Ljubljana. Als sich zum Ende des dritten Satzes auch die letzte Hoffnung auflöste, ließ Tobias Krick seiner Verzweiflung Luft. Der baumlange Mittelblocker, der sein Geld in der italienischen Profiliga bei Modena Volley verdient, schlug nach einer misslungenen Abwehraktion mit seinen Händen immer wieder brachial auf den Hallenboden ein. Der Frust musste raus, es lief so wenig zusammen und diese Niederlage würde drastisch ausfallen.
Am Ende stand gegen die Gastgeber der Weltmeisterschaft ein deutliches 0:3 zu Buche. In Sportlerkreisen spricht man bei einem solchen Spielverlauf gern von einer Klatsche. Nun kann man gegen den EM-Zweiten Slowenien, der vor 12 000 tobenden Zuschauern in heimischer Halle in Ljubljana auftritt, als seien ihm Flügel gewachsen, durchaus mal eine Niederlage einstecken. Doch die Art und Weise des Untergangs entsprach ganz und gar nicht dem, was Deutschlands Volleyballer für sich proklamieren.
Dabei hatte Mannschaftskapitän Lukas Kampa vor dem letzten Gruppenspiel noch selbstbewusst verkündet, Ziel sei es, den zu erwartenden Hexenkessel zum Schweigen zu bringen. Dieses Vorhaben wurde meilenweit verfehlt. Während die Fans einen solch ohrenbetäubenden Lärm verbreiteten, dass sich die Trainer bei ihren Spielern kaum Gehör verschaffen konnten, sackten die deutschen Hünen immer weiter in sich zusammen. „Diese Kulisse hilft uns unheimlich“, sagte Sloweniens Angreifer Jan Kozamernik nach dem Matchball. Im Vergleich dazu wirkten die Deutschen schwer beeindruckt, ja geradezu eingeschüchtert.
Ein Umstand, der Kampa ratlos zurückließ. Man müsse sich ernsthaft hinterfragen, „warum wir es nicht schaffen, in Drucksituationen unsere Leistung abzurufen“, konstatierte der Spielmacher: „Das haben wir schon gegen Frankreich gesehen und auch heute konnten wir unser Spiel nicht aufs Feld bringen.“ Was auch an fehlender Abgebrühtheit liege: „Wir sind halt nicht diese abgezockten Hunde, die du in anderen Mannschaften findest.“
Auch Christian Dünnes, Sportdirektor beim Deutschen Volleyball-Verband, hat in den bisherigen Begegnungen kein Qualitäts-, sondern eher ein Mentalitätsproblem festgestellt: „Wir brauchen Spieler, die auch in schwierigen Situationen vorneweg gehen.“
Fragwürdiger Modus
Kampa hoffe, „dass wir die Chance bekommen, hier noch ein bisschen weiterzumachen“, sagte er unter dem Eindruck der Niederlage gegen Slowenien: „Wenn nicht, haben wir es auch nicht verdient.“ Das schlimmste Szenario ist den Deutschen erspart geblieben, weil die Konkurrenz in den übrigen Gruppen die passenden Resultate lieferte und das deutsche Team noch so gerade ins Achtelfinale rutschte. Nun geht es also weiter, wobei die Aufgabe nicht leichter wird. Denn am Samstag (17.30 Uhr) geht es kurioserweise erneut gegen Slowenien – und eine ohrenbetäubende Halle.
Ein fragwürdiger Modus macht das möglich. Es wartet also der nächste Hexenkessel und erneut die Gefahr, einzuknicken. Aber eben auch die Chance, es im zweiten Anlauf besser zu machen. Zumindest sieht das Sportdirektor Dünnes so. Die Kulisse sei zwar „extrem beeindruckend“, sagt der ehemalige Nationalspieler, „aber ein zweites Mal dürfen wir uns davon in dieser Form nicht beeindrucken lassen.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport_artikel,-sport-zweite-chance-im-hexenkessel-_arid,1991027.html