argument im Sinne der Schüler*innen. Ich wünsche mir sehr, dass die Betroffenen die Diskussion in Zukunft mit mehr Offenheit für andere Alternativen gestalten und Modelle vorschlagen, die über die zwei Möglichkeiten G8 oder G9 hinaus gehen.