Fußball

Wie ein slowenischer Schuss ins Glück ein Märchen verhinderte

1100 Tage nach seinem Herzstillstand bei der EM 2021 stand der Däne Christian Eriksen nun wieder bei einer Europameisterschaft auf dem Feld. In Stuttgart erzielte er gegen Slowenien gar das 1:0, doch dann ließ sein Team nach.

Von 
Andreas Öhlschläger
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Sloweniens Erik Janza jubelt über seinen sehenswerten Ausgleichstreffer gegen die dänische Nationalmannschaft beim EM-Auftakt seines Teams. © Bernd Weißbrod/dpa

Stuttgart. Eigentlich hat es Erik Janza nicht wirklich gut gemacht. „Ich habe die Augen zugemacht.“ Da könnte ein Torschuss auch weit vorbei gehen. So war es aber nicht. Der Ball, „mit voller Wucht geschossen“, landete zum 1:1-Ausgleich im Kasten der Dänen. „Glück für mich“, freute sich der Verteidiger, bei dem das Toreschießen nicht zu den allergrößten Talenten zählt, wie seine Statistiken zeigen. Man könnte es sogar deutlich zugespitzt formulieren: Treffer sind in Janzas Karriere eine echte Seltenheit.

Aber nun stand der 30-jährige Slowene im Stuttgarter Stadion da und durfte von seinem offensiven Erfolgserlebnis in der 77. Minute erzählen, das den Favoriten aus Dänemark zwei wertvolle EM-Punkte kostete. Janzas Blindschuss wurde von Morten Hjulmand noch abgefälscht. Mist – für Dänen.

Slowenien zum Schluss besser, Dänemark gibt Spiel aus der Hand

Aber für den neutralen Beobachter war das schon okay, denn eine Minute zuvor hatte Bundesliga-Torjäger Benjamin Sesko von RB Leipzig mit einem Knaller an den Pfosten Pech gehabt. Die Slowenen wurden zum Schluss hin besser. Dänemark gab das Spiel aus der Hand, das sich nach dem 1:0 durch Mittelfeldroutinier Christian Eriksen (17.) Richtung Sieg zu entwickeln schien.

Man habe in der zweiten Halbzeit „die Nervosität aus der Kleidung geschüttelt“, sagte Sloweniens Trainer Matjaz Kek. „Als den Jungs klar geworden ist, dass sie sich Chancen erspielen können, hat sich das Spiel verändert.“ Das 1:1 in Stuttgart war ein Achtungserfolg. Und ein Ärgernis für die Dänen, deren Fans im Stadion und in der Stadt klar in der Überzahl waren. Auch sie hatten mit ihrer Stimmungsmache dafür gesorgt, dass die Slowenen in der ersten Halbzeit die schlechtere Mannschaft waren. Das änderte sich, als die dänische Nationalmannschaft nachließ. Kek zog nach dem ersten Gruppenspiel eine zufriedene Bilanz: „Slowenien hat in Europa Eindruck hinterlassen.“

Sein Trainerkollege Kasper Hjulmand beklagte hingegen, dass in seinem Team „die Energie nachgelassen“ habe. „Wir haben die Intensität verloren.“ Und so verspielten die Dänen zwei Punkte, die fehlen könnten, wenn die Schlussabrechnung für das Weiterkommen gemacht wird.

Eriksen war der beste Däne, doch zum Sieg reicht das nicht

Es wurde dann doch nicht die märchenhafte Christian-Eriksen-Heldengeschichte, nach der es lange Zeit ausgesehen hatte. „Es wäre eine andere Geschichte, wenn wir die drei Punkte geholt hätten“, sagte der 32-Jährige. 1100 Tage zuvor war er im EM-Spiel gegen Finnland wegen eines Herzstillstands zusammengebrochen. Eriksen überlebte. Eriksen spielt wieder Fußball. Eriksen war mit seinem Spielverständnis und seinem Gespür für brenzlige Situationen der herausragende Mann auf dem Rasen, aber nicht der Matchwinner. Er sprach hinterher von einem „kleinen Rückschlag“.

Der Beste seiner Mannschaft hätte zum strahlenden Helden und Triumphator über die Kritiker werden können, die ihn schon auf dem absteigenden Ast sahen. Hjulmand ist das Motzen der Experten sowieso egal. „Ich kenne die Kritik, aber ich hatte nie Zweifel an ihm“, sagte der Trainer. Alles strahlend, alles golden – wäre da bloß nicht der slowenische Schuss ins Glück gewesen.

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