Faustball

WM in Mannheim: Die lange Entwicklung des Faustball-Sports

Am Samstag beginnt die Faustball-WM in Mannheim. Doch der Sport, bei dem gerade von deutscher Seite aus Weltklasse geboten wird, kämpft trotzt einer langen Tradition um die Gunst der Öffentlichkeit. Ein Überblick

Von 
Philipp Koehl
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Der beste Angreifer der Welt, Patrick Thomas, schlägt den Ball mit mehr als 100 km/h ins gegnerische Feld. © faustball.de

Mannheim. Der deutsche Faustballsport verbringt ein Leben im Schatten der öffentlichen Wahrnehmung. Dabei ist das Rückschlagspiel nicht nur die erfolgreichste Mannschaftssportart Deutschlands, sondern die Männer-Nationalmannschaft als zwölffacher Weltmeister aktuell auch das Maß aller Dinge.

Wenn die WM am Samstag (13.45 Uhr) im Mannheimer Rhein-Neckar-Stadion offiziell eröffnet wird, finden die Welttitelkämpfe zum vierten Mal auf deutschem Boden statt. Die Wurzeln des Sports liegen aber schon mehr als 2000 Jahre zurück.

Faustball galt als Turnersport

Bereits gut drei Jahrhunderte vor Christus sollen Menschen im Süden Europas mit einer Lederkugel gespielt haben, die man nur mit dem Arm oder der Faust treffen durfte. Im 16. Jahrhundert soll der italienischen Volkssport „Gioco del Pallone“ - zu deutsch Ballonspiel - dem heutigen Faustball am nächsten gekommen sein.

Belgien ersetzt Indien

  • Das indische Nationalteam verpasst wegen Visa-Problemen die Faustball-Weltmeisterschaft vom 22. bis 29. Juli in Mannheim. Das teilte das WM-Organisationskomitee nun per Pressemitteilung mit.
  • So soll das deutsche Generalkonsulat in Mumbai der Mannschaft die Visa für die Teilnahme verweigert haben. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die Spieler nicht den erforderlichen Nachweis erbracht hätten, ausreichende Mittel für die Dauer des geplanten Aufenthaltes oder für die Rückkehr zu haben.
  • Als erster Nachrücker nimmt nun Belgien an den Titelkämpfen teil. pk

Damals diente es den Adligen und Edelleuten allerdings eher als Zeitvertreib, der Wettkampfcharakter fehlte noch. In Deutschland wurde der Faustballsport erst im 19. Jahrhundert relevant. Er galt als Turnersport und wurde 1885 erstmals bei einem Deutschen Turnfest in Dresden vorgeführt.

Regeländerung bringt Dynamik

Die Regeln, die 1894 von den Deutschen Georg Weber und Heinrich Schnell verfasst wurden, hatten jedoch nur wenig mit dem heute bekannten Faustball zu tun. Damals musste der Ball so über die Leine gespielt werden, dass der Gegner ihn erreichen und zurückspielen konnte.

Es wurden also möglichst hohe Bälle gespielt, da die Anzahl der geglückten Leinenüberquerungen gezählt wurde und die Mannschaft mit den meisten gültigen Überschlägen gewann. Erst seit 1922 werden nicht mehr die gültigen Überschläge, sondern die von einer Mannschaft gemachten Fehler gezählt.

Faustball-Regeln

  • Der Ball darf vor jeder Berührung durch einen Spieler einmal auf dem Boden aufspringen – jedoch nur innerhalb des Spielfeldes.
  • Pro Spielzug darf er von drei unterschiedlichen Spielern berührt werden, muss aber spätestens durch den dritten Spieler über das Band zurückgespielt werden.
  • Ein Satz geht bis elf, maximal bis 15 Punkte. Bei der WM werden zunächst Drei-, beim Finale und dem Spiel um Platz drei Vier-Gewinnsätze ausgespielt. pk

 

Das verhalf dem Sport zu deutlich mehr Dynamik. Wenn sich heute, hauptsächlich in Europa, vereinzelt aber auch in Südamerika, Afrika und Asien, zwei Mannschaften zu je fünf Spielern - zwei Abwehrspieler, ein Zuspieler, ein Haupt- sowie ein sogenannter zweiter Angreifer - auf zwei Halbfeldern gegenüberstehen, geht es darum, den Ball präzise über das fünf Zentimeter breite, netzartige, rot-weiße Band zu schlagen, dessen Oberkante bei den Männern auf der Höhe von 2 Metern, bei den Frauen von 1,90 Meter hängt.

Nicht selten werden die Bälle dabei - je nach Taktik - mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 120 km/h ins gegnerische Feld geschlagen.

Patrick Thomas aus Pfungstadt gilt als bester Spieler der Welt

Einer, der sowohl diese Geschwindigkeiten als auch eine ausgeprägte Variation an Schlägen beherrscht, ist der deutsche Angreifer Patrick Thomas. Der 1,95 Meter große Modellathlet vom Serienmeister TSV Pfungstadt gilt aktuell als bester Spieler der Welt und lässt entsprechend keine Zweifel aufkommen, dass die anderen Nationen bei der WM in Mannheim an ihm und seinen nicht minder begabten Teamkameraden vorbeikommen müssen, wenn sie sich den Titel schnappen wollen: „Wir sind der Favorit“, betont der 31-Jährige jüngst.

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Und der 13. Titel bei der 16. WM (bei den Männern seit 1968 fast durchgehend im Vier-Jahres-Rhythmus) erscheint alles andere als unwahrscheinlich. Immerhin gingen die vergangenen drei Weltmeisterschaften an das deutsche Männerteam.

Wer die größten Konkurrenten der Deutschen sind

Zudem ist ausreichend Motivation vorhanden: Denn es gibt in puncto Heim-WM noch eine Rechnung zu begleichen. Während man 1972 in Schweinfurt und 1982 in Hannover den Titel holen konnte, wurde das deutsche Team bei der bis dato letzten Heim-WM 2007 in Oldenburg nur Dritter.

Es war gleichzeitig auch die bisher letzte von drei titellosen Weltmeisterschaften (1999 und 2003 verlor Deutschland das Finale jeweils gegen Brasilien).

Die Brasilianer und die Österreicher gelten auch jetzt als die größten Widersacher der deutschen Auswahl. Wenn Deutschland ab Samstag mit dem ersten Gruppenspiel im Rhein-Neckar-Stadion gegen Namibia und - bei erwartungsgemäßen Turnierverlauf - ab dem 28. Juli in den Finalspielen in der SAP Arena dem nächsten Titel hinterherjagt, erhofft sich die Faustballgemeinde vor allem mehr öffentliches Interesse für den nach wie vor nicht-olympischen Sport.

„Wenn nicht jetzt, wann dann“, sagt der deutsche Präsident des Internationalen Faustball-Bundes, Jörn Verleger, und hofft dabei auf etwas Licht nach den vielen Jahren im Schatten.

Redaktion Sportredakteur, Schwerpunkt Adler Mannheim

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